Oberhausen. Entwickelt sich Oberhausen zur Servicewüste? Wer im Notfall nach Ladenschluss ein Medikament benötigt, muss schlimmstenfalls sogar bis Essen fahren.
Immer mehr Apotheken schließen. Ganz im Norden von Oberhausen gibt es inzwischen sogar keine einzige mehr. Die Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger sind deutlich spürbar. Während früher zwei Apotheken in der Stadt für den Notdienst nach Ladenschluss, an den Wochenenden und Feiertagen zuständig waren, ist es aktuell oft nur noch eine. Damit werden die Wege immer weiter. Für Familien mit krankem Kind oder alte Menschen wird die Notfall-Versorgung mit Medikamenten zum Drahtseilakt - zumal, wenn sie auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind.
Der Andrang im Notdienst sei enorm, bestätigt Nina König. „Das ist alleine kaum noch zu schaffen.“ Die 41-Jährige hat die St. Antonius Apotheke in der City von ihrem Vater übernommen und kämpft mit zunehmend schwierigeren Rahmenbedingungen. Sie erläutert: „Auch im Notdienst sind ja nicht immer alle benötigten Medikamente vorrätig.“ Oft genug habe sie Patientinnen und Patienten schon raten müssen, es woanders zu versuchen. „Und da in ganz Oberhausen dann meist nur eine Apotheke geöffnet ist, bedeutet das, dass die Betroffenen sogar bis nach Essen, Duisburg, Mülheim oder Bottrop fahren müssen.“
Immer mehr Apotheken in Oberhausen schließen
Jens Krömer, Sprecher der für Oberhausen zuständigen Apothekerkammer Nordrhein, räumt ein: „Es gibt in Oberhausen - genauso wie im gesamten Kammerbezirk - einfach immer weniger Apotheken, auf die wir diese Notdienste verteilen könnten“. Vor zehn Jahren waren in Oberhausen noch 48 Apotheken aktiv. Ende 2023 waren es nur noch 41. Das entspricht einem Rückgang um rund 15 Prozent. „Für die verbliebenen müssen wir schauen, dass die Arbeitsbelastung nicht zu hoch wird.“
Die Zahl der Apotheken sinkt nach Angaben der Apothekerkammer Nordrhein seit 25 Jahren. Ende 2024 gab es erstmals weniger als 2000 öffentliche Apotheken im Bezirk Nordrhein, also in den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf. 2024 haben in der Region Nordrhein 66 Apotheken für immer geschlossen. Demgegenüber stehen lediglich fünf Neueröffnungen, es gibt also insgesamt 61 Apotheken weniger in Nordrhein als vor einem Jahr.
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Nach der Apothekenbetriebsordnung müssen Apotheken eigentlich immer dienstbereit sein. Allerdings kann die zuständige Behörde Ausnahmeregelungen erteilen und macht dies auch. So entstand die inzwischen zur Normalität gewordene Notdienst-Regelung. Welche Apotheke wann Bereitschaft hat und wie viele es vor Ort sein müssen, bestimmt die zuständige Apothekerkammer. Entscheidend seien Entfernung und Bevölkerungsdichte, aber eben auch die Anzahl der noch vorhandenen Apotheken. „Beschwerden von Patientinnen und Patienten liegen uns aus Oberhausen aber bislang nicht vor“, versichert Krömer.
Wer nachts oder an Feiertagen in die Apotheke kommt, muss pro Einkauf 2,50 Euro als Notdienstgebühr zusätzlich an die Apotheke zahlen. Allerdings gilt auch: Kreuzt der Arzt auf einem Rezept „noctu“ an, muss die Krankenkasse diesen Betrag übernehmen. Denn dann hat der behandelnde Arzt entschieden, dass es sich um einen echten Notfall handelt. Rund 50 Prozent aller Patientinnen und Patienten, die den Notdienst aufsuchen, haben aber überhaupt kein Rezept.
„Manchmal werden einfach auch mal rasch Mittel etwa zur Linderung von Erkältungssymptomen oder bei Durchfall benötigt“, sagt Nina König. Die Oberhausener Apothekerin würde sich wünschen, dass sich die Rahmenbedingungen für ihren Berufsstand verbessern. Deutlichen Handlungsbedarf sieht sie bei der Vergütung, „die seit zehn Jahren nicht erhöht worden ist“. Sie meint: „Würde das endlich angepasst, gebe es sicherlich auch wieder mehr junge Leute, die sich für diesen Beruf entscheiden würden.“