Mülheim/Duisburg/Oberhausen. Kosmetikerin Alissa Gedert bietet Brandopfern Gratis-Behandlungen an. Permanent Make-up und Coverfarben machen schlimme Narben fast unsichtbar.

Das Wort „Opfer“ mag sie überhaupt nicht. Deshalb bezeichnen wir sie in diesem Artikel auch nur einmal so: Alissa Gedert ist Brandopfer. 33 Prozent ihrer Haut waren nach einem Unfall mit einem Tischkamin verbrannt. Die 27-Jährige hat sich aber nicht kleinkriegen lassen von den schweren Verletzungen, die sie sich vor drei Jahren zuzog. Sie hat ihr Schicksal schnell angenommen und lebt mittlerweile „glücklich und zufrieden“ mit den Narben, die sie davongetragen hat.

Das ist unglaublich beeindruckend – und es geht längst nicht jeder oder jedem so, der durch Flammen schlimm verletzt und gar entstellt wurde. „Ich habe Glück gehabt, meine Verletzungen sind letztendlich recht gut verheilt und ich bin seelisch stabil. Andere Menschen haben viel länger mit der Rekonstruktion der Haut und mit den Schmerzen zu kämpfen – und viele leiden auch psychisch noch sehr lange unter ihrem veränderten Aussehen“, weiß Alissa Gedert.

Betroffene hat ein Kosmetikstudio in Mülheim-Dümpten eröffnet

Deshalb möchte sie anderen Betroffenen gratis ihre Hilfe anbieten. Sie hat unterschiedlichste Kosmetikseminare absolviert, kann nicht nur wertvolle Tipps geben, wie man Narben effektiv überdecken kann, sondern möchte Brandverletzten auch mit einem Permanent Make-up zu einem schönen Erscheinungsbild und einem besseren Lebensgefühl verhelfen. Nicht mehr oder nur noch teilweise vorhandene Augenbrauen und Lippen kann sie so rekonstruieren.

„Beauty beyond scares“ (Schönheit hinter/trotz Narben) nennt sie ihre Wohltätigkeitsaktion. In ihrem neuen eigenen Kosmetikstudio „Wunderschön“ in Mülheim-Dümpten, in dem auch ganz normale Kosmetikbehandlungen angeboten werden, finden Brandopfer die einfühlsame Unterstützung einer Leidensgenossin.

Permanent Make-up im Mülheimer Kosmetikstudio von Alissa Gedert.
Permanent Make-up im Mülheimer Kosmetikstudio von Alissa Gedert. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Acht Wochen lang in Spezialabteilung für Brandverletzte in Duisburgs Unfallklinik

Alissa Gedert hat unfassbar viel durchgemacht, damals im Juni 2021. Die Stichflamme des Tischkamins verbrannte eine gesamte Körperhälfte. Bein, Arm, Brust, Dekollté, Kopf und Gesicht waren betroffen. „Ich war acht Wochen lang im Krankenhaus, in der Spezialabteilung für Brandverletzte in der Duisburger Unfallklinik (BGU). Fünf Wochen lag ich auf der Intensivstation, man hatte mich ins künstliche Koma versetzt“, schildert sie ihr Leiden.

Viele Operationen, Hauttransplantationen, musste sie überstehen. „Lange stand ich unter starken Betäubungsmitteln, um die Schmerzen aushalten zu können“, so die Verwaltungsangestellte. Nach der wochenlangen Zeit des Liegens und wegen der argen Verletzungen habe sie neu laufen, essen, sogar schlucken lernen müssen. Sie ist heute zu 60 Prozent schwerbehindert.

Mülheimer Kosmetikerin: „Plötzlich sieht an dir nichts mehr aus wie früher!“

Was das Unglück auch mit sich brachte: „Plötzlich sieht nichts an dir mehr aus wie vorher. Der ganze Körper ist anders“, so Alissa Gedert. Die Haut sei nicht nur stark verändert (und sehr rot), sondern der Körper wegen der vielen Medikamente auch aufgeschwemmt. „Ich hatte auch eine Glatze, die verbleibenden Haare waren wegrasiert worden“, erinnert sie sich. Aber ihr gesundes Naturell half ihr in der Krise.

„Sobald die Narben am Kopf einigermaßen verheilt waren, habe ich mir eine schöne Perücke gekauft“, erzählt die Oberhausenerin. Es habe sie auch nicht gestört, auf das Geschehene angesprochen zu werden. „Wenn jemand geglotzt hat, fand ich das unangenehm. Ich dachte dann immer: Frag doch einfach nach!“

„Sobald die Narben am Kopf einigermaßen verheilt waren, habe ich mir eine schöne Perücke gekauft.“

Alissa Gedert
Brandverletzte

„Fürs Schminken habe ich mich immer schon interessiert“

Auf die Familie, ihren damaligen Verlobten (und jetzigen Mann) habe sie sich in der schweren Zeit verlassen können. Und bald schon fing sie an, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie sie sich wieder schön machen könne. „Fürs Schminken habe ich mich immer schon interessiert, also hatte ich auch schnell raus, wie man die Narben gut überdecken kann“, berichtet die junge Familienmutter.

Coverfarben, stark deckende Foundation und Korrekturfarben (um die Farbe der Narben zu neutralisieren) probierte sie an sich selbst erfolgreich aus. Dann lernte sie in Fortbildungen, wie man Augenbrauen und Lippen in einer gewünschten Farbe pigmentieren kann. „Mit einer Nadelmaschine werden die Farbpigmente unter die oberste Hautschicht gebracht. Es sieht natürlich aus und hält ungefähr drei Jahre“, erklärt sie.

Die Lippen werden erst konturiert, dann werden Farbpigmente unter die oberste Hautschicht gebracht. So kann Alissa Gedert in ihrem Mülheimer Kosmetikstudio Lippen auch rekonstruieren.
Die Lippen werden erst konturiert, dann werden Farbpigmente unter die oberste Hautschicht gebracht. So kann Alissa Gedert in ihrem Mülheimer Kosmetikstudio Lippen auch rekonstruieren. © Alissa Gedert

„Der Gedanke, dass da jemand ist, an den ich mich wenden kann, kann tröstlich sein“

Mit Hilfe des Permanent Make-ups könne sie fehlende Augenbrauen und Lippen-Stücke rekonstruieren – „damit es so aussieht, wie es vorher war.“ Je zweieinhalb Stunden dauere ein Permanent Make-up für Brauen oder Lippen. Eine solche Behandlung und zusätzlich eine Nachbehandlung möchte Alissa Gedert denjenigen Menschen, die Ähnliches wie sie selbst durchgemacht haben, spendieren. Sie hat die Ärzte in der Duisburger Unfallklinik gebeten, das weiterzusagen. Auch auf Instagram bietet sie ihre Hilfe an.

Sie möchte aber auch Gesprächspartnerin für Betroffene sein, denn viele hätten wenig Kontakt zu anderen Geschädigten. „Der Gedanke, dass da jemand ist, an den ich mich wenden kann und der mich versteht, kann für viele tröstlich sein. Man weiß dann, man ist nicht alleine“, meint die – patente und optimistische – junge Frau.

Kontakt zu Alissa Gebert aufnehmen kann man unter 0173 7918704 oder wunderschoen.kosmetik@gmx.de. Informationen findet man auch auf ihrer Instagram-Seite: wunderschoen.kosmetik.makeup.

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