Duisburg. Rund 1000 Anonyme Alkoholiker und deren Angehörige aus dem ganzen Land trafen sich in Walsum. Beim Jahrestreffen konnten sie andere Betroffene kennen lernen, Erfahrungen austauschen, Gemeinschaft erleben und sich gegenseitig Halt geben.

"Ich heiße Barbara und bin Alkoholikerin!" - "Hi, Barbara!" schallte es der mutigen Frau in mittleren Jahren hundertfach aus dem Publikum in der Stadthalle Walsum entgegen. Dort trafen sich am Tag der deutschen Einheit rund 1000 anonyme Alkoholiker und ihre Angehörigen aus ganz Nordrhein-Westfalen. Andere Betroffene kennen lernen, Erfahrungen austauschen, Gemeinschaft erleben, die Stärke der Schwachen spüren, Halt geben - das stand am Sonnabend im Mittelpunkt des Herbsttreffens der Anonymen Alkoholiker in NRW.

Schirmherr Oberbürgermeister Adolf Sauerland begrüßte die zahlreichen Gäste der Versammlung, die erstmals in Duisburg abgehalten wurde: „Koma- oder Flatratesaufen nehmen auch unter Kinder und Jugendlichen zu. Doch wie können wir ihnen die Gefahren darstellen? Da sind die Anonymen Alkoholiker ein ganz wichtiger und starker Partner. Denn das schaffen nur Menschen, die dieses Schicksal kennen und bereit sind, offen zu teilen."

Bedeutung der Selbsthilfe

Der OB betonte auch die Bedeutung des Selbsthilfegedankens: „Ihre Organisation und ihre Gruppen übernehmen Aufgaben, die sonst niemand anders übernehmen kann. Sie können wirklich Kontakte knüpfen, Ängste abbauen, Gefühle und Wünsche authentisch ausdrücken, Meinungen und Kritik üben und wieder zu Selbstvertrauen führen. All das ist für uns in Duisburg ganz besonders wichtig!"

Dr. Andreas Brunk, Chefarzt für Psychiatrie, Psychotherapie und suchtmedizinische Grundversorgung an der Suchtklinik Sankt Camillus in Walsum: „Die anonymen Alkoholiker haben immer gewusst, dass die Sucht eine Krankheit ist. Wenn ich Alkohol zu mir nehme, manipuliere ich mein Erleben und damit mein Gehirn. Wenn ich so wiederholt mein Erleben verändere, ist das so, als ob ich über eine Wiese gehe. Dann gehen die Grashalme herunter. Wenn ich immer wieder über die selbe Stelle über die Wiese gehe, gehen die Halme irgendwann nicht mehr hoch. Dann ist an dieser Stelle kein Gras mehr, sondern ein Weg." So entstehe durch den wiederholten Alkoholgebrauch eine Veränderung, die eine „natürliche, geschenkte, automatische Regulation all unserer Gefühle in der Nacht" verhindere.

Einschränkung auf Dauer

Auf diese Weise schränke das Trinken auch die Entwicklung der Identität, der Persönlichkeit auf Dauer ein. Das könne man nur mit Gelassenheit auffangen. Betroffene könnten aber ihre Freiheit durch die Überwindung von Hemmnissen, sprich alter Gewohnheiten, wieder erringen. Brunk: „Die Bewältigung der Alkoholkrankheit ist ein Weg in die Freiheit!" Dazu brauche jeder einzelne Betroffene Mut, den jeder entwickeln müsse der aber von der Gemeinschaft getragen werde. „Wenn ich spreche und zuhöre, dann verändert sich etwas. Diese Erfahrungen können Sie teilen! Das ist ein Weg, der nur in kleinen Schritten absolviert werden kann", so der Experte. Nach der Eröffnung unterhielten sich die Teilnehmer über ihre Erfahrungen und Probleme.