Mülheim. . Helmut Hitzbleck geht nach 40 Jahren als Pfarrer und als Superintendentin den Ruhestand. Die Kirche sieht er auf einem guten Kurs.
- Superintendent Helmut Hitzbleck sieht die Basis der Kirche im ausgeprägten ehrenamtlichen Engagement
- Aus seiner Sicht wird Kirche immer dann stark sein, wenn sie sich um Ausgegrenzte kümmert
- Sein Appell: Wir brauchen eine neue Kultur der Nachdenklichkeit und der Kommunikation
Sein Arbeitszimmer wirkt leer, aufgeräumt, von Akten keine Spur mehr. Superintendent Helmut Hitzbleck hat heute seinen letzten Arbeitstag. Fast 40 Jahre war der Mülheimer für die Evangelische Kirche als Seelsorger tätig, die vergangenen zwölf Jahre lang hatte er das Amt des Superintendenten im Kirchenkreis an der Ruhr inne. Was folgt? Mehr Zeit für die Familie, sagt er, mehr Zeit zum Wandern, ein Studium in Archäologie und Kunstgeschichte schwebt ihm vor. Er wirkt zufrieden. Sorgen um die Kirche? Nein, sagt er: „Die Kirche ist auf einem guten Weg.“ Existenzgefährdung ist für Hitzbleck kein Thema. Undenkbar.
Ehrenamtliches Engagement macht vieles möglich
Kirche habe viel anzubieten. Sie stelle sich allen großen Fragen des Alltags, biete Lebenshilfe – für alle gesellschaftlichen Gruppen. Sicher, Kirche sei geschrumpft. Es gebe immer noch reichlich Austritte, die Finanzlage sei unsicher, die Sparwellen machten Gemeinden zu schaffen. Aber, so Hitzbleck, in der Kirche habe sich auch ein sehr ausgeprägtes ehrenamtliches Engagement entwickelt, ohne das heute vieles nicht mehr möglich sei. Menschen unterstützten Kirche an vielen Orten und umgekehrt. „Entstanden ist ein sehr dichtes, tragendes Netz.“ Dieses Netz umfasse auch die Ökumene, wo der Superintendent in Mülheim enorme Fortschritte sieht. „Wir sollten auch künftig immer weniger auf das Trennende blicken, vielmehr die Schnittmengen der beiden Kirchen im Auge haben, und die sind größer, als man denkt.“
Einfacher ist auch die Arbeit für Pfarrer nicht geworden. Hitzbleck weiß, dass Kirche mehr noch als bisher für Menschen da sein muss. „Die Menschen erwarten, dass wir für sie da sind, wenn sie uns brauchen.“ Das können familiäre Ereignisse sein, Krisen, Notlagen wie plötzliche Erkrankungen, ein Pflegefall in der Familie, Arbeitslosigkeit, Einsamkeit. Die Erwartungen nehmen zu, die Anforderungen damit auch: „Früher hatte ein Pfarrer in Mülheim sich um 1800 Gemeindemitglieder zu kümmern, heute sind es 2800, vielleicht bald 3000.“
Kirche muss ihre Stimme zu Problemen erheben
Kirche wird, davon ist der Superintendent überzeugt, auch in Zukunft immer dann stark sein, wenn sie sich für Menschen einsetzt, die am Rand stehen, wenn sie für Menschen Perspektiven entwickelt, wenn sie ihre Stimme erhebt zu gesellschaftlichen Problemen. All die Stellen in der Bibel, wo Jesus sich den Menschen, die ausgegrenzt sind, zuwendet, haben für Hitzbleck denn auch eine besondere Bedeutung für den Alltag vor Ort.
In Mülheim ist Hitzbleck aufgewachsen; in Wuppertal, in Marburg und in Bonn hat er Theologie studiert. Als Vikar in der Altstadt startete er seine kirchliche Laufbahn. Was bleibt am Ende des Berufslebens hängen? „Für mich waren immer die Momente bedeutsam, wo Grenzen gesprengt und Dinge gemeinsam unternommen worden sind: das gemeinsame Pfingstfest, der Hoffnungspreis, gemeinsame Aktionen mit der Katholischen Kirche, ökumenische Friedensgebete, Kontakte in die Welt. Hitzbleck hinterlässt Spuren.
Forderung nach klaren Regeln für die Kommunikation
Seine Hoffnung? „Unsere Zeit ist geprägt von kurzen Impulsen. Durch die sozialen Netzwerke erleben wir eine Eruption in der Menschheit.“ Vieles geschehe aus dem Bauch heraus, das Nachdenkliche gehe verloren. Dabei sei es wichtig, zunächst in sich hineinzuhören, die Vielfalt zu diskutieren. Und noch eines wünschte er sich: mehr Diskretion. Nicht jede Information müsse sofort auf den Markt. „Wir brauchen wieder klare Regeln für die Kommunikation, auch um andere nicht zu verletzen“, fordert er und warnt vor einem Zerrbild der Realität durch Hektik, Schnelligkeit, Unüberlegtheit. Weniger Aufgeregtheit täte aus seiner Sicht den Menschen gut.
>>> AUFGABEN DES SUPERINTENDENTEN
Der/Die Superintendent/in ist Pfarrer oder eine Pfarrerin und wird von der Synode gewählt.
Der Amtsinhaber trägt Verantwortung für die Leitung des Kirchenkreises; er führt den Vorsitz der Kreissynode und des Kreissynodalvorstandes, und er vertritt den Kirchenkreis in der Öffentlichkeit.
Er ist verantwortlich für die Arbeit der kreiskirchlichen Einrichtungen und Dienste und sorgt dafür, dass sie im Geiste des Evangeliums geführt werden und zweckmäßig organisiert sind.
Superintendenten führen die Aufsicht über die Kirchengemeinden und Presbyterien, die Verbände und ihre Organe.