Oberhausen. In Oberhausen sorgen sich 800 Beschäftigte auf dem Ruhrchemie-Gelände um ihren Arbeitsplatz, weltweit 1400. Doch die Zuversicht steigt.

Entscheidende Wochen für die Zukunft der 800 Arbeitsplätze des Chemieproduzenten OQ Chemicals im Werk Oberhausen-Holten: Die Verhandlungen zwischen Kreditgebern, Investoren und dem heutigen Eigentümer, dem Sultanat Oman, über das Schicksal des Oberhausener Chemieunternehmens auf dem Gelände der Ruhrchemie laufen intensiv.

Wie es aus gut unterrichteten Kreisen heißt, steht man nicht am Anfang der Verhandlungen, sondern man ist so weit fortgeschritten, dass die entscheidenden Papiere auf den Tisch gelegt werden können. Danach zeichnet sich ein Wechsel des Eigentümers ab: Das Sultanat Oman hat bekanntlich seine Freude an dem in Monheim sitzenden Produzenten von Oxo-Chemikalien (Aldehyde, Alkohole, Amine, Carbonsäuren, Polyole und Ester), Basis für viele Alltagsprodukte, verloren.

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Das Sultanat versagte ausgerechnet an Ostern dem 1,4 Milliarden Euro jährlich umsetzenden Unternehmen eine Finanzspritze von 200 Millionen Euro. Das Geld der Eigentümer war allerdings Grundlage für ein neues Finanzkonzept, das die Vorstände Oliver Borgmeier und Silvia Weppler mit internationalen Geldgebern ausgehandelt hatten. Schließlich gilt es, eine Milliarde Euro an im Herbst 2024 fälligen Fremdkrediten neu - und nicht zu teuer - aufzulegen. Nach dem Nein aus dem Sultanat muss der Finanzplan neu verhandelt werden. Deutlicher konnten die Omanis nicht zeigen, dass sie ihr Unternehmen fallenlassen.

Aus dem Golf reisten die Omanis nach Monheim zu Verhandlungen

Diese veritable Finanzkrise erschütterte nicht nur die Belegschaft, sondern auch Zulieferer und Partner. Was wird aus OQ Chemicals, früher Oxea, ganz früher ein Teil von Hoechst? Zur Verstärkung holte sich OQ Chemicals Anfang Mai den erfahrenen Restrukturierungsexperten Hans-Joachim Ziems an Bord, um als Chief Restructuring Officer (CRO) und damit Teil der Geschäftsführung die finanziell so schwankende Firma auf Kurs zu bringen. Ziems hat nicht den Auftrag, operative Sparmaßnahmen einzuleiten, sondern soll ausschließlich die finanzielle Sanierungsarbeit leisten.

Und hier geht es offenbar voran: Die Gesellschafter aus der Golf-Region reisten nach Monheim, die internationalen Kreditgeber sind dabei und ein entscheidender Investor hat sich gemeldet: Advent International (Boston), eine weltweit tätige Investment- und Firmenbeteiligungsgesellschaft. Sie soll ein starkes Interesse gezeigt haben, die Anteile von den Omanis zu übernehmen. Darüber spekulierte die Börsenzeitung bereits Mitte April.

Advent? Ja, genau das Unternehmen, das OQ Chemicals, damals noch Oxea genannt, bis 2013 in seinem Besitz hatte. In mehreren Jahren hatte Advent damals die Oberhausener Chemiefabrik auf Vordermann gebracht. Fragt man langjährige Belegschaftsmitglieder, so haben diese noch positive Erinnerungen an den früheren Oxea-Eigentümer. Advent investierte durchaus Geld in den Oberhausener Standort, ließ neue Anlagen bauen. Damals wurde allerdings auch die Synthesegasanlage an Air Liquide auf dem Ruhrchemie-Gelände verkauft - nicht alle Werktätigen waren darüber begeistert.

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Mit Advent jedenfalls sollen die Verhandlungen in diesen Wochen recht gut laufen. Schließlich kennen die Finanzexperten der Beteiligungsgesellschaft das Unternehmen noch einigermaßen. Ein Problem scheint aber zu sein, dass die Omanis vor gut zehn Jahren immerhin 1,8 Milliarden Euro für Oxea zahlten - und nun nicht mehr erwarten können, diese Summe zurückzuerhalten. Wie stark ist das Sultanat aber bereit, Verluste aus ihrem deutschen Chemie-Abenteuer in Deutschland hinzunehmen?

Hilfreich bei den Verhandlungen der nun dreiköpfigen Unternehmensspitze von OQ Chemicals ist auf jeden Fall, dass sich die Geschäfte nach dem Tief im vergangenen Jahr erholt haben: Ohne klare Zahlen und Daten zu nennen, laufen sie im ersten Quartal nach Auskunft der Monheimer Firmenzentrale gut - auch dank der US-Werke von OQ Chemicals, die im Wettbewerb mit billigen Energiepreisen punkten können. Aber auch die Nachfrage nach der Oberhausener Oxo-Produktion soll weiterhin sehr hoch sein. Nach dem Totalausfall von Vorläufer-Produkten durch einen Brand bei Air Liquide musste die OQ-Produktion in Oberhausen Ende Februar 2024 komplett gestoppt werden. Erst Ende April lief diese wieder an, erst jetzt, einen Monat später, kann OQ Chemicals seinen Kunden die Lieferung der gewünschten üblichen Mengen wieder garantieren.

Wechsel des Eigentümers in den nächsten Wochen wahrscheinlich

So gehen die Fachleute davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass in den nächsten Wochen ein Eigentümerwechsel verkündet werden kann. Denn viel Zeit dafür haben alle Beteiligten nicht: Bis zur notwendigen Ablösung der Kredite im Gesamtumfang von einer Milliarde Euro bleiben nur noch vier Monate. Selbst wenn Advent zuschlägt und OQ Chemicals wieder übernimmt, müssen Kreditgeber und Neueigentümer eilig weiterverhandeln - um die Details des neuen Finanzpakets zu klären.

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