Mülheim. „Wir haben viertel nach zwölf“: Mülheims Evangelische Kirche steht vor harten Sparmaßnahmen. Was die Kreissynode nun beschlossen hat.

Es gilt ein riesiges Haushaltsloch zu stopfen für Mülheims Protestanten: Die sechs evangelische Kirchengemeinden müssen ab dem 1. Januar 2025 eine um insgesamt 400.000 Euro höhere Umlage an den Kirchenkreis entrichten. Das hat die Kreissynode als höchstes Entscheidungsgremium des Kirchenkreises „An der Ruhr“ jetzt bei drei Nein-Stimmen und drei Enthaltungen beschlossen.

Einstimmig billigten die Mitglieder der Synode zudem die Einrichtung einer siebenköpfigen Steuerungsgruppe, die mit externer Unterstützung bis zur Frühjahrssynode 2026 eine konkrete Finanzprognose sowie Vorschläge für kirchliche Arbeitsschwerpunkte und die Entwicklung von neuen Angeboten zur Kirchenmitgliederpflege und zur Mitgliedergewinnung vorlegen soll.

Evangelische Kirche in Mülheim hat mit einem Defizit von 850.000 Euro zu kämpfen

Mülheims Superintendent Michael Manz.
Mülheims Superintendent Michael Manz. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Die Finanzsorgen sind groß. Superintendent Michael Manz räumte ein, dass das Haushaltsdefizit des Kirchenkreises seit 2023 von 450.000 auf 850.000 Euro angewachsen sei. Seine Stellvertreterin, Gundula Zühlke, und er wiesen aber auch auf Sparmaßnahmen des Kirchenkreises hin, ohne die das Defizit jetzt gar noch um 450.000 Euro höher ausfallen würde. Manz nannte hier zum Beispiel die Auflösung des Gemeindedienstes Mission und Ökumene, den Verzicht auf eine Neubesetzung des Schulreferates, die Verwaltungskooperation mit dem Kirchenkreis Oberhausen und die Zusammenlegung der Theodor-Fliedner-Gemeinde Selbeck und der Kirchengemeinde Broich-Saarn.

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Einige der 38 anwesenden Mitglieder der Kreissynode, die aus 50 Mitgliedern besteht, kritisierten eine fehlende Tischvorlage zur Finanzentwicklung des Kirchenkreises. Dessen Geschäftsführer Christoph Niklasch wies darauf hin, dass alle Haushaltszahlen im Finanzausschuss der Kreissynode behandelt worden seien und so auch der Synode vorlägen. Ebenso wie Manz und Zühlke nannte Niklasch die Tatsache, dass in den vergangenen fünf Jahren 4000 Kirchenmitglieder gestorben oder ausgetreten seien und damit Kirchensteuereinnahmen wegbrächen. Hinzu kämen gestiegene Energie- und Personalkosten, die 90 Prozent aller Kirchenkreiskosten ausmachten.

Kritik aus Mülheim an den Sparplänen der NRW-Landesregierung

In seinem Rechenschaftsbericht hatte Superintendent Manz die Autoren der Freiburger Kirchenstudie zitiert, wonach die christlichen Kirchen bis 2045 mit einer Halbierung ihrer Mitgliedschaft zu rechnen hätten. Scharf kritisierte er die sozialpolitischen Sparpläne der schwarz-grünen Landesregierung in Höhe von 83 Millionen Euro. Diese würden auch kirchliche Träger treffen und deren soziale Funktion infrage stellen.

„Wir haben nicht mehr fünf vor zwölf, sondern viertel nach zwölf.“

Ein Synodaler
aus dem Kirchenkreis „An der Ruhr“

„Angesichts der Größenordnung der Einsparungen, die wir beschließen müssen, werden wir uns mit der Aufgabe ganzer Fachbereiche beschäftigen müssen“, stellte der Kirchmeister einer Gemeinde fest. Und ein anderer Synodaler erklärte: „Wir haben nicht mehr fünf vor zwölf, sondern viertel nach zwölf.“

Mitgliederschwund: Mülheimer Synodalin befürchtet harte Einschnitte

Abseits der Plenardebatte äußerte eine Synodalin im Gespräch mit der Lokalredaktion die Vermutung, „dass wir langfristig nur noch eine Evangelische Kirchengemeinde in Mülheim haben werden und mit dem Kirchenkreis Oberhausen fusionieren werden“. Die eigentliche Ursache des kirchlichen Mitgliederschwundes sieht sie in einem sich wechselseitig befeuernden Prozess von Individualisierung und Entsolidarisierung. „Viele Menschen“, so ihr Eindruck, „haben heute leider nur noch ihre Familie und ihr Konto im Blick.“ Was sie beschreibt, wird besonders deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass von den 193.000 Mülheimerinnen und Mülheimern des Jahres 1973 allein 105.000 Mitglied der Evangelischen Kirche waren.

Doch will Superintendent Michael Manz von dieser Herbstsynode  nicht die Botschaft ausgehen lassen, „dass die Mitarbeitenden des Kirchenkreises schlaflose Nächte haben müssen und wir den Laden nur noch zu machen.“ Dafür, so Manz, stehe er als Superintendent nicht zur Verfügung.

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