Mülheim. Warum eine junge Mülheimerin ohne Bezahlung als Ärztin in Südafrika operierte und wie sich dadurch ihre Arbeit im Marien-Hospital verändert hat.

„Wenn dich einmal das Reisefieber packt, gibt es kein bekanntes Heilmittel dagegen“, behauptet der Komiker Michael Palin. Katharina Quakernack würde vermutlich dagegen halten, dass Reisefieber auch absolut nicht heilungsbedürftig ist. Die junge Ärztin aus dem St.-Marien-Hospital kennt sich nämlich mit beidem aus: dem Heilen und dem Reisen.

Von November bis März war die angehende Unfallchirurgin in Südafrika, hat im weltbekannten Groote Schuur Hospital von Kapstadt viel im Operationssaal gestanden und Einblicke bekommen, die man in Mülheim nicht bekommt. „Schussverletzungen sieht man bei uns eher nicht.“ In Kapstadt dagegen gehören sie zum Alltag, genauso wie Einschusslöcher in der Wand der Notfallambulanz, Gang-Mitglieder als Geleit und Polizisten im OP.

Bezahlt wurde die Mülheimerin für ihre Arbeit nicht

„Schussverletzungen sind dort wirklich alltäglich“, sagt die 30-Jährige, die an der Universität Duisburg-Essen Medizin studiert hat und aktuell in Mülheim als Assistenzärztin arbeitet. Es sei nicht selbstverständlich gewesen, dass Dr. Marcus Jäger, Direktor der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, sie für sechs Monate ziehen ließ. „Aber er ist selbst viel gereist und hat mir sogar ein Stipendium vermittelt“, erklärt Katharina Quakernack.

Ärzte werden in Südafrika dringend gebraucht. Bezahlt wurde sie für ihre Arbeit zwar nicht. Doch die gesammelte Erfahrung sei eine enorme Bereicherung gewesen. „Ich war sofort Teil des Teams und hatte eine eigene Sprechstunde“, schildert sie. Gemeinsam mit ihr seien Kollegen aus Österreich, Kanada und England dort gewesen.

Patienten waren zum Teil 16 Stunden lang im Bus unterwegs

„Das Gesundheitssystem ist ein komplett anderes. Entweder ist man von der staatlichen Grundversorgung abhängig oder privat versichert und hat Zugang zu extrem gut ausgestatteten Privatkliniken.“ Das Groote Schuur Hospital, zugleich Uniklinik, sei von der Ausstattung her bestens gewesen, die Versorgung ebenfalls. 1967 wurde dort sogar die weltweit erste Herztransplantation durchgeführt. Problem seien vielmehr die geringe Krankenhausdichte und die Überbelegung.

Blick in den OP: Die Mülheimer Assistenzärztin Katharina Quakernack hat ihren Beruf als Unfallchirurgin in Kapstadt noch einmal von einer ganz anderen Seite kennengelernt.
Blick in den OP: Die Mülheimer Assistenzärztin Katharina Quakernack hat ihren Beruf als Unfallchirurgin in Kapstadt noch einmal von einer ganz anderen Seite kennengelernt. © Privat | Katharina Quakernack

„Die Patienten sind bis zu 16 Stunden im Bus unterwegs, um zur Klinik zu kommen, zum Teil schwerkranke Menschen.“ Wegen der geringen Kapazitäten würden die Patienten deutlich früher wieder entlassen werden als in Deutschland. „Selbst Menschen mit komplizierten Frakturen wurden einen Tag nach der Operation wieder nach Hause geschickt.“ Eine weitere Herausfoorderung: „80 Prozent der Patienten sind an HIV oder Hepatitis erkrankt.“

Einen Überfall wehrte sie gekonnt ab

Katharina Quakernack, die ursprünglich aus Bielefeld stammt, war nicht zum ersten Mal in Südafrika. Bereits ihr Praktisches Jahr als Ärztin hat sie in Kapstadt und in Zürich verbracht. „Südafrika ist ungeheuer faszinierend. Ich habe dort Pinguine, Robben, weiße Haie und Orcas gesehen. Das Naturerlebnis ist atemberaubend“, sagt die 30-Jährige, die dort gern wandern gegangen ist.

Ein Bild wie aus einem Reisekatalog: Kapstadts Strände.
Ein Bild wie aus einem Reisekatalog: Kapstadts Strände. © Privat | Katharina Quakernack

Doch es gab auch eine Kehrseite. „Ich konnte sehr gut sehen, wie sich das Land durch Corona verändert hat. Inzwischen gibt es im Zentrum Obdachlosen-Camps und viele der kleinen Shops sind geschlossen.“ Katharina Quakernack war erst kurze Zeit in Kapstadt, als ihr ein Mann beim Überqueren der Straße die Kette vom Hals riss. „Mein Freund ist Polizist und hatte mir vorher ein paar Selbstverteidigungsgriffe gezeigt. Ich weiß nicht, wie es genau passierte, aber ich drehte ihm reflexhaft die Hand um und er war so erstaunt, dass er die Kette losließ und wegrannte.“

Für die junge Ärztin steht fest: Sie kommt wieder

Danach habe sie verstanden, warum man selbst kurze Strecken mit dem Auto fahren und keine Wertgegenstände bei sich tragen sollte. Später zog sie in eine andere Wohngegend mit weniger Kriminalität um.

Die Pinguin-Kolonie am Boulders Beach ist ein beliebtes Ausflugsziel. Das Naturerlebnis sei atemberaubend gewesen, sagt Katharina Quakernack.
Die Pinguin-Kolonie am Boulders Beach ist ein beliebtes Ausflugsziel. Das Naturerlebnis sei atemberaubend gewesen, sagt Katharina Quakernack. © Privat | Katharina Quakernack

Die Herausforderungen in Südafrika, die Erfahrungen in der Ambulanz und die hohe Verantwortung haben sie geprägt. Zurück in Deutschland bat sie darum, ein Jahr lang nur als Notärztin eingesetzt zu werden. „Es ist eine Herausforderung, die Erstversorgung, die Zusammenarbeit mit der Feuerwehr.“ Im März kommenden Jahres kehrt sie dann in die Unfallchirurgie zurück. Im Jahr darauf will sie den Abschluss zur Fachärztin machen.

Und dann? „Australien reizt mich, die USA kann ich mir aber auch vorstellen.“ Aber auch Südafrika wird ihr eine Herzensangelegenheit bleiben. Katharina Quakernack hat sich dort inzwischen eine Wohnung gekauft.

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