Mülheim. Die beiden evangelischen Gemeinden in Mülheim starten gemeinsam in die Zukunft. Welche Ziele stecken dahinter, was bedeutet es für Mitglieder?
Einen Namen gibt es schon, die neue Großgemeinde, die 2026 offiziell in Betrieb gehen soll, wird „Evangelische Brückengemeinde Mülheim“ heißen. Das klingt logisch, fusionieren doch die Vereinte Ev. Kirchengemeinde (VEK) rechts der Ruhr und die Ev. Gemeinde Broich/Saarn links der Ruhr. Ein neues Gemeinde-Siegel ist auch schon entworfen: Es zeigt die Mendener Bücke, die Menden mit Saarn verbindet.
Erste Überlegungen zu einem Zusammenschluss gab es bereits 2022, es folgten mehrere Sondierungsgespräche im kleinen Kreis. Mittlerweile habe beide Presbyterien einstimmig den Beschluss gefasst, dass die beiden – recht gesunden – Gemeinden miteinander verschmelzen sollen. Was nicht heißt, dass es große Einschnitte geben wird. „Kürzungen bei den Pfarrstellen und die Aufgabe von Standorten sind nicht vorgesehen“, versichern Pfarrerin Kerstin Ulrich (Broich/Saarn) und Pfarrer Dietrich Sonnenberger (VEK). Die neue Gemeinde wird über vier Kirchen und Gemeindehäuser (Petrikirche in der Altstadt, Pauluskirche in Holthausen, Kirche an der Wilhelminenstraße in Broich, Dorfkirche in Saarn) und fünf Pfarrstellen zuzüglich einer Diakonstelle verfügen.
Ev. Gemeinden in Mülheim verlieren weiter Mitglieder
Warum dann die Fusion? „Es ist schon so, dass die Zahl der Gemeindemitglieder zurückgeht, aktuell sogar deutlicher als bisher. Die VEK hat momentan rund 7.700 Mitglieder. Das Kirchensteueraufkommen ist also auch geringer geworden“, sagt Dietrich Sonnenberger und ergänzt: „Die Idee, dass sich einige Gemeinden zu größeren Einheiten zusammenschließen, ist im Kirchenkreis an der Ruhr daher schon länger im Schwange. Unsere Auffassung ist: Als große Gemeinde sind wir sichtbarer für die Menschen und handlungsfähiger als zwei kleine Gemeinden.“
„Der Zusammenschluss erfolgt auf Augenhöhe. Wir sind beide wirtschafltich noch gut gestellt, können unsere Angebote aufrechterhalten“, erklärt Kerstin Ulrich. Bis zum Vollzug der Fusion in 2026 werde man nun unter Einbeziehung von Preybyterien, Arbeitsgruppen und Netzwerken prüfen, wo Kräfte gebündelt werden können und Veränderungen Sinn machen.
Mülheimer Gemeinde testet Gottesdienst im Espresso-Format
Viele Fragen gelte es zu klären: Sind Strukturen kompatibel? Wo lassen sich Doppelstrukturen vermeiden? Passen die Pfarrerinnen und Pfarrer zueinander? Unterscheidet sich Gottesdienstarbeit voneinander? Kann man die Jugendarbeit vernetzen? Wie ist Gemeindearbeit organisiert? Welchen Stil pflegt man in der Gemeinde? Welche Profile habe die einzelnen Kirchen (zum Beispiel Kirchenmusik oder Familiengottesdienste)? Kerstin Ulrich gibt ein einfaches Beispiel für kleine Modernisierungen: „In der Dorfkirche in Saarn gab es bisher den klassischen Sonntagsgottesdienst, dort haben wir das Format Espresso-Gottesdienst hinzugefügt, das kommt gut an.“ (30 Minuten Gottesdienst, anschließend: Kaffee- oder Teespezialitäten und Gespräch)
Wichtig sei es, gemeinsam zu klären, welche Bedarfe es bei den Gemeindemitgliedern gibt – und bei jenen, die man bisher nicht erreicht. „Wir müssen uns fragen: Wie werden wir relevant für die Menschen? Welche Projekte könnten sie ansprechen? Können wir zu den Leuten gehen statt sie zu uns zu holen? Welche Rolle wollen wir in der Stadt spielen?“, so Pfarrerin und Pfarrer. Hinter allem stehe natürlich die grundsätzliche Überlegung, was theologisch vermittelt werden soll.
„Wenn wir Neues anfangen, müssen wir auch Altes aufgeben“
„Bis 2026 bleibt noch viel Zeit zum Überlegen. Sicher ist: Wenn wir Neues anfangen, müssen wir auch Altes aufgeben“, sagt Kerstin Ulrich. Manche Angebote seien aber ohnehin nur noch wenig gefragt. Es könne für alle ein spannender Prozess sein, zukünftige Angebote zu entwickeln. Und der Zeitpunkt sei genau der Richtige. „Jetzt können wir proaktiv sein, weil wir noch die Mittel haben, um zu gestalten. Wir sind ganz motiviert“, so Sonnenberger.
Auch interessant
Optimistisch könne man auch deshalb sein, weil vorangegangene Fusionen gut verlaufen sind. Broich und Saarn gingen 2011 zusammen. Die VEK enstand 2006 durch einen Zusammenschluss der Gemeinden Altstadt, Holthausen, Menden/Raadt. „Damals war es schwieriger, einige Kirchen und Gemeindehäuser wurden aufgegeben, es gab Personalkürzungen. Die Menschen waren emotional schwer getroffen“, erinnert sich Dietrich Sonnenberger. Letztlich habe sich aber mit der Zeit alles gut eingespielt. Die Nachricht von der nun geplanten Fusion sei von den Gemeindemitgliedern „recht entspannt“ aufgenommen worden.
Mülheimer Pfarrerinnen und Pfarrer praktizieren „Kanzeltausch“
Die Fusion sei ein offener Prozess, sie entwickle sich mit der Zeit, jeder könne dazu beitragen. Erste Annäherungen sind geplant oder finden bereits statt. So soll es beispielsweise eine erste gemeinsame Jugendfreizeit geben. Praktiziert wird auch schon der sogenannte „Kanzeltausch“. Die Pastoralteams aus Saarn/Broich halten Predigt in einer Kirche der VEK und umgekehrt.
In Mülheim wird es nach dem Zusammenschluss noch fünf evangelische Gemeinden geben – neben der neuen Brückengemeinde noch die Gemeinden in Heißen, Speldorf, Winkhausen und Dümpten/Styrum.
Mehr zur Evangelischen Kirche in Mülheim:
- Kirchenkreis Mülheim: Verwaltung fusioniert mit Oberhausen
- Vereinte Evangelische Kirche trennt sich von fünf Einrichtungen
- Neue Pfarrerin verstärkt das Team der VEK
- Youtube-Erfolg: Mülheims Petrikirche streamt Gottesdienste
- Mülheimer Fliedner-Dorf gehört künftig zur Gemeinde Broich-Saarn
- Neue Pfarrerin für die Gemeinde Broich-Saarn
- Mülheims neuer Superintendent: „Unruhestifter“ im guten Sinn
Bleiben Sie in Mülheim auf dem Laufenden!
>> Alle Nachrichten aus Mülheim lesen Sie hier. +++ Abonnieren Sie kostenlos unseren Newsletter per Mail oder Whatsapp! +++ Hier kommen Sie zu unseren Schwerpunktseiten Wohnen, Gastronomie, Handel/Einkaufen und Blaulicht. +++ Zu unserem Freizeitkalender geht es hier. Legen Sie sich doch einen Favoriten-Link an, um kein Event zu verpassen! +++ Lokale Nachrichten direkt auf dem Smartphone: Laden Sie sich unsere News-App herunter (Android-Version, Apple-Version).