Mülheim. Ein Mülheimer lieh sich einen Tesla und verscherbelte in mit falschen Papieren über Ebay. Warum er trotz weiterer Beschuldigungen milde davonkam.

Zwei Laien- und eine Berufsrichterin kamen nun beim Schöffengericht an der Georgstraße zusammen, um über die Straftaten eines gestrauchelten Unternehmers aus der Baubranche zu befinden. Dem 25-Jährigen, der von seinem Wohnsitz an der Neustadtstraße in Styrum aus ein Abbruchunternehmen geleitet hatte, wurde von Staatsanwalt Carlo Schmidt aus Duisburg vorgeworfen, Sozialversicherungsbeiträge für Mitarbeiter nicht entrichtet zu haben, dazu Erpressung, Unterschlagung und Urkundenfälschung.

Der junge Mann, der nach eigenem Bekunden aus armen Verhältnissen stammte und früh auf die schiefe Bahn geraten war, hatte ein kleines Abbruchunternehmen gegründet, in dem er unter anderem Rumänen beschäftigte. Die Sache klappte jedoch nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte, sodass er schnell wieder krumme Dinger drehte, um finanziell klarzukommen. Unter anderem blieb er rumänischen Mitarbeitern Lohn schuldig und zahlte auch die Sozialabgaben für sie nicht. Als einer von ihnen daraufhin gegen seinen ehemaligen Chef ein Zwangsvollstreckungsverfahren betrieb, erteilte er diesem den „guten“ Rat: „Mach die Pfändung von meinem Konto, sonst schicke ich dir Leute.“ Für die Juristen war dies nichts anderes als eine versuchte Erpressung.

Bautrockner und Mercedes-Transporter geliehen - und bis heute verschwunden

Es lief weiterhin nicht gut. Der Angeklagte lieh sich bei einer Verleihfirma einen Bautrockner. Mietzeit: drei Tage. Das Gerät brachte allerdings nicht mehr zurück und ist auch zwei Jahre später nicht wieder aufgetaucht. Auf die Frage von Richterin Lubenau, wo das Gerät denn geblieben sei, behauptete der Styrumer, das Gerät sei ihm selbst von einer Baustelle geklaut worden. Warum er dem Vermietunternehmen keine Meldung gemacht hatte? Die Antwort blieb er Richterin Claudia Lubenau schuldig.

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Sein nächstes Opfer war wiederum ein Mietunternehmen. Der Angeklagte mietete dort einen Personenwagen der Marke Tesla im Wert von 34.000 Euro. Die Rückgabe des Wagens war von seiner Seite aus aber offensichtlich gar nicht mehr geplant. Er besorgte gefälschte Papiere für das Auto und verkaufte es auf eigene Rechnung. Einen Käufer hatte er für die heiße Ware über Ebay Kleinanzeigen unter falschen Personalien schnell gefunden. Dabei ging ihm ein Mittäter zur Hand, auf den noch ein gesondertes Strafverfahren wartet. Auch ein Mercedes Vito-Transporter, den der Angeklagte sich auslieh, fand bis heute nicht mehr den Weg zum Verleiher zurück. Verbleib? Unbekannt!

Warum das Mülheimer Amtsgericht milde urteilte

Der Vater von zwei kleinen Kindern kam aufgrund eines Deals zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und den beiden Strafverteidigern Becker und Dr. Nassif letztlich in puncto Bestrafung noch glimpflich weg. Der vielfach und einschlägig vorbestrafte 25-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten auf Bewährung verurteilt. Staatsanwaltschaft und Gericht begründeten dies mit dem vollumfänglichen Geständnis, das man ihm im Rahmen des Deals abringen konnte.

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Dies hat der Justiz in einigen Fällen wahrscheinlich etliche weitere Verhandlungstage erspart und in anderen Fällen eine schlechte Beweislage kompensiert. So wäre es wahrscheinlich sehr schwer gewesen, die rumänischen Bauarbeiter, die nach der Abzocke durch den Angeklagten wieder in ihre Heimat zurückgekehrt waren, als Zeugen nach Mülheim zu bekommen. Auch in anderen Fällen wäre die Beweisführung nur mit beträchtlichem Aufwand möglich gewesen.

Geschädigte müssen Jahrzehnte auf die Entschädigung durch den Mülheimer warten

Absprachen zwischen den Prozessbeteiligten sind ein übliches und prozessual zulässiges Mittel, um Verfahren nicht zu Lasten der Justiz ins Uferlose zu ziehen. Dem Angeklagten wurde von den Richtern strafmildernd angerechnet, dass er einer Arbeit nachgeht, nicht von Staatsgeldern lebt und dass er sich um seine kleine Familie kümmert.

Geschenkt wurde dem Angeklagten sein Beutegewinn übrigens im Gerichtsurteil nicht. Mit Rücksicht auf die finanzielle Lage des Familienvaters, der bei einer Abbruchfirma angestellt ist und seine beiden Kleinkinder zu versorgen hat, wurde er dazu verdonnert, seine Schulden bei den Mietunternehmen in Monatsraten von 50 Euro zurückzuzahlen. Bei diesem Zahlungstempo wartet allerdings alleine der Tesla-Vermieter knapp 57 Jahre, bis sein Schaden wiedergutgemacht ist. Rein rechnerisch dürfte dann der Mercedes-Transporter im kommenden Jahrhundert abbezahlt sein.

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