Herne/Bochum. Ein Herner zahlte Schweigegeld an eine Prostituierten, um die Besuche geheim zu halten. Ein Thema vor Gericht: Von wem war sie schwanger?

Urteile im Prostituiertenmilieu: Weil sie einen Herner Freier zur Zahlung von Schweigegeld gezwungen haben, sind eine Prostituierte und ihr Ex-Freund am Bochumer Landgericht wegen Erpressung verurteilt worden. Die 12. Strafkammer verhängte gegen die Frau 16 Monate Haft auf Bewährung. Dass bei dem Mann nur eine Gefängnisstrafe infrage kam, lag vor allem auch an seiner Vorstrafe. Er muss 2,5 Jahre ins Gefängnis.

Am 24. November 2023 hatte der damalige Freund der Prostituierten bei dem Herner Stammkunden angerufen, ihn beschimpft und die Zahlung von 500 Euro Schweigegeld gefordert. Andernfalls werde man dessen Partnerin über die Hausbesuche informieren. Hintergrund für die Eskalation und die Forderung war unter anderem, dass zuvor der (letztlich unbegründete) Verdacht aufgekommen war, dass die zu der Zeit schwangere Prostituierte möglicherweise von dem Herner Freier ein Kind erwartet.

Herne: „Was ist dir dein Leben und das deiner Freundin wert?“

Schauplatz des Prozesses: das Landgericht im Justizzentrum Bochum.
Schauplatz des Prozesses: das Landgericht im Justizzentrum Bochum.

Nachdem der Herner der Schweigegeld-Zahlung zugestimmt hatte, waren die Prostituierte und ihr Freund kurz danach in der Wohnung des Herners aufgetaucht und hatten vor der Haustür von dem Mann 500 Euro in bar übergeben bekommen. Dann sollen sich die Ereignisse überschlagen haben: Der Freund der Prostituierten soll den Herner plötzlich mit einem hervorgezogenen Dachdeckerhammer bedroht haben. Danach soll er die Erhöhung des Schweigegelds auf 25.000 Euro verlangt, den Freier gepackt, gewürgt und ihn gefragt haben, was ihm sein eigenes Leben und das seiner Freundin wert sei. Zu einer Geldzahlung kam es am Ende nicht, weil der Herner flüchten konnte.

Nach anfänglichem Schweigen hatten sowohl die Prostituierte als auch ihr Ex-Freund vor Gericht die Erpressung des Herners zugegeben. Dabei war herausgekommen, dass das Opfer schon seit Jahren unbemerkt von der Lebenspartnerin zweimal wöchentlich Hausbesuche von der jetzt angeklagten Escort-Dame gebucht hatte. „Er war ein angenehmer und freundlicher Kunde“, erklärte die Prostituierte vor Gericht. Nachdem sie schwanger geworden sei und ihr Ex-Freund herausbekommen hatte, dass sie sich trotz versprochener Beendigung der Escort-Dienste heimlich doch noch weiter mit dem Herner Stammfreier getroffen habe, sei die Situation außer Kontrolle geraten, so die Prostituierte. Schließlich sei die Erpresseridee entstanden.

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Mit den verhängten Strafen blieb das Gericht deutlich unter den von der Staatsanwaltschaft geforderten Strafen von bis zu viereinhalb Jahren Haft. Die Richter honorierten vor allem bei dem vorbestraften Ex-Freund der Prostituierten besonders mildernd den von seinem Verteidiger Martin Gentz initiierten Täter-Opfer-Ausgleich. Beide Erpresser hatten das Herner Opfer nämlich auch über die Rückgabe der 500 Euro Schweigegeld hinaus mit weiteren 1000 Euro Schmerzensgeld finanziell entschädigt. 

Die Urteile lauten auf Erpressung, Beihilfe und versuchte räuberische Erpressung. Anders als die inzwischen junge Mutter muss der Ex-Freund und Kindsvater nun erneut ins Gefängnis. Bei ihm ließ eine kapitale Vorstrafe den Richtern gar keine andere Wahl. Der 29-Jährige aus dem Raum Wuppertal war erst 2022 nach einer fast siebenjährigen Haftstrafe wegen Totschlags aus dem Gefängnis entlassen worden. Er hatte im Streit im Drogenmilieu auf einen Kontrahenten mit einem Messer eingestochen – das Opfer war binnen weniger Minuten verblutet.