Oberhausen. Nein, die Wohnung ist mit gut 14 Euro Kaltmiete nicht billig. Doch der Besuch im neuen Mehrfamilienhaus mitten in Sterkrade zeigt: Es lohnt sich.
Über mehrere Jahre war diese Ecke mitten in der Sterkrader Innenstadt ein trauriger Platz: Hier sammelten sich Dreck und Abfall an. Mehrere Investoren winkten ab, diesen Fußgängerzonen-Bereich an der Stelle zu bebauen, an der sich Steinbrinkstraße und Bahnhofstraße treffen. Es lohnte sich einfach nicht. Zu schwierig zu bebauen war die enge Ecke, auf der einst das alte „Kaiser&Ganz“-Kaufhaus stand, das anschließend vom Klamottenhändler KiK belegt wurde - und dann leer stand. 2015 wurde das Haus abgerissen und im Sterkrader Bürger-Gefühl ewig nicht bebaut.
Doch nun, neun Jahre später, schmiegt sich ein siebeneinhalb-geschossiges Wohngebäude im Energiespar-Standard KW55 mit auffälliger, wertvoll aussehender Fassade an die Nachbarhäuser. Fast alle 26 Mietwohnungen mit Kaltmieten zwischen 11 und gut 14 Euro haben bereits Mieter gefunden, nur noch eine Handvoll sind frei. Die Stadtsparkasse hatte das Grundstück von der damaligen Stadttochter OGM erworben und es mithilfe von Oberhausener Baupartnern wie Plassmeier und „Meier-Ebbers Architekten“ innerhalb von zwei Jahren in die Höhe ziehen lassen. Die Kosten dafür beliefen sich auf 8,2 Millionen Euro, die Immobilie soll im Eigentum des Geldinstituts bleiben.
Die vielleicht schönste und sicherlich mit 108 Quadratmetern größte Wohnung, die oberste auf dem Dach mit großer Außenterrasse nach vorne und zur Seite, ist auch die teuerste - mit einem Quadratmeter-Preis von über 14 Euro. Als Warmmiete im Monat kommen so 1990 Euro zusammen. Das ist natürlich viel Geld, aber das Ehepaar Michael Houx und Christiane Dreher hat dennoch den Schritt gewagt: Sie zogen von einer schönen, aber nicht gerade behinderten-gerechten Wohnung in Alt-Oberhausen in die luftige Höhe von Sterkrade.
Traumhafter Blick 21 Meter über dem Erdboden
21 Meter über dem Erdboden haben sie einen traumhaften Blick - und bisher haben sie keine Sekunde den Schritt bereut, hier nach Sterkrade in eine Penthouse-Wohnung mit heutigen Neubau-Preisen gezogen zu sein. „Für uns ist das wie eine Ferienwohnung, wir fühlen uns wie im Urlaub. Hier haben wir das Ruhrgebiet im Blick, so wie es typisch ist“, lobt Christiane Dreher. „Ich könnte stundenlang hier draußen sitzen und gucken.“
Die beiden sind erst vor vier Wochen hier eingezogen, noch sind nicht alle Umzugskartons ausgepackt, doch die Lampen hängen und das von großen Fenstern eingerahmte Wohnzimmer sieht mit den vielen Büchern schon hell und gemütlich aus. Der größte Vorteil ist aber ein praktischer: „Ich bin nicht mehr so gut zu Fuß und wenn ich mit dem Aufzug runterfahre, habe ich sofort alle Läden und den tollen Markt in der Nähe.“
Von oben blickt man hier bei klarem Wetter ganz weit, sieht den grünbewachsenen Hügel der Halde Haniel, Werke der Duisburger Industrie, den Oberhausener Gasometer, die Sterkrader Herz-Jesu-Kirche und das Freiherr-vom-Stein-Gymnasium mit der kleinen Kuppel, sogar den RWW-Turm an der Mülheimer Straße. Beeindruckend.
Und so stehen an diesem Nachmittag auch die Macher des Werks auf der Terrasse, um Bilanz zu ziehen. Der Sparkassen-Vorstände Oliver Mebus und Thomas Gäng haben das Projekt vor allem aus stadtplanerischen Gründen angepackt. Rein von der Rendite her gesehen lohne der Bau trotz der für Oberhausen recht üppigen Mieten nicht. „Ein privater Investor geht mit ganz anderen Rendite-Ansprüchen da heran, für uns darf es nur kein Verlustgeschäft sein“, erläutert Mebus. Ohne die damalig noch vorhandene Bundesförderung für ein KW55-Gebäude müssten die Mieten angesichts der stark gestiegenen Baukosten sogar noch höher sein.
OB Schranz: Wertige Wohnhäuser in der City unbedingt notwendig
Oberbürgermeister Daniel Schranz hat das Projekt als Aufsichtsratsvorsitzender abgesegnet, gar als stadtplanerisch wichtigen Lückenschluss gewünscht. Und Plassmeier-Geschäftsführer Nobert Dosiehn sorgte für die praktische Bewältigung des Bauprojekts.
Schranz verteidigt das Wohnhaus-Projekt mit den vergleichsweise hohen Mieten gegenüber Kritikern, die meinen, man solle lieber Sozialwohnungen bauen: „Die Zentren in Oberhausen gehören nicht zu den Gebieten der Stadt mit den einkommensstärksten Einwohnern. Aber auch in den Innenstädten wollen wir eine durchmischte Bevölkerung haben. Deshalb muss man hier auch dem besser gestellten Mittelstand wertigen Wohnraum bieten.“
Zudem sorge man mit der Gestaltung des Hauses für eine Aufwertung der gesamten Ecke - mit Nachahmerpotenzial von privaten Investoren. Natürlich dürfe man aber den Bau von Sozialwohnungen im Stadtgebiet nicht vergessen. „Viele früher geförderte Wohnungen fallen aus der Mietbindung. Das Land reagiert allerdings auch darauf - mit einer stärkeren Förderung preisgebundener Wohnungen. Das wollen wir nutzen.“