Oberhausen. Weniger Sozialwohnungen, neue Wohnungen für 16 Euro Kaltmiete: Da scheint etwas aus dem Ruder zu laufen. Oder ist alles nur halb so schlimm?

Die Zahl neuer Wohnungen ist in Oberhausen im vergangenen Jahr drastisch eingebrochen, es sind nur noch halb so viele entstanden wie ein Jahr zuvor. Und wenn Investoren bauen, dann sind vermehrt Wohnungen darunter, für die Mieter an Kaltmiete zwischen 16 oder 18 Euro pro Quadratmeter bezahlen müssen. Nebenkosten eingerechnet landet man locker bei 20 Euro.

SPD Oberhausen fordert Quote für Sozialwohnungen

Zwischen 2018 und 2023 ist die Anzahl der Sozialwohnungen in Oberhausen nach Daten des Rathauses um 20 Prozent geschrumpft, ein Ende ist noch nicht abzusehen. In den nächsten Jahren hält der Sinkflug noch an, weil für Tausende von Wohnungen die gesetzliche Bindung an einen günstigen Mietpreis entfällt.

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Die Mehrheit der Ratspolitiker reagieren besorgt. Sie will Wohnungen für die arbeitende Bevölkerung bezahlbar halten, in dem Immobilieninvestoren verpflichtet werden, einen bestimmten Prozentsatz an Wohnungen in Mehrfamilienhäusern als Sozialwohnungen mit geringen Mieten zu errichten. Der Weg ist im Rat umstritten, der Antrag von SPD und Grünen fand allerdings eine Mehrheit: Die Rathaus-Fachleute müssen nun ein belastbares Konzept für eine Sozialquote entwickeln.

Vorstoß stößt in Oberhausen auf wenig Gegenliebe

Diese Idee stößt allerdings bei den heimischen Wohnungsgesellschaften oder auch dem Eigentümerverband Haus & Grund auf wenig Gegenliebe: Den Wohnungsmarkt in Teilen noch stärker zu regulieren, schaffe eher neue Probleme, als dass er vorhandene löse, heißt es. Die Schwierigkeiten, in denen der Wohnungsbau stecke, seien vollkommen anders gelagert, erklären die Wohnungsgesellschaften. Ähnlich äußert sich sogar Stefan Salecker vom Mieterbund. Allerdings sollte nach seiner Ansicht in Oberhausen schon ein gewisser Bestand an günstigen Sozialwohnungen vorhanden sein.

Ulrich Real, planungspolitischer Sprecher der Oberhausener SPD-Fraktion, hat sich im Rat für eine Quote an Sozialwohnungen eingesetzt, wenn ein Investor Mehrfamilienhäuser im Stadtgebiet baut.
Ulrich Real, planungspolitischer Sprecher der Oberhausener SPD-Fraktion, hat sich im Rat für eine Quote an Sozialwohnungen eingesetzt, wenn ein Investor Mehrfamilienhäuser im Stadtgebiet baut. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die Hürden auf dem Weg zu preiswertem neuen Wohnraum in Oberhausen

Aus Sicht der Wohnungsunternehmen und des Mieterbundes laufen derzeit auf dem Wohnungsmarkt mehrere Punkte schief. Wolfgang Hoffmann (Gewo Osterfelder Wohnungsgenossenschaft) und Andreas Völker (Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft) halten schon die Grundstückspreise für zu hoch. Es herrsche ein erheblicher Mangel an preiswertem Bauland; auch wenn Städte selbst ihre Flächen verkaufen, seien sie beim verlangten Preis nicht zimperlich, beobachtet Hoffmann. Oberhausen bilde da keine Ausnahme. Die Grunderwerbssteuer in NRW von 6,5 Prozent verteuere die Bauprojekte weiter.

Andreas Völker, Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft:  Die Grundstückspreise treiben die Baukosten heftig in die Höhe.
Andreas Völker, Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft: Die Grundstückspreise treiben die Baukosten heftig in die Höhe. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Zudem erhöhen die Kosten für Baumaterialien den Preis der Immobilien. „Da überlegen gerade private Investoren, ob sich ein solches Vorhaben auch wirklich rechnet und haben Sorge, dass sie solch hohe Mieten nehmen müssen, die keiner bezahlen kann oder will - und die Wohnungen dann leer stehen“, sagt Mario Behmer vom Oberhausener Eigentümerverband Haus & Grund.

Auch die Bauvorschriften selbst treiben manchen Investor die Wände hoch. Zum einen ziehen sich die Baugenehmigungen hin wie Kaugummi, zum anderen verteuern auch die geforderten Baustandards die Bauvorhaben. Dieser Kritik schließt sich auch Mieter-Vertreter Stefan Salecker an. Bei allem Verständnis für eine sichere Statik müsse es doch möglich sein, die vorgeschriebenen Baustandards ein wenig herunterzuschrauben.

Mangel herrscht durchaus in einzelnen Wohnungsmarktsegmenten

Überraschend sehen weder Genossenschaften noch der Mieterbund in Oberhausen einen echten Mangel an günstigem Wohnraum. Nur in einzelnen Marktsegmenten, wie barrierefreie und altengerechte Wohnungen, seien Lücken zu beobachten, meint Olaf Rabsilber, Chef der Sterkrader Wohnungsgenossenschaft und Sprecher aller Wohnungsgesellschaften in Oberhausen. Deshalb benötige man schon neue zusätzliche Wohnungen im Stadtgebiet. Die Nachfrage sei da: Seit einigen Jahren ziehen Mieter lieber in Neubauwohnungen als in Altbauten.

Olaf Rabsilber, Sprecher der Oberhausener Wohnungsgesellschaften: In einzelnen Marktsegmenten herrscht Mangel an Wohnungen
Olaf Rabsilber, Sprecher der Oberhausener Wohnungsgesellschaften: In einzelnen Marktsegmenten herrscht Mangel an Wohnungen © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

In der allgemeinen Diskussion wird oft vergessen, dass die Oberhausener Wohnungsbaugesellschaften durchaus neue Sozialwohnungen errichten lassen: Von aktuell 30 bis 35 spricht die Sterkrader Genossenschaft, als eher kleines Projekt bezeichnet die GeWo 17 neue Sozialwohnungen. Norbert Dosiehn, geschäftsführender Gesellschaft des Bauunternehmens Plassmeier, nennt 45 Wohnungen in vier Projekten, die die Firma im Auftrag von Gesellschaften und privaten Bauträgern in nächster Zeit erstellen will.

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Lobend heben Dosiehn wie auch Völker (Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft) und Hoffmann (GeWo) ein aktuelles Förderprogramm des Landes NRW für Sozialwohnungen hervor. 1,7 Milliarden Euro stehen zur Verfügung bei einer Verzinsung, die nahezu null Prozent beträgt und einen Tilgungsnachlass zwischen 30 und 35 Prozent vorsieht. Dies könne dem sozialen Wohnungsbau auf die Sprünge helfen. Je nach Einkommen beträgt im Übrigen in neu gebauten Sozialwohnungen die Miete 6,50 Euro oder 7,55 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter.

Wohnungsgesellschaften in Oberhausen wollen sozialverträgliches Niveau halten

Die Oberhausener Wohnungsbaugesellschaften versprechen, die Miete für alte Sozialwohnungen, die aus der Preisbindung fallen, nicht abrupt anzuheben. Sie wollen die Wohnungen „auf einem sozialverträglichen Niveau bewirtschaften“, formuliert Andreas Völker.

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Da stellt sich dann schon die Frage, wie hoch denn die Mieten in den frei finanzierten Wohnungen der Wohnungsgesellschaften sind, also denen, die ohne Finanzspritzen aus der Förderung mit Steuermitteln entstanden sind. Die Durchschnittsmiete der Gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft beträgt beispielsweise 5,44 Euro (kalt) je Quadratmeter, bei der GeWo liegt sie um 40 Cent höher. Laut Mietspiegel, dem sowohl Mietverträge von Genossenschaften als auch von Privatbesitzern zugrunde liegen, reicht die Spanne von 4,02 Euro (vor 1949 gebaut) bis 7,76 Euro (zwischen 1995 und 2014 gebaut) je Quadratmeter. Was allerdings nicht berücksichtigt wird, sind später entstandene neuere Wohnungen: Hier sind bereits Mieten von 11 bis 13 Euro üblich.

Es gibt auch derzeit freie Sozialwohnungen in Oberhausen

Unter dem Strich kommen die Wohnungsgesellschaften, Haus & Grund sowie auch der Mieterbund zu dem Schluss, dass in Oberhausen die Wohnungsmarktlage insgesamt immer noch relativ entspannt ist. Allerdings stehen im Oberhausener Rathaus bereits 290 Interessen auf der Warteliste für eine freie Sozialwohnung. Die Tendenz: Steigend.

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