Mülheim. 360 Euro im Jahr verlangt Bonn für das Bewohnerparken, Berlin hingegen nur 10,20 Euro. Dreht auch Mülheim weiter an der Preisschraube?

Einen Sturm der Entrüstung hatte die letzte Erhöhung der Gebühren für Bewohnerparkausweise im Südviertel nicht ausgelöst. Vielleicht, weil es bei manchen noch nicht angekommen ist: Doch Parken für lau in der Innenstadt gehört der Vergangenheit an. Derzeit kostet das Bewohnerparken mit 150 Euro pro Jahr umgerechnet nicht mehr als ein Monatsticket auf öffentlichen Parkplätzen. Andere Städte aber ziehen nach oder erhöhen gar, um die Verkehrswende zu forcieren.

Wenn es nicht gerade die Bundeshauptstadt Berlin ist: Doch selbst hier sorgte der jüngste Beschluss von 10,20 Euro pro Jahr für Anwohnerparkausweise in der Politik für Kopfschütteln. Denn um allein die Kosten der Verwaltung zu decken, müsste er mehr als 30 Euro im Jahr kosten. Kann eine Stadt es sich leisten, teuren Parkraum so billig verfügbar zu machen?

Anwohnerparken in Mülheim: teurer als Nachbar Essen, aber andere drehen nach

Auch interessant

Für umgerechnet 2,8 Cent am Tag parkt man als Anwohner ansonsten in kaum einer anderen Stadt. In Mülheim sind es rund 41 Cent am Tag oder eben 150 Euro im Jahr. Richtig teuer etwa ist es in Bonn mit einer Jahresgebühr von 360 Euro. Die Fahrradstadt Münster zielt mit 260 Euro ebenfalls hoch. Und hier ist man noch nicht am Ende der Fahnenstange.

Denn auch die Ruhrgebietsstädte ziehen nach: Essen plant, von 30 auf 75 Euro zu erhöhen, Bochum geht von 22 auf 90 Euro. Dem Vernehmen nach will auch Dortmund an der Preisschraube für Anwohnerausweise drehen. Duisburg lässt es noch offen: Es werde ein gesamtstädtisches Mobilitätskonzept mit einer breiten Öffentlichkeitsbeteiligung erarbeitet, sagt Stadtsprecher Maximilian Böttner: „Hierbei werden alle Verkehrsarten und auch der Umgang mit dem ruhenden Verkehr – also auch das Thema Bewohnerparken – betrachtet. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich jedoch noch nicht absehen, ob und in welcher Höhe die Kosten für Anwohnerparkausweise möglicherweise angepasst werden.“ Rund 8500 Parkausweise sind hier auf 19 Bewohnerparkzonen aufgeteilt.

Dabei kommen noch andere Rechenmodelle ins Spiel: Köln will das Anwohnerparken laut Ratsbeschluss ab März 2025 nicht nur von rund 30 auf mindestens 100 Euro pro Jahr hochsetzen, sondern zusätzlich nach Länge staffeln. Ab 4,109 Meter werden 110 Euro fällig, 120 Euro zahlt, wer ein Fahrzeug mit mehr als 4,709 Metern besitzt.

Gebührenhoheit der Kommunen kann verlockend sein

Seit 2020 liegt die Gebührenhoheit für das Anwohnerparken bei den Bundesländern. Und seit die Obergrenze von 30,70 Euro pro Jahr gefallen ist, können nunmehr die Kommunen festlegen, welchen Verwaltungsaufwand und welchen wirtschaftlichen Wert etwa das Parken im öffentlichen Raum hat.

Nicht nur für klamme Kommunen kann das Drehen an den Gebühren verlockend sein. Denn öffentlicher Raum ist mehr denn je umkämpft, wenn es darum geht, mehr Grün in die oft versiegelten und überhitzten Innenstädte zu bringen. Oder wenn Klimaziele nach sich ziehen, dass Fußgänger und Fahrrad mehr Raum beanspruchen müssten, um solche Verkehrsmittel gegenüber dem Auto attraktiver zu machen.

Auto steht Mülheims ehrgeizigen Zielen bei Stadtentwicklung und Klima im Weg

Alles drei - Entsiegelung, Klimaziele und die Verkehrswende - hat sich Mülheim auch zum Ziel für die nächsten zehn Jahre gesetzt. Das von Mülheimern so liebgewonnene Auto zeigt sich dabei immer wieder als eine der größten Hürden, diese auch zu erreichen. Um mehr Platz für Grün etwa in der Innenstadt zu schaffen, will die Stadt bis 2035 rund 10.000 Parkplätze abbauen. Um Treibhausgasneutralität bis 2035 zu erreichen, müssten die Mülheimer etwa ein Fünftel ihrer Wege nicht mit dem Auto, sondern mit dem Rad oder ÖPNV zurücklegen. Oder zu Fuß gehen.

Um dahin zu kommen, muss die Stadt nicht nur sogenannte Pull-Maßnahmen entwickeln, die das alternative Angebot zum Auto verbessern. Das ist in der Verwaltung schon angekommen: Die Nutzung eines privaten Pkw müsse auch unattraktiver werden, heißt es im beschlossenen Klimaschutzkonzept. Und das beinhaltet neben der Reduzierung von Parkraum auch die Verteuerung von öffentlichen Parkplätzen und Gebühren von Bewohnerparkausweisen. Zumindest in der Theorie.

Seit 2022 hat Mülheim 450 Bewohnerparkausweise mehr im Jahr ausgestellt

270 Euro statt der heutigen 150 hatte die Verwaltung vor zwei Jahren erwogen. Das hätte womöglich stärkere Steuerungseffekte als die jetzige moderate Bepreisung, die seit Jahresbeginn gilt. Aktuell sei keine Erhöhung geplant, heißt es jedoch. Man bleibe bei der Berechnung auf Grundlage der Monatstickets für die Parkplätze an der Konrad-Adenauer-Brücke und Stadthalle.

Und wie hat sich das Bewohnerparken seit 2022 entwickelt? Eine weitere Evaluation gebe es zwar nicht, jedoch habe man seitdem 450 Bewohnerparkausweise mehr im Jahr ausgestellt. Und der Parkdruck sei weiterhin erkennbar hoch, so die Stadtverwaltung. Ob sich die Erhöhung negativ auswirke, ließe sich dagegen noch nicht erkennen. Denn viele hätten kurz vor der angekündigten Steigerung im Dezember 2023 schnell noch Ausweise erneuert.

Die Frage, ob Mülheim weiter an der Schraube drehen muss, um den Autoverkehr zu regulieren, bleibt damit weiter in der Debatte.

Mülheim und der Verkehr - lesen Sie hier weiter

Bleiben Sie in Mülheim auf dem Laufenden!

>> Alle Nachrichten aus Mülheim lesen Sie hier. +++ Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter per Mail oder Whatsapp! +++ Hier kommen Sie zu unseren Schwerpunktseiten Wohnen, Gastronomie, Handel/Einkaufen und Blaulicht. +++ Zu unserem Freizeitkalender geht es hier. Legen Sie sich doch einen Favoriten-Link an, um kein Event zu verpassen! +++ Lokale Nachrichten direkt auf dem Smartphone: Laden Sie sich unsere News-App herunter (Android-VersionApple-Version).