Oberhausen. . Das Essen in einem Restaurant wurde einer Oberhausenerin fast zum Verhängnis. Der trockenen Alkoholikerin wurde ein Gericht mit weinhaltiger Soße serviert, obwohl ihr zuvor versichert wurde, dass in der Soße kein Alkohol enthalten sei.
Es sollte ein gemütlicher Familienausflug werden. Doch der Mittagstisch im Restaurant wäre einer 43-jährigen Oberhausenerin fast zum Verhängnis geworden. Serviert wurde der seit knapp zwei Jahren trockenen Alkoholikerin ein Gericht mit weinhaltiger Soße. Und das trotz ihres Hinweises, sie dürfe aus gesundheitlichen Gründen keinen Alkohol zu sich nehmen.
„Der Suchtdruck war sofort wieder da“, erzählt ihr Mann besorgt. Auf der Karte habe eindeutig „Medaillons mit Schinken und Käse überbacken“ gestanden. „Von Soße keine Spur.“ Als das Essen kam, sei seine Frau gleich misstrauisch geworden. „Da war eine Tomaten-Soße drauf und mittlerweile wissen wir schon, dass die meist mit Alkohol angemacht wird“, berichtet der 43-Jährige. Als seine Frau beim Kellner nachfragte, habe dieser aber versichert: „Da ist kein Alkohol drin.“
Keine Seltenheit
Also habe sie ein wenig gegessen - den typischen Geschmack aber wenig später wahrgenommen. „Sie bohrte nach und da hieß es plötzlich, da wäre nur ein wenig Wein drin.“ Ohne könne der Koch das Gericht nicht zubereiten, das Fleisch würde sonst zu trocken werden. Immerhin wurde das Gericht anstandslos von der Rechnung gestrichen.
„Das kennen wir“, versichert eine Mitstreiterin der Anonymen Alkoholiker Oberhausen. Auch ihr selbst sei Ähnliches „zig-mal passiert“. Deshalb gelte stets: „Jeder muss auf sich selbst aufpassen, vorsichtig probieren, sofort reklamieren.“ Denn das gängige Vorurteil, Alkohol verkoche, sei falsch: „80 Prozent bleiben erhalten.“ In manchen Gaststätten seien Kellner und Köche aber auch sehr bemüht. „Ich war einmal zu einer Feier eingeladen, der Rotkohl war mit Wein abgeschmeckt, das Fleisch mit Alkohol angemacht“, erinnert sich die AA-Mitstreiterin. Doch der Koch habe ihr ruck-zuck ein anderes Essen zubereitet.
„Wir leben in einer Alkoholgesellschaft, das muss man sich klar machen“, führt sie aus. In jedem Saft sei Alkohol enthalten, in alkoholfreiem Bier ebenfalls, in den meisten Pralinen, in Eis, Wurst, Senf, Ketchup, in Medikamenten sowieso. „Ist die Dosis minimal, muss sie nicht einmal angegeben werden“, hat das AA-Mitglied erfahren, als sie sich bei einem Pralinenhersteller beschwerte.
"Das Problem beginnt im Kopf"
Trotzdem müsse diese Minimaldosis nicht für jeden trockenen Alkoholiker gleich zum Problem werden. „Alkoholismus ist eine geistige Krankheit seelischen Ursprungs mit körperlicher Abhängigkeit und sehr individuell“, so das langjährige AA-Mitglied. Soll heißen: „Das Problem beginnt im Kopf.“ Deshalb sei es so wichtig, in eine Selbsthilfegruppe zu gehen. Sie hat selbst erfahren: „Nur durch das Gespräch miteinander ist es mir schon so viele Jahre gelungen, trocken zu bleiben.“
Thomas Kolaric vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Nordrhein (Dehoga) meint: „Was ich von einem Betrieb erwarte, ist, dass das Service-Personal in Absprache mit der Küche stets weiß, was in den Gerichten drin ist.“ Funktioniere das nicht, liege etwas im Argen. Der Dehoga-Sprecher ergänzt aber auch: „Das müssen Einzelfälle sein, denn von größeren Problemen ist mir nichts bekannt.“