Herne. 2004, also vor mehr als 20 Jahren, ist der legendäre Herner Ölkonig Erhard Goldbach gestorben. Doch es finden sich bis heute erstaunliche Spuren.

„Es ist bis heute der größte deutsche Steuerskandal. Niemand hat den Staat um mehr Geld betrogen, niemand saß für ein Wirtschaftsverbrechen länger im Knast; und es ist einfach die größte Herner Geschichte überhaupt.“ Das sagt der Herner Stadthistoriker Ralf Piorr über den sagenhaften Aufstieg und Fall des Wanne-Eickeler Ölkönigs Erhard Goldbach. Der Herner Anwalt Wolfgang Bruch ist noch im vergangenen Jahr auf ein ungewöhnliches Vermächtnis von Goldbach gestoßen.

Mindestens 360 Millionen Mark Steuern hinterzogen

Zur Erinnerung: Goldbach schuf aus einer einzigen freien Tankstelle an der Heerstraße in Herne ein ganzes Tankstellen-Imperium. Ende der 70er-Jahre gab es mehr als 260 Standorte unter dem Namen „Goldin“. Doch das System - die Preise der großen Mineralölkonzerne immer um ein paar Pfennige zu unterbieten - war nicht wirtschaftlich. Durch eine unangekündigte Steuerprüfung 1979 offenbarte sich ein kriminelles System mit unversteuertem Benzin, fingierten Belegen und Schwarzgeld. Goldbach tauchte unter, wurde jedoch gefasst und zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Man schätzt, dass er mindestens 360 Millionen Mark Steuern hinterzogen hat. Nach neun Jahren wurde Goldbach aus der Haft entlassen, 2004 starb er.

Wolfgang Bruch Herne
Der Herner Wolfgang Bruch ist in einer Grundbuch-Angelegenheit auf den Namen Erhard Goldbach gestoßen. © WAZ | Tobias Bolsmann

Als junger Jurastudent verfolgte auch der Herner Anwalt Wolfgang Bruch den Aufsehen erregenden Prozess gegen Goldbach. Und fiel nun fast vom Stuhl, als er im vergangenen Jahr in seiner Eigenschaft als Notar wieder auf den Namen Goldbach stieß. Und das kam so:

Goldbach hatte 1976 für ein Grundstück ein Vorkaufsrecht ins Grundbuch eintragen lassen

Er habe von einem Anwohner an der Heerstraße als Notar den Auftrag erhalten, den beabsichtigten Grundstücksverkauf zu begleiten. Doch der Mandant habe beim Blick ins Grundbuch nicht schlecht gestaunt: Dort tauchte der Name Erhard Goldbach auf. Der Ölkönig hatte sich 1976, also vor inzwischen fast 50 Jahren und zur boomenden Zeit seines Imperiums, ein Vorkaufsrecht für dieses Grundstück gesichert. Da der Anwohner wusste, dass Wolfgang Bruch sich mit Stadthistorie gut auskennt, habe er den Herner Anwalt kontaktiert.

„Ich war selbst überrascht, als ich das gesehen habe“, erzählt Bruch im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Und es habe sich die Frage gestellt: Wie geht man damit um? Der Eintrag könnte nämlich zu einem Problem beim Grundstücksverkauf werden. Der Grund: Goldbachs Erben könnten Anspruch auf dieses Vorkaufsrecht erheben. Was Bruch wusste: Goldbach war verheiratet, doch dessen Ehefrau hatte das Erbe ausgeschlagen. Doch nach Bruchs Kenntnis hatten Goldbachs auch drei Kinder.

+++ Wollen Sie keine Nachrichten mehr aus Herne verpassen? Dann abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Newsletter! +++

Doch es dürfte äußerst schwierig sein, sie ausfindig zu machen. Man kann unterstellen, dass sie an einem unbekannten Ort unerkannt leben und nicht mehr mit dem Namen Goldbach in Verbindung gebracht werden wollen.

Bruch und sein Mandant lösten das Problem auf andere Weise. Der Grundstückseigentümer beschaffte in Plauen Goldbachs Sterbeurkunde, und damit beantragte Bruch die Löschung des Vorkaufsrecht beim Amtsgericht - und das stimmte der Löschung zu. Doch Wolfgang Bruch will nicht ausschließen, dass der Name Goldbach noch woanders auftaucht.

+++ Nachrichten aus Herne. Lesen Sie auch +++