Moers. Nicht alle in Moers feiern Weihnachten. Wie ist es, in Deutschland sozialisiert zu werden und eines der wichtigsten Feste nicht zu feiern?
Die Weihnachtszeit steht für Familie, Freunde, Liebe und Geschenke. Während 48,8 Prozent der Moerser sich zum Christentum bekennen, gibt es auch viele andere Religionen in der Stadt, wie zum Beispiel Muslime, Aleviten oder Sikhs. Wie verbringen diese Menschen Weihnachten?
Esra ist 24 Jahre alt und in Deutschland geboren. Als gläubige Muslima erlebt sie die Weihnachtstage anders als die meisten Menschen in Deutschland. Ihre Eltern sind im Gegensatz zu ihr in der Türkei geboren und können mit Weihnachten nicht viel anfangen. Esra wurde aber in einem christlichen Land sozialisiert und blickt daher anders als ihre Eltern auf das Thema.
„Als Kind wollte ich immer Weihnachten feiern“
Als Person, die kein Weihnachten feiert, können die Weihnachtstage für Esra manchmal nervig sein: „Alles hat zu und alle sind weg. Es ist immer viel zu ruhig“, beklagt Esra. Trotzdem ist sie dankbar, dass den Menschen Zeit gegeben wird, sich auszuruhen und mit ihren Familien beisammen zu sein. Esra nutzt die Tage selbst, um sich mit ihren Freundinnen zu treffen und sich von der Universität zu erholen.
„Als Kind wollte ich immer Weihnachten feiern“, gesteht Esra. Wer in Deutschland aufwachse, könne sich laut Esra dem Fest gar nicht entziehen: Im Fernsehen, im Radio, auf Plakaten und im Supermarkt – Weihnachten ist überall. Esra wollte früher immer Geschenke an Weihnachten, doch ihre Eltern sahen keinen Anlass: „Ich kann meine Eltern verstehen, sie sind mit anderen Festen aufgewachsen“, sagt Esra. Trotzdem gesteht sie, dass sie auf dem Schulhof früher eifersüchtig und traurig war, wenn sie nicht mit den anderen Kindern mitreden konnte.
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Wenn Moers an Weihnachten leuchtet
„Jede Religion, jede Kultur hat seine eigenen Feste“, weiß Esra heute. Sie findet Weinachten aber immer noch besonders. Als eine Person, die leidenschaftlich dekoriert, findet sie insbesondere die Weihnachtsdekorationen schön: „Ich liebe die Kreativität und Leidenschaft der Menschen, ihre Häuser zu schmücken“. Die Lichter passen laut Esra gut zur kalten Jahreszeit. Seit sie ein Kind ist möchte sie außerdem einen Weihnachtsbaum haben, doch solange sie noch mit ihren Eltern lebt, ist dieser Wunsch unrealistisch.
„Als Kind wollte ich immer Weihnachten feiern.“
Je älter Esra geworden ist, desto weniger hat sie das Thema Weihnachten berührt: „Es ist ein wenig wie Geburtstage: Als Kind findest man sie super, irgendwann flacht das aber ab“. Viele christliche Freunde haben ihr außerdem berichtet, dass Weihnachten mit der Familie ziemlich anstrengend sein kann: „Zu viele Kinder, die schreien, der eine Onkel, der mit seinen Aussagen alle verlegen macht und so weiter“. Das alles kennt Esra auch von ihren eigenen Festen und kann daher ihre Freunde gut verstehen.
Weihnachten in Moers: „Unsere Eltern konnten das nicht nachvollziehen“
Für Esra ist klar, dass ihre eigenen Kinder später Weihnachten feiern können. „Natürlich habe auch ich Lust auf Weihnachtsbäume, gutes Essen und Geschenke“, sagt Esra. Doch vor allem für Kinder hat Weihnachten einen anderen Wert, insbesondere wenn sie in Deutschland geboren sind und aufwachsen: „Unsere Eltern konnten das nicht nachvollziehen, aber mit meiner Generation ändert sich das“, erklärt Esra.
Sie möchte ihren Kindern später diese Erfahrung nicht vorenthalten. Es ist laut Esra immer besser, eine Sache selbst zu erleben und zu bewerten, statt zum Beispiel Weihnachten nur als außenstehende Person wahrzunehmen: „Vielleicht finden sie Weihnachten superlangweilig, vielleicht aber supercool. Deshalb müssen sie es aber zunächst selbst erleben“.
„Unsere Eltern konnten das nicht nachvollziehen, aber mit meiner Generation ändert sich das“
Mit Weihnachten Grenzen durchbrechen
Für die Eltern von Esra ist Weihnachten ein Fest, welches nur in Filmen existiert. „Wenn unsere Eltern zu einem Weihnachtsessen eingeladen worden wären, dann würden sie das Fest besser verstehen“, überlegt Esra. Für Esra sind gemeinsame Feste eine Möglichkeit, Grenzen zu durchbrechen. Sie selbst freue sich immer, wenn nicht-Muslime zu einem Fastenbrechen an Ramadan kommen: „Gemeinsam an einem Tisch sitzen und essen, Religion hin oder her“.
Deshalb will Esra später ihre Eltern zu Weihnachten einladen. Sie hofft, ihren Eltern eine Welt zu zeigen, die ihnen bisher verborgen war. Es wäre laut Esra dann kein Fest mit religiösem Bezug, sondern leuchtender Dekorationen, leckerem Essen und schönen Geschenken - „und seien wir mal ehrlich, wer kann zu leckerem Essen ‚Nein‘ sagen?“
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