Herne. Vom Herner Arbeitsmarkt gab es zurzeit keine guten Nachrichten. Warum das Jobcenter für dieses Jahr trotzdem eine positive Bilanz zieht.
Die Frühjahrsbelebung fiel schwächer aus als üblich, der Anstieg der Arbeitslosigkeit im Sommer war dafür stärker als sonst. Der Arbeitsmarkt sendet - auch in Herne - keine guten Signale. Da überrascht es, dass Jobcenter-Geschäftsführer Thomas Saponjac zufrieden auf das bisherige Jahr schaut. Dafür gibt es mehrere Gründe.
Für Saponjac zeigt sich der Herner Arbeitsmarkt in „ganz guter Verfassung“. Der Agentur für Arbeit seien knapp 1100 offene Stellen gemeldet. „Und wir haben es geschafft, die Marke von rund 50.000 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in Herne stabil zu halten“, so Saponjac im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Das sei gerade angesichts der gesamtwirtschaftlichen Lage ein tolles Ergebnis. Ziel sei es, diese Zahl weiter zu erhöhen. Allerdings verhehlt der Jobcenter-Geschäftsführer nicht, dass die Zahl der Arbeitslosen in Herne insgesamt hoch recht sei im Vergleich zu anderen Städten und Regionen. „Wir schaffen es aber, Menschen in Arbeit zu bringen.“
Dafür nennt Saponjac auch konkrete Zahlen: Seit Jahresbeginn bis August habe das Jobcenter mehr als 2000 Kundinnen und Kunden in Arbeit vermittelt. Ein Viertel davon hätten einen Fluchthintergrund - zum großen Teil Ukraine oder Syrien. Das sei sehr positiv. Das Jobcenter habe es auch im Vergleich zum Vorjahr geschafft, bei der Langzeitarbeitslosigkeit (Kunden, die in den vergangenen 24 Monaten 21 Monate und länger Leistungen vom Jobcenter erhalten haben) die Zahl der sogenannten Bedarfsgemeinschaften um mehr als 100 zu senken. Eine Bedarfsgemeinschaft kann auch eine ganze Familie sein. „Das sind für uns echte Erfolgsgeschichten, wenn wir diese Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren.“ Deshalb sei man im Jobcenter positiv gestimmt, „wir sind gut unterwegs“.
Hohe Motivation bei Flüchtlingen aus der Ukraine
Dies gelte gerade auch für die Kundinnen und Kunden aus der Ukraine. In Herne lebten zurzeit etwas mehr als 1000 Personen, davon seien rund 350 arbeitslos gemeldet, 250 befänden sich in Sprachkursen. „Wir schauen zielgerichtet, dass wir diese Menschen in den Arbeitsmarkt integrieren. Und das gelingt immer besser.“ Man dürfe nicht vergessen, dass von den rund 1000 Personen aus der Ukraine etwa zwei Drittel Frauen mit Kindern seien. Es sei eine Herausforderung, Alleinerziehende in Arbeit zu vermitteln. In Herne funktioniere das jedoch sehr gut, auch dank des Netzwerks „Bündnis für Arbeit“. So treffe die Kritik, dass Flüchtlinge aus der Ukraine nicht schnell genug einen Job finden, auf Herne nicht zu. „Wir registrieren bei den ukrainischen Flüchtlingen eine totale Termintreue, man spürt, dass sie arbeiten wollen.“ Das hänge auch damit zusammen, dass die Hoffnung, nach ein paar Monaten in die Heimat zurückkehren zu können, angesichts des andauernden Krieges zerplatzt sei. Die meisten richteten sich auf ein dauerhaftes Leben in Deutschland ein. Was bei der Vermittlung helfe: 30 Prozent der Ukrainer seien Fachkräfte oder Spezialisten.
Was für Saponjac wichtige Bausteine für die positive Vermittlung-Zwischenbilanz in diesem Jahr sind: das Bündnis für Arbeit, weil dieses Netzwerk kurze Wege öffne, die eigene Geschwindigkeit in der Arbeit - und die Job-Speeddatings.
Job-Speeddating hat sich als effektives Vermittlungs-Instrument erwiesen
Auch wenn noch keine Zahlen zum Speeddating auf der Cranger Kirmes vorliegen: Das Format habe sich als sehr effektiv erwiesen - auch beim Cranger Weihnachtszauber fanden bereits zwei dieser Veranstaltungen statt. Der Erfolg liege unter anderem daran, dass man Personen einlade, die besonders motiviert seien und ihre eigene Situation verändern wollen. Die spürbare Folge: Nach jedem Speeddating gebe es Arbeitsaufnahmen. Und beim Speeddating auf Crange seien noch im Festzelt viele Probearbeiten vereinbart worden. Und: Neben diesen öffentlichkeitswirksamen Aktionen fänden jede Woche Speeddatings statt, auch mit einzelnen Arbeitgebern. „Dieses Format ist deshalb so gut, weil es für die Kunden eine ganz andere Situation ist. Der Rahmen ist lockerer als bei einem normalen Vorstellungsgespräch.“ Das schätzten auch die Arbeitgeber.