Oberhausen. Ob Solaranlagen, Wärmepumpen oder Wallboxen: Die Zahlen steigen. Das Stromnetz gerät unter Druck, Eigentümer müssen auf Zusatzkosten einstellen.

Solaranlagen erleben einen Boom, zugleich wächst die Zahl der Oberhausener, die sich eine Wärmepumpe einbauen lassen und auch die Wallboxen für E-Autos werden immer mehr. Trägt aber eigentlich das örtliche Stromnetz die steigende Belastung oder muss die EVO als Energieversorger nachrüsten? Und wenn ja, für welchen Preis? Hans-Jörg Alberts, technischer Leiter der Netzgesellschaft OB-Netz, hat darauf eine klare Antwort: Aktuell reicht das Leistungsvermögen noch aus, aber in absehbarer Zeit sind Investitionen notwendig, beispielsweise um Trafostationen oder auch Umspannwerke zu verstärken.

Hans-Jörg Alberts, Technikchef des Oberhausener Versorgers EVO: Das Stromnetz ist bisher noch gut für die neuen Anforderungen gewappnet.
Hans-Jörg Alberts, Technikchef des Oberhausener Versorgers EVO: Das Stromnetz ist bisher noch gut für die neuen Anforderungen gewappnet. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Stromkabel in Oberhausen haben noch freie Kapazitäten

Anders sieht es bei den in Oberhausen verlegten Stromkabeln aus. Sie stammen zwar aus den 70er und 80er Jahren, weitestgehend sind ihre Kapazitäten aber so groß, dass bislang freie Reserven vorhanden waren, betont der Technikchef. Diese könne man nun in Anspruch nehmen, darüber hinaus nutze die EVO auch Erdarbeiten der Wirtschafts- und der Servicebetriebe Oberhausen (WBO und SBO), um bei Bedarf die jeweiligen Kabel zu ertüchtigen. Mittel- oder langfristig werde der Versorger sicherlich an Grenzen stoßen und muss das Netz ausbauen.

Wie teuer der EVO ein solcher Schritt zu stehen kommt, lasse sich momentan noch nicht genau beziffern. In welchen finanziellen Größenordnungen sich das Unternehmen bewegt, verdeutlichte Alberts mit einer einfachen Rechnung: Ein einziges Meter Kabel verlegen kostet etwa 400 Euro.

Wenn sich nun die EVO eingehend mit dem Nachholbedarf für die Infrastruktur befasst, erhält sie wissenschaftliches Know-how. Dazu steht sie im engen Austausch unter anderem mit der Universität Wuppertal.

Hausanschlüsse der Oberhausener Haushalte können an Grenzen geraten

Derweil treibt Kunden, die auf umweltfreundliche Autos oder Energie umschwenken wollen, eine ganz spezielle Frage um: Die Stromnetze mögen den Ballast durchaus bewältigen, aber schafft das auch der eigene Hausanschluss? Konkretes Beispiel: Da kauft ein Hausbesitzer ein E-Auto an, möchte den Wagen aber nicht immer an irgendeiner Ladesäule im Stadtgebiet anschließen, sondern den fahrbaren Untersatz daheim „auftanken“. Dazu bedarf es einer Installation, der zunächst einmal aus Sicht der EVO nichts entgegensteht.

Falls nun aber auch die Frau oder die Kinder auf Stromer setzen, kann das schon ganz anders aussehen. „Dann prüfen wir nämlich, ob der Hausanschluss dafür noch ausreicht“, erläutert der Technikchef. Ähnlich verhalte es sich, wenn sich mehrere Mieter in einem Mehrfamilienhaus ein E-Auto zulegen, mehrere Wallboxen montieren lassen, vorausgesetzt der Vermieter ist einverstanden. Dann reichen in aller Regel die Kapazitäten eines Hausanschlusses nicht mehr aus.

Kosten ergeben sich aus den örtlichen Bedingungen

Wie hoch die Kosten ausfallen, die für das Nachrüsten entstehen, sei vollkommen unterschiedlich, erklärt Alberts. Müssen lediglich einige Sicherungen getauscht werden, handelt es sich eher um eine dreistellige Summe, ist aber der gesamte Anschluss samt Leitungen an der Reihe, kann der Betrag auch durchaus vierstellig sein. „Wir schauen uns im Detail jeden Fall genau an und suchen dann mit dem Kunden für ihn angepasste Lösungen“, ergänzt EVO-Sprecherin Annette Friese.

Bislang ist die Zahl der Wallboxen in Oberhausen aber noch recht überschaubar, 700 sind es momentan, für weitere 100 liegen Anträge vor. Darüber hinaus erreichen die EVO auch Anfragen von Firmen, die ihre Fahrzeugflotte auf E-Modelle umrüsten wollen und ausreichende Ladekapazitäten benötigen. Erst vor kurzem hatte die Redaktion über die Spedition Schultz Logistik berichtet, die einige neue E-Lkw kaufen möchte und derzeit mit der EVO über Vorgehensweise und Kosten verhandelt. Nachgelegt hat der Versorger bereits im Gewerbegebiet „Zum Eisenhammer“, in dem unter anderem durch die Ansiedlung der Klimatechnik Trane zusätzliche Kapazitäten erforderlich waren.

Der Oberhausener Spediteur Joachim Schultz will seinen Fuhrpark weiter auf E-Laster umrüsten. Er verhandelt mit der EVO, wie die technischen Voraussetzungen geschaffen werden können.
Der Oberhausener Spediteur Joachim Schultz will seinen Fuhrpark weiter auf E-Laster umrüsten. Er verhandelt mit der EVO, wie die technischen Voraussetzungen geschaffen werden können. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Bislang sind in Oberhausen rund 950 Wärmepumpen eingebaut

Ob die vorhandenen Anschlüsse ausreichen, gehört ebenfalls zum Prüfkatalog, wenn eine elektrische Wärmepumpe die Gas- oder die Ölheizung ersetzen soll. Auch hier schauen die Fachleute der EVO ganz genau hin, ob noch weitere Schritte erforderlich sind. Zusätzliche Kosten kommen auf den Kunden an einer Stelle ohnehin zu, denn er braucht für die Wärmepumpe einen eigenen Zähler. Rund 950 solcher Anlagen sorgen mittlerweile in Oberhausen für wohlige Wärme.

Etwas anders verhält es sich mit den Solaranlagen. Für deren Montage sind ohnehin eigene Anschlüsse angesagt und die Kosten in dem Gesamtprojekt eingerechnet. Die Photovoltaikanlagen haben vor allem seit dem Ukrainekrieg einen enormen Schub erlebt. Ob Privatleute, Firmen oder die Stadt selbst, alle setzen in einem beträchtlichen Umfang auf die Kraft der Sonne.

Mittlerweile leisten 2900 Anlagen (einschließlich Balkonkraftwerke) ganze Arbeit, erzeugen 34 Megawatt Peak am Tag. Das macht rund ein Drittel des Strombedarfs der Oberhausener aus, der täglich etwa 100 Megawatt beträgt. Die weiteren zwei Drittel kommen unter anderem durch das Biomasse-Kraftwerk in Sterkrade, erdgas-befeuerte Heizkraftwerke der EVO und dem Energiemix aus dem überregionalen Verbundnetz zusammen. Das Potenzial an Dachflächen für die Sonnenenergie ist bereits zu einem Teil ausgeschöpft, doch weitere Anlagen sind durchaus willkommen.  

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