Duisburg/Oberhausen. Das erste Streetart-Festival hat viele Interessierte an die Grenze von Oberhausen und Duisburg gelockt. Graffiti, DJ-Sets und etwas, das bleibt.

Dieses karge Metall-Schicht ist einfach reif für ein Tattoo! Seit den Sommerferien parkt ein eher ungastlich wirkender Container vor der Kult-Kneipe Bolleke. An der Stadtgrenze von Duisburg und Oberhausen rücken sie am Samstag der langweiligen Optik ordentlich ans Material.

Zum ersten Streetart-Festival sorgen junge Graffiti-Künstler für eine bunte Verzierung. Ein großer Schriftzug zeigt, wen der große Behälter ansprechen soll: Alstaden und Meiderich ist in verspielten Schriftzügen zu lesen. Es sind die beiden Stadtteile, aus denen besonders viele Gäste an die Theke strömen.

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„Das wird ein Servier-Container“, erklärt Michael Matuszak von der „Kulturoffensive Bolleke“ (KOB), einer Fördervereinigung, die dem Programm in der nach einem folgenschweren Brand im vergangenen Jahr zurückgekehrten Gastronomie ordentlich Beine macht. Bald zischen hier erfrischende Freiluft-Getränke, jetzt kullern noch Schweißperlen. Es ist sommerlich. Die Mundwinkel gehen aber drinnen wie draußen nach oben. „Es ist ordentlich voll. Mehr als 200 Gäste sind für uns ein Erfolg.“ Die sind es locker.

Bolleke Oberhausen / Duisburg: Neuer Servier-Container mit frischen Graffiti-Motiven

Am Freitag haben sie gefeiert und getanzt. Bis 4 Uhr morgens dauert der erste Teil des Streetart-Festivals schließlich. „Für die Älteren“, sagt Matuszak mit einem Schmunzeln. Einige Augenpaare waren tatsächlich schon einmal frischer. Am Samstag dreht sich alles um die junge Bolleke-Generation - und eine, die es einmal werden könnte.

Pinseln, zeichnen, drucken, sägen, ausschneiden: Bei interessanten Mitmach-Aktionen konnten sich an der Stadtgrenze von Oberhausen-Alstaden und Duisburg-Obermeiderich vor allem Kinder ausprobieren.
Pinseln, zeichnen, drucken, sägen, ausschneiden: Bei interessanten Mitmach-Aktionen konnten sich an der Stadtgrenze von Oberhausen-Alstaden und Duisburg-Obermeiderich vor allem Kinder ausprobieren. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Ben Postler versteht sich aber eher old school: Zumindest bei dem, was bei ihm auf dem Teller landet. Auf dem Plattenteller, genauer gesagt! Der DJ setzt voll auf Vinyl. „Die Auswahl an Plattenläden ist in Duisburg fantastisch“, sagt er wohlwissend. Echtes Handwerk möchte er dem Nachwuchs vermitteln. „Nur auf einen Knopf zu drücken, ist auf Dauer langweilig.“ Ja, es gibt ein Leben fernab der Playlist. Im Bolleke bedient er die Tanzfläche und kramt im mitgebrachten Archiv. „Solange die Leute darauf Lust haben.“

Bemaltes Gesicht, bemalter Roller: Der kleine Rudi schaute sich am Samstag beim Streetart-Festival vor und in der Kult-Kneipe Bolleke genauer um.
Bemaltes Gesicht, bemalter Roller: Der kleine Rudi schaute sich am Samstag beim Streetart-Festival vor und in der Kult-Kneipe Bolleke genauer um. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Im Foyer hängen sie sich Buchstaben mit Städtenamen um den Hals. Sara Bischoff zeigt mit ihrem Label „Lunenoir“ alternative Mode. Choker und Ketten für den Hals, Harnesse und weiterer Körperschmuck aus Gurten und Bändern, Gürtel. „Alles vegan“, wie die Geschäftsfrau versichert. „Normalerweise verkaufen wir über das Internet. Auch hier gab es schon einige Interessenten.“

Bolleke Oberhausen / Duisburg: Event-Handwerk, DJ-Sets und neu gestaltete Haus-Fassade

Hinten, am Biergarten-Eingang, wird unterdessen eifrig gesägt, gebohrt, gefeilt. Henriette Abraham von der Eventwerkstatt „Seiartig“ ist von nebenan aus Alstaden vorbeigekommen. Sie fertigt mit Kindern und Erwachsenen hölzerne Bilder samt Sprüchen von Astrid Lindgren. Hat es handwerkliches Arbeiten in Zeiten von berieselnder Unterhaltung nicht schwerer? „Da ist etwas dran! Das größte Kompliment ist es, wenn die Leute hinterher sagen: Jetzt kann ich in meiner Wohnung viel mehr alleine machen.“

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Auch Jacob Heutger ist ein Selfmade-Teilnehmer. Der 15-Jährige hat sein eigenes Mode-Label erfunden und bedruckt mit einer Siebdruckmaschine eifrig Jutebeutel und T-Shirts. Der Teenager hat sich durch eine Idee auf TikTok inspirieren lassen und möchte mit „Blur Vision“ kreative Designs ausbauen. Baumelnde Würfel, verschnörkelte Engelsfiguren. „Mal schauen, wo der Weg hinführt.“

„Wir wollen kein Kirchturmdenken, sondern agieren grenzüberschreitend.“

André Grühn
Chef des Bolleke an der Stadtgrenze Oberhausen/Duisburg

Bolleke-Chef André Grühn ist mit der Festival-Premiere zufrieden. Vor allem, weil vom Streetart-Festival etwas dauerhaft bleiben wird: Neben dem besprühten Servier-Container knöpfen sich Profi-Graffiti-Künstler, die tristen Wände des neuen Toiletten-Anbaus vor. Und weil sie schon einmal dabei sind, bekommt auch die Rückseite des Bolleke-Gebäudes etwas neue Farbe ab. Sehenswert!

Eine Oberhausener wie Duisburger Erfolgsgeschichte wollen die Macher jedenfalls fortschreiben. Interessant: Während das Streetart-Festival von der Duisburg Business & Innovation (DBI) zumindest mit einem kleineren Geldbetrag unterstützt wurde, hieß es aus Oberhausen: Alle Fördertöpfe sind leer. Grühn: „Wir wollen kein Kirchturmdenken, sondern agieren grenzüberschreitend.“ Kultur endet an keiner Stadtgrenze.

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