Herne. Kurzarbeit war nach Auslaufen der Corona-Pandemie kaum noch Thema in Herne. Doch nun beschäftigen sich Firmen wieder mit diesem Instrument.
Die monatlichen Berichte zur Lage auf dem Herner Arbeitsmarkt bieten in aller Regel wenig bis keine Überraschungen. Doch in der September-Übersicht verbarg sich ein Satz, der aufhorchen lässt: „Hinzu kommt, dass die Unternehmen sich weiter verstärkt mit dem Thema Kurzarbeit beschäftigen.“
Kurzarbeit? Das weckt Erinnerungen an die düstersten Corona-Zeiten: In der Spitze nahmen laut Agentur für Arbeit 770 Herner Unternehmen mit 6950 Mitarbeitenden dieses Instrument in Anspruch. Doch nach dem Ende der Pandemie bildete sie nur noch die Ausnahme. Im November 2023 waren zehn Betriebe in Kurzarbeit, im Februar dieses Jahres sogar nur zwei. Bis Mai - der aktuell verfügbare Monat - stieg die Zahl langsam auf sieben, ein nach wie vor sehr moderater Wert.
Firmen informieren sich bei Agentur für Arbeit über das Prozedere bei der Kurzarbeit
Doch angesichts der deutschen Wirtschaftsschwäche rückt die Kurzarbeit auch bei Herner Firmen wieder ins Blickfeld. „Unternehmen rufen bei uns an, um erste Fragen zu diesem Thema zu klären“, schildert Marlen Meyer die Situation. Sie ist Teamleiterin beim Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur. Die Nachfragen zum Prozedere führten aber nicht unbedingt dazu, dass Betriebe Kurzarbeit anmelden. Danach haben sie drei Monate Zeit, um sie auch zu beantragen.
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Die Ursachen, die ein Unternehmen in die Nähe der Kurzarbeit bringt, sind hinlänglich bekannt: Der Ukraine-Krieg und die damit verbundene Inflation sowie der Gas-Engpass, der Krieg im Nahen Osten - und eben auch die Wirtschaftskrise. Seit April haben in Herne zehn Betriebe Kurzarbeit angezeigt, deshalb könne man auch keine Schwerpunkte bei den Branchen benennen, so Karsten Schnacke, Teamleiter für das Kurzarbeitergeld bei der Agentur. Da er mit seinem Team auch Firmen im östlichen Ruhrgebiet und im Münsterland betreut, wisse er, dass insbesondere der Maschinen- und Metallbau sowie das Baugewerbe betroffen seien. Aus den Gesprächen weiß Schnacke: „Klassischerweise ist Auftragsmangel der Grund.“ In Beratungen gehe es darum, welche Maßnahmen getroffen werden können, damit ein Betrieb wieder die Beschäftigung hochfahren kann.
US-Wahl, Bundestagswahl: Viele Unsicherheiten in den kommenden Monaten
Die Kurzarbeit gebe Unternehmen in schwierigen Zeiten Gelegenheit zum „atmen“. Die Personalressourcen und die Kosten könnten an die Auftragslage angepasst werden, ohne Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter zu entlassen. Das helfe nicht nur der Belegschaft, sondern halte auch Fachkräfte im Unternehmen, die gebraucht werden, wenn sich die Lage wieder bessere. Idealerweise nutzten die Unternehmen die Zeit der Kurzarbeit - die nicht länger als zwölf Monate dauern darf -, für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter.
Ob und wie viele Herner Betriebe in den kommenden Monaten Kurzarbeit anmelden und beantragen, sei schwer vorherzusagen, so Meyer und Schnacke. Fest stehe allerdings, dass die Unwägbarkeiten in den vergangenen Monaten eher zu- als abgenommen haben. Nach der US-Wahl drohten Zölle auf deutsche Produkte, aber auch die bevorstehende Bundestagswahl, Energiekosten und selbst das Wetter könnten eine Rolle spielen. Außerdem beobachte die Agentur auch jetzt einen Anstieg der Arbeitslosenzahlen, das sei im Herbst sehr ungewöhnlich. Das spreche dafür, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt sich nicht kurzfristig bessern werde. Auch die Zahl der Neueinstellungen bliebe hinter den üblichen Erwartungen. Inwieweit sich all das auf die Entwicklung der Kurzarbeit auswirken wird, sei ungewiss.
Das sind die Bedingungen für die Zahlung des Kurzarbeitergeldes
In der Ausnahmesituation der Corona-Pandemie galten erleichterte Voraussetzungen für den Bezug des Kurzarbeitergeldes (KuG): Das KuG wurde für bis zu 28 Monate gewährt; nur zehn Prozent der Belegschaft musste einen Entgeldausfall von mehr als zehn Prozent haben außerdem übernahm die Arbeitsagentur die Sozialversicherungsbeiträge. Inzwischen gelten wieder die Vor-Corona-Voraussetzungen: Ein Drittel der Belegschaft muss vom KuG betroffen sein, die Höchstdauer liegt bei einem Jahr, die Sozialversicherungsbeiträge werden nicht mehr erstattet.
Das Expertenteam für das Thema Kurzarbeitergeld ist montags bis freitags unter Tel. 0800-4555520 zu erreichen.