Oberhausen. Bei den Blue Tigers aus Oberhausen spielen Basketballer mit geistigem Handicap. Der Sport gibt ihnen Kraft für den herausfordernden Alltag.
- Oberhausen hat ein Basketball-Team für Spieler mit geistiger Beeinträchtigung: die Blue Tigers
- Der Sport und das Mannschafts-Gefühl geben den Spielern Rückendeckung für den Alltag
- Die Mannschaft feiert Erfolge und trainiert aktuell für die Special Olympics
Schon in der Umkleidekabine ist das Quietschen der Sportschuhe auf dem Hallenboden zu hören. „Block, Block“, ruft jemand mit kräftiger Stimme, gefolgt von einem kurzen, aber lauten Pfiff aus der Trillerpfeife. „In zwei Reihen aufstellen, Doppelpass und Korbleger.“ Und wieder ein Pfiff. Es könnte ein x-beliebiges Basketball-Training sein, das an diesem Abend in der Sporthalle am Förderturm in Lirich stattfindet. Doch es ist das Training einer ganz besonderen Mannschaft.
Die „Blue Tigers Oberhausen“ ist das einzige Basketball-Team in Oberhausen für Menschen mit geistiger Einschränkung. Von Lernbeeinträchtigung bis zur schweren geistigen Behinderung: Aufgeteilt in A-Mannschaft und B-Mannschaft findet hier jeder seinen Platz, unabhängig von Alter, Geschlecht und Grad des Handicaps. Und das seit 20 Jahren.
Vor allem die A-Mannschaft der Blue Tigers ist dabei längst auch über die Stadtgrenzen Oberhausens hinaus bekannt. Seit ihrer ersten Turnier-Teilnahme im Jahr 2011 haben sie etliche Erfolge gefeiert: Fünf Mal hintereinander holten die Tiger den Norddeutschen Basketball Handi-Cup, bei den Deutschlandspielen der Special Olympics wurden sie erst Vizemeister, im Jahr darauf holten sie Gold.
Tigers-Spieler trainierte mit Dirk Nowitzki und Stephen Curry
Vor einigen Jahren wurden für die Special Olympics, den Olympischen Spielen für Menschen mit geistiger Behinderung, die zwölf besten Basketball-Spieler der Welt gesucht. Mit dabei: Sebastijan Abel von den Blue Tigers Oberhausen. Mit Trainer Aléxandros Christoudas reiste er nach Charlotte im Bundesstaat North Carolina und durfte mit Basketball-Größen wie Stephen Curry, Dirk Nowitzki und Dikembe Mutombo trainieren und spielen.
Special Olympics 2026: Oberhausener Team ist dabei
Und so soll es weitergehen: Gerade eben erst hat sich die Mannschaft für die Special Olympics im Jahr 2026 qualifiziert. Der große Traum von Spielern und Trainern: Das Turnier gewinnen und sich damit für die Special Olympics Weltsommerspiele 2027 in Chile qualifizieren. „Unser Ehrgeiz ist geweckt, wir möchten das unbedingt schaffen“, sagt Spieler Marvin Janko. Seit 2017 ist der heute 27-Jährige schon bei den Blue Tigers. „Der Sport ist gut für Körper und Geist“, sagt er. Die Routine, jeden Freitag zum Training zu gehen, tue dem an Autismus leidenden Oberhausener gut. „Das hilft mir, in meinem Rhythmus zu bleiben, das ist mir wichtig.“ Im Alltag falle es ihm oft schwer, mit anderen Menschen umzugehen, erzählt er ganz offen. „Aber hier in der Mannschaft fühle ich mich gut aufgehoben, hier herrscht kein Druck. Das gibt mir Kraft für den Alltag.“
„Wir sind hier zu einer richtigen Familie gewachsen.“ Das sagt nicht nur Marvin Janko. Das bekräftigen alle Spieler im persönlichen Gespräch. So wie Steven Beinert. Seit sieben Jahren ist er schon bei den Tigers. Der Ton werde zwar auch mal rauer und man schimpfe auch mal, wenn man meint, jemand strenge sich nicht an. „Aber das ist nur aufs Spiel bezogen.“ Es bedeute ihm viel, „dass wir uns gegenseitig unterstützen. Jeder achtet auf den anderen.“ Dazu gehöre auch, dass alle gemeinsam zu Straf-Liegestützen antreten, wenn einer im Team einen Fehler gemacht hat. „Wat muss, dat muss“, sagt der 29-Jährige und lacht.
Oberhausener Basketballmannschaft: Tiger steht für Mut und Stärke
Und wie kommt es zum Mannschaftsnamen Blue Tigers 04? Trainer Aléxandros Christoudas erklärt‘s. Blau ist die Farbe des Oberhausener Behindertensports BSO, dem die Tiger ursprünglich angehörten, bevor sie unter das Dach des TV Jahn Königshardt geschlüpft sind. „Der Tiger steht für Mut, Stärke, Schnelligkeit, Gewandtheit und das Auftauchen aus dem Nichts. Das hat uns gefallen.“ Und die 04 steht fürs Gründungsjahr 2004. „Dass ich Schalke-Fan bin, hat damit natürlich rein gar nichts zu tun“, sagt Christoudas und grinst.
Bei all der guten Laune, die im Team sichtlich herrscht, können aber auch Tiger Sorgenfalten haben. Die bereiten, wie so oft, das Geld. Unterstützer hat das Team zwar viele: Vom Mannschafts-Arzt, der neben seiner Chefarzt-Tätigkeit die Tiger mental und medizinisch unterstützt, über die Löwenzahn-Erziehungshilfen, die Räumlichkeiten zur Verfügung stellen, bis zu den vielen Unterstützern, die sich im Förderverein engagieren. Doch der Betrieb einer Basketball-Mannschaft kostet auch eine Menge Geld: Fahrt- und Übernachtungskosten bei Turnieren, Trikots und auch mal ein paar neue Sportschuhe für Spieler, die es sich finanziell nicht leisten können. „Aktuell suchen wir einen Trikot-Sponsor“, sagt Aléxandros Christoudas.
Trotz aller Schwierigkeiten hätten sie sich bislang aber immer durchgekämpft. Tiger halt.
Tiger suchen Mitspieler
Die Blue Tigers sind offen für interessierte Mitspieler. Voraussetzung: Spaß an Sport und Spiel. Während die A-Mannschaft, die an offiziellen Turnieren teilnimmt, nur aus Jungs besteht, gibt es bei der B-Mannschaft keinerlei Vorgaben. Aktuell trainieren hier Spieler und Spielerinnen im Alter von zwölf bis 66 Jahren.
Die Tiger trainieren an jedem Freitag von 17.30 bis 19 Uhr in der PSV-Sporthalle an der Straße „Am Förderturm“. Wer Fragen hat, kann sich an Trainer Aléxandros Christoudas wenden: alexandros.christoudas@gmx.de.
Wer die Mannschaft finanziell unterstützen oder sich anderweitig engagieren möchte, ist bei Heike Veenhuis vom Förderverein richtig: heike.veenhuis@web.de.
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