Herne. Ein Investor will in Herne-Eickel 85 Wohnungen bauen. Was bislang über die Pläne bekannt ist, warum es Kritik an dem Vorhaben gibt.
Wenn der Rat der Stadt im Frühjahr grünes Licht gibt, könnte es schon im Sommer 2025 losgehen: Ein Investor will an der Richard-Wagner-Straße/Hauptstraße Wohnraum schaffen und damit das „Eingangstor“ für Eickel prägen. In der Nachbarschaft regt sich Widerstand gegen das neue Quartier: Anwohner befürchten eine Zunahme der nach ihren Angaben schon jetzt zu hohen Lärm-, Verkehrs-, Umwelt- und Hitzebelastungen.
In der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung Eickel legte die Stadt im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens die bisherigen Pläne und beauftragten Gutachten offen. Auf der 8000 Quadratmeter großen Fläche - hier stand einst auch das inzwischen abgerissene Katasteramt - sind mehrgeschossige Häuser mit insgesamt etwa 85 Wohnungen von unterschiedlicher Größe („auch familienfreundlich“) und einer Tiefgarage geplant. Etwa ein Viertel der Wohnungen soll öffentlich gefördert werden. „Wir haben in Herne viel zu wenig preiswerte Wohnungen“, sagte Planungsamts-Chef Achim Wixforth. Die Situation werde sich noch verschärfen, weil in den kommenden Jahren zahlreiche Wohnungen aus der Mietpreisbindung fielen.
„Wir haben jede Menge Schleifen gedreht“, sagte Wixforth über die mehr als zehnjährige Vorgeschichte. Grundlage sei nun ein von einer Jury ausgewählter städtebaulicher Entwurf. Der Vorteil sei, dass der Investor - der in Herne bereits bekannte Ricardo Boksteen (siehe unten) - beide zu bebauenden Grundstücke gekauft habe und eine „homogene Planung aus einer Hand“ zu erwarten sei. Eigentümer der Fläche(n) waren zuvor die Stadt und die evangelische Kirche. Das Katasteramt ist bereits abgerissen worden, ebenfalls noch zurückgebaut werden sollen das evangelische Gemeindehaus sowie die Gemeinde- und Friedhofsverwaltung inklusive des Veranstaltungssaals (Richard-Wagner-Straße 8,10 und 12). Erhalten bleiben dagegen die Kita, das Pfarrhaus und zwei angrenzende Wohnhäuser.
Aufgrund der Nähe zum Evonik-Chemiewerk - ein sogenannter Störfallbetrieb - komme hier die Seveso-III-Richtlinie zur Anwendung, so die Stadt. Heißt: Bei der Planung der Wohnbebauung müssten gewisse „Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen“ beachtet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass es zu solchen Unfällen komme, sei jedoch sehr gering, sagte Wixforth.
Der Investor wollte auf Anfrage der WAZ (noch) nicht über Details der Planung sprechen. Für zwei Anwohner steht auf Basis des ausgewählten Jury-Entwurfs bereits fest: Es sind zu viele Wohnungen. Sie befürchteten eine Zunahme von Verkehr, Lärm und Staub sowie eine Verschlechterung der klimatischen Bedingungen. „Im Sommer ist es schon jetzt so heiß, dass wir die Rolladen herunterlassen und Licht anmachen müssen“, sagte eine Anwohnerin in der Bezirksvertretung. Eine Zunahme gesundheitlicher Belastungen sei nicht hinnehmbar. „Schon jetzt gibt es hier viele Krebsfälle.“ Die Linken-Stadtverordnete Klaudia Scholz kündigte gegenüber der WAZ die Gründung einer Bürgerinitiative für Januar 2025 an.
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Bereits im Oktober fand auf Einladung der Stadt ein Bürgerforum zur Bebauung an der Richard-Wagner-Straße statt, an dem aber nur wenige Betroffene teilnahmen. Dort erklärte die Verwaltung unter anderem, dass der Baumbestand auf dem Eickeler Areal „zum Großteil“ erhalten bleiben solle. Es würden zudem „mindestens 20 neue Bäume“ gepflanzt. Die Neubauten hätten „in Summe klimatisch sehr geringe Auswirkungen“ auf das Umfeld. Und: Auf der Fläche gebe es „punktuell“ höhere Bodenbelastungen; der belastete Boden werde beim Bau der Tiefgarage abgefahren und extern deponiert.
>>> Investor baute in Herne-Mitte 44 Seniorenwohnungen
- Der Investor und Architekt Ricardo Boksteen (Bottrop) hat zuletzt in Herne in Kooperation mit der Diakonie 44 Seniorenwohnungen an der Vinckestraße in Herne-Mitte gebaut.
- Das Projekt machte Schlagzeilen, weil Mieterinnen und Mieter auf Anordnung der städtischen Bauordnung ihre (noch nicht freigegebenen) Wohnungen kurz nach Bezug vorübergehend verlassen mussten.