Herne. Der Herner Kegelclub „Auf die Damen“ löst sich nach 59 Jahren auf: Der Nachwuchs fehlt. Am letzten Kegelabend herrscht Wehmut - und Stolz.

Aus und vorbei: Der Herner Kegelclub „Auf die Damen“, 1965 von zehn Mitarbeitern der Sparkasse Wanne-Eickel gegründet, macht Schluss. Grund: Nachwuchsmangel. Nur noch sechs Männer sind übrig - zu wenig. Zum Jahresende nun räumten die Kegelbrüder die Bahn in der Gaststätte Bergschlösschen in Herne-Süd. Das ist ein Moment voller Wehmut, aber auch mit Stolz auf das gemeinsam Erlebte.

Der Kegelclub begann vor 59 Jahren mit einem klaren Ziel: einmal wöchentlich zusammenzukommen, um die Woche feucht-fröhlich mit Spiel und Geselligkeit einzuläuten. Deshalb sei der Montag gewählt worden. Später wechselte der Rhythmus auf alle zwei Wochen, doch das Prinzip sei gleichgeblieben. Seit der Gründung habe es etwa 1500 Kegelabende gegeben, sagen die Kegelbrüder.

Herner Gründungsmitglied: „Man wusste nie, wer gewinnen wird“

Kegelclub
Das waren noch Zeiten: die Männer vom Kegelclub „Auf die Damen“ in den 1970er Jahren. © WAZ | Privat

Nun ist der letzte Montag da. Der Name „Auf die Damen“ gehe auf die kegelspezifischen „Damen“-Pins zurück, die bei jedem Spiel besonders ins Visier genommen wurden, erklärt das jüngste Mitglied Christoph Berens (59). Während er noch einmal die Punkte in das Kegelbuch einträgt, sagt Berens’ Schwiegervater Friedrich Lengenfeld: „Der Kegelclub war von Anfang an ein reiner Männerclub“ – ein deutlicher Gegensatz zum Namen des Clubs. Im Laufe der Jahrzehnte habe die Gruppe rund zehn Mal die Spielstätte gewechselt, bevor sie schließlich im Bergschlösschen eine Heimat fand. Dabei, so Lengenfeld, sei der Kreis der Mitstreiter stets überschaubar geblieben: „Es gab nie mehr als zehn Mitglieder.“ 

Lengenfeld, 83 Jahre alt, ist Gründungsmitglied. Er beschreibt den Club als tolerant und gesellig. Lange sei er einer der aktivsten Spieler gewesen, doch aufgrund einer Entzündung im Arm trage er seit einem halben Jahr nur noch die Punkte in das Kegelbuch ein. Also sind auch am letzten Tag eigentlich nur noch fünf Kegelbrüder im Einsatz. Lengenfeld erinnert sich besonders gerne an die gemeinsamen Reisen und die unvorhersehbaren Spiele: „Man wusste nie, wer gewinnen wird.“

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Zum Schluss zählt der Kegelclub noch sechs Mitglieder im Alter von 59 bis 83 Jahren. Zwei Gründungsmitglieder seien mittlerweile verstorben. Andere Mitglieder hätten den Club verlassen, darunter ein Gründungsmitglied, Werner Bartsch, das seit 30 Jahren aus Ratingen angereist sei und sich die Fahrten aufgrund von Staus und Baustellen zuletzt nicht mehr habe zumuten wollen. Der Verlust dieser langjährigen Mitglieder habe den Club verändert.

Das Spiel folgt stets einem festen Ablauf. Nach einer Aufwärmpartie wird die Königspartie mit neun Durchgängen gespielt, gefolgt vom Mannschaftsrennen. Ziel ist es, möglichst 60 Punkte zu erreichen – ein Erfolg, der nicht jedem gelungen sei. Für den Gewinner wartet der „goldene Kegel“ als Auszeichnung, während der Verlierer mit dem „hölzernen Kegel“ bedacht wird. Wer dreimal hintereinander gewinnt, darf sich über den kleinen Kegel freuen – ein begehrtes Ziel. Um stets vorbereitet zu sein, kaufte Lengenfeld die kleinen Pokale im Voraus in einem Geschäft für Pokale.

Höhepunkt des Clublebens waren die jährlichen Ausflüge

Letzter Abend des Kegelclubs
Wegen einer Entzündung konnte Gründungsmitglied Friedrich Lengenfeld nicht mehr mitkegeln. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Die schlechtesten Werfer hätten immer einen Centbetrag für die Clubklasse zahlen müssen, was für zusätzlichen Ansporn gesorgt habe. Beim Kegeln sitzen die Männer in geselliger Runde bei einem Getränk zusammen – in der Regel bei Pils (oder alkoholfreien Getränken). Gelegentlich seien auch Pommes und Currywurst serviert worden, die das gemütliche Beisammensein noch weiter bereichert hätten. In den letzten Jahren habe „Jungspund“ Christoph Berens (59) das Spiel dominiert. Er ist seit 20 Jahren dabei und gewinnt jetzt auch auch die letzte Partie zum Jahresende. Damit verdient er sich auch den letzten kleinen Kegel für seine Sammlung.

Neben den Spielen seien die jährlichen Kegelausflüge ein Höhepunkt des Clublebens gewesen, sagen die Mitglieder am letzten Abend. Die Reiseziele: Städtetrips nach London, Paris oder Wien bis zu Vergnügungstouren an die Mosel oder Mallorca. Früher seien die Mitglieder regelmäßig geflogen, oft freitags nach der Arbeit, um bis Sonntagabend zurück zu sein. Doch wegen steigender Flugkosten und des Zeitaufwands habe man zuletzt Kleinbusse gemietet. Ausflüge seien stets Herrentouren geblieben.

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1986 ging der Jahresausflug der Kegelbrüder nach Mallorca. © WAZ | Privat

Der Nachwuchsmangel habe dem Club jedoch immer mehr zugesetzt. Versuche, neue Mitglieder zu gewinnen – etwa über Flyer in der Gaststätte oder Anzeigen in Zeitungen – seien gescheitert. Einmal habe ein Polizist mitgekegelt, doch er habe aufgrund seiner Schichtarbeit wieder aufhören müssen. Christoph Berens erklärt, dass viele Menschen heute kein Interesse mehr hätten, sich regelmäßig und verbindlich zu treffen: „Jugendliche unternehmen alles spontan, ein Kegelclub ist eher etwas Verpflichtendes.“ Auch die Geldspiele beim Kegeln hätten manchen abgeschreckt.

Am Ende sei entschieden worden, die regelmäßigen Treffen einzustellen. Dennoch will sich die Gemeinschaft ein Hintertürchen offen: Sie alle planten, sich ab und zu weiterhin zu treffen, wenn es die Zeit erlaube. Zum Kegeln, versteht sich.