Herne/Bochum. Ein Herner (20) schlägt einem Familienvater auf der Cranger Kirmes ein Glas ins Gesicht. Das Opfer leidet bis heute. Vor Gericht wird es laut.

Fast zweieinhalb Jahre nach einer folgenschweren Gewaltattacke in einem Biergarten auf der Cranger Kirmes ist ein Herner zu einer dreiwöchigen Arreststrafe verurteilt worden. Der 20-Jährige hatte vor dem Bochumer Jugendschöffengericht zugegeben, einem Kirmesbesucher ein Bierglas ins Gesicht geschlagen zu haben. Das Opfer, ein Familienvater aus Gelsenkirchen, leidet bis heute.

Richterin Kerstin Roter sprach in der Urteilsbegründung von einer „Spontantat“. Auch wenn die Gewalttat vom 5. August 2022 bereits einige Zeit zurückliege: Um dem zur Tatzeit 18 Jahre alten Herner klarzumachen, „was für eine negative Lebensentwicklung er durch seine Kurzschlusshandlung in Gang gesetzt hat“, sei die Verhängung eines Dauerarrestes unerlässlich. Obendrein muss der junge Bauarbeiter laut Urteil 60 unentgeltliche soziale Arbeitsstunden ableisten.

Herner Täter will kein Schmerzensgeld zahlen

Gab es am Riesenrad eine zweite Attacke?  Das ist laut Gericht nicht aufzuklären.
Gab es am Riesenrad eine zweite Attacke? Das ist laut Gericht nicht aufzuklären. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Nach eigenen Angaben will der Glas-Schläger damals vor seiner Attacke durch ein Umherschubsen im Vorbeigehen verängstigt gewesen sein. Auch eine Augenzeugin hatte sich vor Gericht zurückerinnert, dass das spätere Opfer den Eindruck erweckt habe, als suche es an diesem Abend in dem Kirmesbiergarten gezielt Stress. Der Familienvater indes beteuerte, damals nach seiner WC-Rückkehr von dem Herner völlig aus dem Nichts mit dem Bierglas angegriffen worden zu sein. Er sei zwar angetrunken gewesen („So fünf, sechs, sieben Bierchen hatte ich schon“), habe mit dem Glasschläger aber nicht ein einziges Wort geredet.

Die erlittenen Gesichtsnarben verursachen bei dem 38-Jährigen bis heute Probleme. Infolge der Verletzungen im Gesicht und eines Fingerbruchs war der Vater damals sechs Wochen arbeitsunfähig. Vor allem eine Narbe unter einem Auge sorgt für ein „ständiges Zucken“ im Gesicht, Nachoperationen stehen bevor. „Es ist nicht schön, sich so jeden Morgen im Spiegel zu sehen“, klagte das Opfer.

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Über seinen Anwalt Andreas Perner hatte der 38-Jährige parallel einen Schmerzensgeld-Betrag in Höhe von 10.000 Euro, zusätzlich die Feststellung einer Absicherung für sämtliche zukünftigen Schäden aus dem Vorfall eingeklagt. Doch der 20-jährige Herner und sein Verteidiger Recep Turgut blockten die Schmerzensgeld-Forderungen kategorisch ab, bestritten letztlich sogar eine Verursachung durch das Glas, verwiesen auf Unklarheiten, welche Verletzungen wie verursacht worden seien. Nebenklage-Anwalt Andreas Perner bezeichnete diese Haltung „als Verhöhnung des Opfers“. Auf seine Ankündigung, den Täter zivilrechtlich auf ein noch höheres Schmerzensgeld zu verklagen, stichelte der Schläger-Anwalt in Richtung Opferseite: „Klag‘ doch auf Millionen.“

Weil ein Teil der Narben im Gesicht „ganz sicher“ von dem zerschmetterten Glas verursacht wurden, urteilte das Jugendschöffengericht, dass „ein Schmerzensgeld dem Grunde nach gerechtfertigt ist“. Die Feststellung der angemessenen Höhe wurde einem Zivilgericht überlassen.

Außerstande sahen sich die Richter aufzuklären, inwieweit der Herner kurz nach dem verhängnisvollen Schlag mit dem Glas in Höhe des Riesenrads der Cranger Kirmes womöglich noch ein zweites Mal auf das da bereits blutüberströmte Opfer eingeschlagen und -getreten hat. Zu diesem Vorfall hatte es massiv widersprüchliche Zeugenaussagen gegeben. Der Gelsenkirchener hatte sogar einen gezielten Klappmesserangriff des damals 18-Jährigen geschildert („Damit war er immer so am Fechten dran“), durch dem ihm zusätzlich der Mundwinkel im Gesicht aufgeschlitzt worden sei. Auch ein Arztbericht attestierte tatsächlich „Messerschnitte im Gesicht“. Wann und von wem ihm diese zugefügt worden sind, ließ sich in den Augen des Jugendschöffengerichts nicht zweifelsfrei nachweisen. Das Urteil lautet auf gefährliche Körperverletzung.