Mülheim. Was macht Mülheim lebenswert und was sorgt für Frust? Die Bundesregierung vergleicht die Zufriedenheit der Deutschen. So schneidet Mülheim ab.

Wie groß sind die regionalen Unterschiede in Deutschland und welche Auswirkungen haben unterschiedliche Lebensverhältnisse letztlich? Diese und andere Fragen soll der erste Gleichwertigkeitsbericht der Bundesregierung beantworten, den Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck jüngst vorgestellt haben. Der Bericht soll einen Überblick über die wichtigsten Maßnahmen des Bundes verschaffen und aufzeigen, welche Herausforderungen noch vor der Regierung liegen.

Nancy Faeser, Bundesministerin für Inneres und Heimat, und Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz stellten gemeinsam den Gleichwertigkeitsbericht 2024 im Haus der Bundespressekonferenz vor.
Nancy Faeser, Bundesministerin für Inneres und Heimat, und Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz stellten gemeinsam den Gleichwertigkeitsbericht 2024 im Haus der Bundespressekonferenz vor. © dpa | Kay Nietfeld

Teil des Gleichwertigkeitsberichts sind unter anderem die Ergebnisse einer Bevölkerungsumfrage, wissenschaftliche Erhebungen zu den Erfahrungen regional engagierter Menschen und der Fokus auf strukturschwache Regionen. Auf mehr als 220 Seiten sind Daten zu den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft, Infrastruktur, Klima und Umwelt zusammengetragen. Mithilfe von 38 „Gleichwertigkeitsindikatoren“ werden die Vergleiche angestellt. Zu den Indikatoren zählen unter anderem das kommunale Steueraufkommen, die Arbeitslosenquote, die Zahl der Straftaten, die Geburtenrate und Lebenserwartung, die Erreichbarkeit des nächsten Supermarkts und der Anteil der Waldfläche an der Gesamtfläche der 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland.

Laut Bericht sind im Durchschnitt 28 Prozent der Deutschen „überdurchschnittlich“, 43 Prozent „durchschnittlich zufrieden“, 28 Prozent „unterdurchschnittlich zufrieden“ mit ihrer Lebenssituation. Wie allerdings ist die Lage in Mülheim, gerade im Vergleich zu den Nachbarn?

Allgemeine Einschätzung

„Wie zufrieden sind Sie alles in allem mit Ihrer derzeitigen Lebenssituation“, lautet eine der vielen Fragen. Die Mülheimer ordnen sich mit „durchschnittlich zufrieden“ im Mittelfeld ein, ebenso die Befragten aus Duisburg, schlechter schneiden Essen und Oberhausen an. Hier sind die Menschen laut Befragung „unterdurchschnittlich zufrieden“. Im Vergleich mit anderen Regionen geben die Mülheimer auf die Frage „Lebt es sich in der Region alles in allem besser, schlechter oder genauso gut wie in anderen Regionen“ hin an, dass es sich in der Heimat seltener, also „unterdurchschnittlich oft besser“ lebt. Immerhin: Das eint die Region laut Umfragewerten.

Abstriche gibt es bei den Freizeitangeboten, hier schätzen die Mülheimerinnen und Mülheimer ihre Lage als „unterdurchschnittlich“ ein, einen Ausgleich oder zumindest Trost bietet wohl aber das offenbar „überdurchschnittliche“ Angebot an Supermärkten und Discountern in der Umgebung.

Mülheim ist eine kreisfreie Großstadt, schneidet deshalb in der Umfrage ganz anders ab als etwa ländliche Orte.
Mülheim ist eine kreisfreie Großstadt, schneidet deshalb in der Umfrage ganz anders ab als etwa ländliche Orte. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Wirtschaftliche Lage

Mit der wirtschaftlichen Situation in der Region sind die Mülheimer laut Gleichwertigkeitsbericht unterdurchschnittlich gut zufrieden. Im Gegensatz dazu ist es fast schon überraschend, dass die Mülheimerinnen und Mülheimer mit den beruflichen Perspektiven überdurchschnittlich zufrieden sind. Hier erkennen die Macher des Berichts ein Muster: „In dünn besiedelten ländlichen Regionen werden die beruflichen Perspektiven erkennbar schlechter bewertet als in den kreisfreien Großstädten.“ Immerhin gehen 72 Prozent der Befragten in kreisfreien Großstädten davon aus, dass die eigenen Kinder ihre beruflichen Pläne vor Ort umsetzen können werden.

Mit Blick auf das eigene Einkommen und die Frage, ob das Gehalt genügt, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, scheint in Mülheim Zufriedenheit zu herrschen. „Überdurchschnittlich oft, (eher) ja“ lautet die eindeutige Antwort. Befragte, die sich bereits im Ruhestand befinden, schätzen ihre Situation im Vergleich sehr viel positiver ein: 72 Prozent von ihnen beantworten die Frage, ob ihr Einkommen ausreicht, um am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, mit „ja“.

Nachbarschaft und Sicherheit

„Wie empfinden Sie den sozialen Zusammenhalt in der Nachbarschaft“, lautet eine der vielen weiteren Fragen, bei denen sich Mülheim eher negativ zeigt. „Unterdurchschnittlich gut“ lautet hier die Antwort, in Oberhausen übrigens genauso. Die Nachbarstädte Duisburg und Essen geben sich ein „durchschnittlich“.

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Zumindest scheint die Wohnumgebung nicht das Problem zu sein. Denn hier geben die Mölmschen an, sich „überdurchschnittlich sicher“ in ihrer Wohnumgebung zu fühlen. Auffallend: In Oberhausen, Duisburg und Essen gaben die Menschen hingegen an, sich „unterdurchschnittlich sicher“ zu fühlen. Laut Bericht fällt Mülheim an dieser Stelle aus dem Muster, denn: „Ein überdurchschnittliches Sicherheitsgefühl besteht demzufolge in zahlreichen Kreisen in Bayern sowie im östlichen Baden-Württemberg. Dagegen sind Großstädte – insbesondere die drei Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen – durch ein unterdurchschnittliches Sicherheitsgefühl gekennzeichnet.“

Die Schloßstraße ist immer wieder Gegenstand von Beschwerden für Mülheimern.
Die Schloßstraße ist immer wieder Gegenstand von Beschwerden für Mülheimern. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Schulen und Kitas

Wie steht es um die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren? Offenbar durchschnittlich - auch wenn die Klagen zahlreicher Eltern etwas anderes nahelegen. In Essen, Oberhausen und Duisburg sind die Befragten durch die Bank weg unzufriedener. Bundesweit stimmte nur ein knappes Viertel der Befragten (24 Prozent) der Aussage zu, dass es ausreichende Bildungs- und Betreuungsmöglichkeiten für bis unter 3-jährige Kinder gibt.

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Ebenfalls im Mittelfeld ordnen sich die Mülheimer Befragten zusammengenommen in Hinblick auf die Versorgung mit Schulen ein. Bei der Frage, wie sich das Angebot an Schulen in der Region in den letzten fünf Jahren entwickelt hat, gibt ein großer Teil der Befragten an, kaum eine Veränderung bemerkt zu haben (in Bezug auf Grundschulen 40 Prozent, in Bezug auf weiterführende Schulen 44 Prozent).

Die VKJ-Kita soll im Herbst an den Start gehen, noch sind dort Plätze frei.
Die VKJ-Kita soll im Herbst an den Start gehen, noch sind dort Plätze frei. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Medizinische Versorgung

Auch wenn man immer wieder hört, dass Menschen teils wochen- oder gar monatelang auf einen Termin beim Facharzt warten, spiegelt sich dieser Umstand in den Umfragewerten des Gleichwertigkeitsberichts nicht wider. Die medizinische Versorgung mit grundversorgenden Fachärztinnen und Fachärzten in der Region bewerten die Befragten aus Mülheim mit „überdurchschnittlich“ und folgt damit dem Trend, den das gesamte Ruhrgebiet vorgibt. Und auch für die medizinische Versorgung in Krankenhäusern der Region gibt es aus Mülheim ein „überdurchschnittlich gut“.

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ÖPNV

Der ÖPNV war in Mülheim bis zuletzt ein leidiges Thema. Nach der Umstellung des Liniennetzes samt mehrmaliger Nachbesserung gab es viele Klagen. Die Umfrage - noch vor der Umstellung erfolgt - jedenfalls attestiert eine durchschnittliche Zufriedenheit. In der Nachbarschaft schneidet lediglich Essen besser ab und das bei dem gleichen Verkehrsunternehmen.

Die Umstellung des Liniennetzes in Mülheim hatte für einigen Unmut gesorgt.
Die Umstellung des Liniennetzes in Mülheim hatte für einigen Unmut gesorgt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Klima und Umwelt

Auf die Frage „Wie bewerten Sie alles in allem den Zustand von Umwelt und Natur in Ihrer Region?“ antwortet die Mülheimer Befragtengemeinschaft mit einem „durchschnittlich“. Zum Verlgeich: Unter allen Befragten bundesweit stuft nur jeder Vierte den Zustand von Natur und Umwelt als eher schlecht (22 Prozent) oder sehr schlecht (3 Prozent) ein. Bei der Luftqualität an ihrem Wohnort vergeben die Mülheimerinnen und Mülheimer ein „unterdurchschnittlich gut“. Wenig überraschend: In den kreisfreien Großstädten wird die Luftqualität spürbar schlechter bewertet als in weniger dicht besiedelten Kreisen.

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Neben dem urbanen Stadtkern ist Mülheim vor allem für seine Naherholungsgebiete bekannt.
Neben dem urbanen Stadtkern ist Mülheim vor allem für seine Naherholungsgebiete bekannt. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

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