Moers. Vor dem Moerser Schloss gibt es ein Dutzend Stände mit alter Handwerkskunst. Und es locken ungewöhnliche Mitmachaktionen - vor allem für Kinder.

Freitag Mittag vor dem Moerser Schloss: Der „pestkranke Bettler“ zieht schon seine Runden. Der Gitarrist spielt sich für den Abend in der Taverne warm. Das kleine Kettenkarussell steht noch still, am Armbrust-Schießstand herrscht Ruhe, die Kegel stehen noch alle Neune gerade, und in der Kinderschmiede ist noch nicht mal das Feuer an. Die beiden Fotostationen mit Rentierschlitten und Herrscherthron sind noch verwaist. Auch die schwere Ritterrüstung will noch niemand anprobieren. In der Specksteinschleiferei ist ebenfalls noch nichts los. Klar, die Kinder, an die sich viele dieser Angebote richten, saßen bis eben in der Schule.

Die Aussteller an dem guten Dutzend Buden kommen nach und nach langsam in die Gänge. Das ist eben ein Erfahrungswert. Ab dem Nachmittag wird es erst voller. Und Samstag und Sonntag sowieso. Das war im vergangenen Jahr auch so.

Workshop Nadelbinden mit akademischem Hintergrund

Nur bei Anna Matussek ist schon Betrieb. Melanie Patrick aus Moers hatte sich gestern bei ihr zu einem Nadelbinden-Workshop angemeldet. Mitmachen kann man aber auch spontan: „Solange hier Platz ist und noch eine Nadel frei.“ Nadelbinden ist so etwas wie die Urform von Stricken oder Häkeln, erklärt sie. Bei der studierten Historikerin gibt es spannende Mittelalter-Infos mit akademischem Hintergrund und Humor. Matussek ist neu in der Runde der Aussteller: „Ich finde die Ecke hier nett. Und Moers ist ganz süß“, sagt die Düsseldorferin. Wer so gar keine Lust auf Gedränge und Geschiebe hat und einfach mal was anderes sehen will, als Glühweinstand und Bratwurst, könnte auf diesem kleinen Markt auf seine Kosten kommen.

„Ich finde die Ecke hier nett. Und Moers ist ganz süß“

Anna Matussek
macht erstmals beim Moerser Mittelaltermarkt mit

Ulrike Bitterlich-Nietsch sitzt entspannt in dem Zelt, in dem sie als Ars Westfalica und Michael Viethen als Michas Hökerei Wollsachen und Spielzeug anbieten. Und sie ist fast sicher: Das Brautpaar, das vorhin herübergerufen hat: „Wir kommen morgen“, wird erscheinen.

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Neben der handgestrickten Kleidung bietet das Duo auch Spielsachen und Jonglierbedarf an: „Das Schöne ist, hier kann man die Sachen testen und anspielen.“ Da wäre etwa ein magnetischer Kreisel, der angepustet wird statt angedreht. Oder eine lustige Schnapp-Schildkröte. Und Vogelpfeifen. Wer keine Ahnung vom Jonglieren hat, wird gern angelernt. Bezahlen kann man hier mit der „magischen Karte“. Michael Viethen hat auch „mittelalterliche Gewandung für den Recken“ im Angebot. „Wenn das Wetter so bleibt, dann wird das schon“, blickt er frohen Mutes auf die nächsten Tage.

Der Schmied John Robbin Riechert ordnet seine Ware auf dem Tisch. An Nachmittagen schmiedet er auch Ort.
Der Schmied John Robbin Riechert ordnet seine Ware auf dem Tisch. An Nachmittagen schmiedet er auch Ort. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Nebenan heizt John Robbin Riechert langsam seine Dohlenschmiede an. Die erste Kundin ist auch schon da: „Dieses Angebot ist einzigartig. Das habe ich so noch nie gesehen“, schwärmt sie. Sie ist heute gezielt hergekommen, weil sie auf die schmiedeeiseren Accessoires wie Anhänger, Haarspangen und anderes in den sozialen Netzwerken aufmerksam geworden ist. Für den Schmied im mittelalterlichen Wams ist das hier so etwas wie ein Heimspiel. Er kommt aus Rheinhausen.

Ja, dieser Markt ist nicht optimal aufgebaut, findet eher. Wie schön wäre es doch, wenn die Stände in einem Quadrat gebaut werden könnten: „Da hätte auch die Taverne was davon. So aber laufen die Leute vorbei und weg.“ Es gibt halt allerhand Zwänge an diesem Ort direkt vor dem Moerser Schloss. Hier muss die Feuerwehr durchkommen, das Theater soll in Ruhe seine Vorstellungen machen und die Wiese am Pulverhäuschen möglichst unbeschädigt bleiben. Das mache es schwer, anzuliefern oder Dinge auf Vorrat zu lagern. „Immerhin gibt es in diesem Jahr zwei Stände mehr“, freut sich Riechert. Er hofft, dass der Markt in den kommenden Jahren noch wachsen wird.

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Das hofft auch Hartmut Wächter, der den Markt für Moers Marketing organisiert: Wir arbeiten uns voran, peu à peu. Aber das ist schwierig geworden, vor allem beim Kunsthandwerk. Die Leute wollen gucken, aber kaufen nicht mehr“, ist seine Erfahrung. Viele Händler hätten deshalb in den letzten Jahren aufgehört. Deshalb setze er nun auf die Mitmach-Aktionen und -seminare. Und Unterhaltung. „Ich bin hier morgen und übermorgen mit der Handpuppe auf dem Markt unterwegs. Es macht Spaß zu sehen, dass Kinder irgendwann nur noch die Puppe sehen, aber nicht mehr den Menschen dahinter.“ Er hebt hervor: „Wir sind keine Konkurrenz zu vorne“, sagt Wächter mit Blick auf den benachbarten Weihnachtsmarkt. Deshalb gibt es neben dem Glühwein auch Glühbier und das Fleisch vom Grill ist Wildfleisch. Nur Gedränge gibt es nicht.

Geöffnet am Samstag, 30. November, 12 bis 22 Uhr, Sonntag, 1. Dezember, 12 bis 20 Uhr.