Oberhausen. Der Kunde wartet und wartet auf den Handwerker, ist schon schwer genervt. Doch der findet keinen Parkplatz. Was sich in Oberhausen ändern soll.

Für viele Handwerker ist es ein leidiges Problem: Sie wollen zum Kunden und finden partout keinen Parkplatz. Oberhausen will ein Modellprojekt starten, um Abhilfe zu schaffen.

Da kreist der Installateur locker schon 20 Minuten durch das Wohnquartier, weil kein Parkplatz frei ist. In der Zeit hätte er längst das Abflussrohr im Haus des Kunden reparieren können. Als der Handwerker irgendwann einen Platz findet, hat er wertvolle Zeit verloren. Und Zeit ist Geld. „Es sind Fälle wie diese, die immer wieder zu Klagen von Betrieben führen“, sagt Barbara Yeboah, Geschäftsführerin der Kreishandwerkerschaft Mülheim an der Ruhr-Oberhausen. Mal beschwert sich beispielsweise ein Tischler, dann ein Maurer oder auch ein Elektriker. Die meisten haben zwar gebührenpflichtige Parkausweise, aber die bringen ihnen erst dann etwas, wenn sie eine Lücke gefunden haben.

Oberhausen nimmt sich Projekt in München zum Vorbild

Damit die Handwerker nun gleich eine freie Fläche zur Verfügung haben, um ihrer Arbeit nachzugehen, will die Stadt eigens für sie Parkplätze ausweisen. Als Vorbild dient München, wobei am Donnerstag, 22. August, Bonn als Modellstadt hinzugekommen ist. Dort stehen jetzt auch Handwerkern solche Plätze zur Verfügung.

Die bayerische Landeshauptstadt hat als eine der ersten Städte deutschlandweit Parkplätze für Unternehmen reserviert. Die orange markierten und geräumigen Standorte sind entsprechend ausgewiesen, ein Strichmännchen mit einer Sackkarre dient als Symbol. Halten dürfen auch Post- und Paketdienste, aber ansonsten haben Firmen Vorfahrt. An Werktagen von 19 bis 8 Uhr und am Wochenende sind die Plätze allerdings für Anwohner freigegeben.

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Eins zu Eins wird Oberhausen das bayerische Modell wohl nicht abkupfern. „Wir erarbeiten derzeit unser eigenes Projekt“, sagt Ralf Güldenzopf, Dezernent für strategische Planung und Stadtentwicklung. Zunächst wolle man ausloten, wie viele Plätze sinnvoll sind und wo sie liegen sollen. In Betracht kommen vornehmlich Wohngebiete mit enorm hohem Parkdruck, in denen sich Firmen schwertun, einen freien Platz aufzustöbern.

Die genauen Standorte sollten auch genau geprüft werden, „denn es nützt wenig, wenn der Handwerker einen Parkplatz findet, dann aber noch Hunderte Meter zur Wohnung laufen muss“, erklärt Güldenzopf. Auch wenn die Einzelheiten noch zu klären sind, findet die Chefin der Kreishandwerkerschaft diese Idee richtig gut, denn die Parkplatzsuche stelle für die Firmen ein großes Hemmnis dar.

Stadt Oberhausen und Handwerk haben ein Hilfspaket geschnürt

Da für die Handwerker ohnehin schwere Zeiten angebrochen sind, ihnen Auszubildende ebenso wie Fachkräfte fehlen, und es gerade in der Baubranche mit Aufträgen mau aussieht, haben die Stadt und die Handwerkerschaft eine Art Hilfspaket geschnürt. Mit dem „Masterplan Handwerk“ befasst sich der Rat im September. In dem Papier sind weitere Schritte genannt, mit denen Oberhausen den heimischen Firmen unter die Arme greifen möchte. Denn das Handwerk gehört mit rund 1200 Firmen und einem Umsatz von 1,5 Milliarden Euro (Stand 2021) zu den tragenden Säulen der Oberhausener Wirtschaft.

Für den Aktionsplan spielten die Ergebnisse einer Umfrage unter heimischen Betrieben eine maßgebliche Rolle, die zahlreiche Kritikpunkte zu Tage förderte. Es zeigte sich unter anderem, dass insbesondere Baustellen im Stadtgebiet für Firmen ein großes Ärgernis sind. Wie bei der Parkplatzsuche geht durch Staus und Behinderungen wertvolle Zeit verloren. Nun betreibt die Stadt zwar schon ein Baustellenportal, das Auskunft über die jeweiligen Orte gibt. Doch es besteht noch Luft nach oben. Die Verwaltung will das Angebot noch weiter auffrischen, erklärt Güldenzopf, damit die Handwerker schon während der Routenplanung Baustellen meiden oder umgehen können.

Wo den Handwerkern in Oberhausen der Schuh drückt
Barbara Yeboah, Geschäftsführerin Kreishandwerkerschaft Oberhausen, und Dezernent Ralf Güldenzopf tüfteln an einem gemeinsamen Aktionsplan. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Oberhausen sagt der Schwarzarbeit den Kampf an

Ein weiterer wunder Punkt, mit dem die Unternehmen zu kämpfen haben, ist die Schwarzarbeit. Drei Viertel der 47 Betriebe, die an der Umfrage teilnahmen, erklärten, dass sie dadurch bereits Schaden erlitten haben. Mit Schwarzarbeit sei nach Worten von Yeboah aber weniger die Nachbarschaftshilfe gemeint, etwa, wenn ein Mieter einer älteren Frau von nebenan mal die Wohnung streicht. Vielmehr drehe es sich um Betriebe, die ohne einen Meister beispielsweise Serviceleistungen im Elektro- und Sanitärbereich anböten. Vorsichtig sollte man als Kunde ohnehin sein, wenn jemand alle möglichen Dienste rund ums Haus im Angebot hat und dann genau prüfen, ob die entsprechenden Qualifikationen auch tatsächlich vorliegen, unterstreicht die Geschäftsführerin. Die Stadt will nun selbst verstärkt kontrollieren, ob Firmen Schwarzarbeit betreiben und dabei auch entsprechenden Hinweisen aus der Bevölkerung nachgehen.

Oberhausen will jetzt auch Lehrer zu Betriebsbesuchen einladen

Ferner plagt das Handwerk noch ein weiteres Problem: Die Firmen müssen oftmals viel zu lange auf Genehmigungen warten. Während des Verfahrens seien die zuständigen Stellen kaum oder gar nicht erreichbar. Das habe immer wieder zu Frust geführt, manchmal lägen die Nerven blank. Doch jetzt will die Stadt den Schalter umlegen. „Wir wollen das Zertifikat ,mittelstandsorientierte Kommune‘ erreichen“, sagt Güldenzopf. Damit geht das Rathaus eine Verpflichtung ein, sich an festgelegte Standards zu halten. Nicht nur die Erreichbarkeit gilt es zu verbessern, insgesamt soll der Kontakt zwischen Firmen und Verwaltung rund laufen.

Schließlich beklagen Firmen ein mangelndes Interesse unter Jugendlichen an Handwerksberufen. Da es mittlerweile nun reichlich Möglichkeiten gibt, mit denen sich Teenager selbst ein Bild von den Unternehmen machen können, sieht der Aktionsplan eine andere Herangehensweise vor: Stadt und Kreishandwerkerschaft wollen Lehrer zu Betriebsbesuchen einladen, damit sie den Schülern vermitteln können, wie es in den Unternehmen zugeht.

Stichwort Masterplan

Insgesamt umfasst der Masterplan, mit dem sich der Rat am 23. September befassen soll, elf Punkte. Stadt und Kreishandwerkerschaft wollen Firmen danach mehr unterstützen, dass ihre Digitalisierung vorankommt. Der Austausch mit Betrieben über Projekte, die Aufträge für die örtliche Wirtschaft versprechen, soll verbessert werden. Zudem will die Stadt noch stärker unter die Arme greifen, damit sie bei Bedarf Flächen für Aus- und Umbau finden.

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