Herne/Bochum/Gelsenkirchen. Nach einem Bierglas-Schlag auf der Cranger Kirmes lebt ein Vater mit Narben im Gesicht. Vor Gericht ist nun auch von einem Messer die Rede.
Das Gesicht zerschnitten, ein Finger gebrochen, die Kleidung blutdurchtränkt: Vor mehr als zwei Jahren wird ein Vater (38) aus Gelsenkirchen am Eröffnungswochenende der Cranger Kirmes brutal zugerichtet. Mit einem Bauarbeiter (20) aus Herne steht jetzt der mutmaßliche Täter vor Gericht.
War es ein zersplittertes Bierglas? Oder war es am Ende doch ein Messer? Die Aufklärung der Bluttat vom 5. August 2022 gibt den Richtern des Jugendschöffengerichts in Bochum Rätsel auf.
Zu den Vorwürfen hüllte sich der Angeklagte beim Prozessauftakt am Dienstag, 3. Dezember, in Schweigen. Er stellte Zeugen in Aussicht, die angeblich beweisen könnten, dass bei weitem nicht alles richtig ist, was ihm von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen wird. Einzig, dass er der Mann ist, der auf einem Video zu sehen ist, wie dem späteren Opfer auf Crange im Gedränge ein Bierglas gegen die linke Gesichtshälfte schlägt, nickte er pauschal ab.
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Geht es nach dem Opfer, dann kam der folgenschwere Streit gegen 23.30 Uhr an einem Kirmes-Biergarten mit seiner WC-Rückkehr durchs Gedränge in Gang. Plötzlich sei er in ein Wortgefecht geraten und dann praktisch sofort attackiert worden: „Das Glas kam aus dem Nichts.“ Mit dem Angeklagten, den er als Glasschläger sicher wiedererkenne, habe er zuvor nicht ein einziges Wort ausgetauscht, beteuerte der Gelsenkirchener.
Opfer schildert Messerangriff: „Damit war er immer so am Fechten dran“
Nach Verlassen des Biergartens will er von dem 20-Jährigen und mehreren Begleitern verfolgt, gejagt, in Höhe des Riesenrads zu Fall gebracht, zusammengeschlagen und schließlich auch mit einem Messer attackiert worden sein. Er will sich noch genau erinnern können, dass der Angeklagte plötzlich ein silbernes Butterflymesser in der Hand gehabt habe. „Damit war er dann immer so am Fechten dran“, so der Vater wörtlich. Irgendwann habe er einen Schnitt am Mundwinkel gespürt. Dann sei es ihm auch schon warm die Kleidung runtergelaufen. „Alles war voller Blut und überall in meinem Mund hatte ich Eisengeschmack.“
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Problematisch: Von einem Messerangriff hat damals wie heute offenbar kein anderer Zeuge etwas berichtet. Problematisch auch: Nicht wenige Zeugen sollen den Vater zuvor als „äußerst aggressiven“ Pöbler beschrieben haben. Der jedoch versicherte den Richtern jetzt: „So wie ich es sage, war es. Ich spinne mir hier nichts zusammen.“ Ein Arzt soll ihm später angeblich in der Klinik sogar bestätigt haben, dass ihm die Verletzung am Mundwinkel nicht durch die Scherbe eines zersplitterten Bierglases, sondern nur durch ein Messer beigebracht worden sein kann.
„Es ist nicht schön, jeden Morgen so in den Spiegel zu schauen.“
Die Narben der Gesichtsverletzung sind bis heute erkennbar, stören („Es ist nicht schön, jeden Morgen so in den Spiegel zu schauen“) und schmerzten den Vater aus Gelsenkirchen enorm. Aber auch psychisch hänge ihm die Attacke noch nach.
Dem Bauarbeiter wird in der Anklage zweifache gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Zunächst durch den Schlag mit dem Bierglas und dann durch Schläge und Tritte auf den am Boden liegenden Vater am Riesenrad. Eine Messerattacke schildert die Anklage ausdrücklich nicht. Im Falle einer Verurteilung droht nahezu sicher eine Anwendung des Jugendstrafrechts, da der Angeklagte zur Tatzeit 18 Jahre war. Der Prozess wird fortgesetzt.