Herne. Eine Brücke macht Sorgen. Die Stadt hat nach dem Einsturz von Dresden eine Liste mit Brücken vorgelegt, bei denen Handlungsbedarf besteht.

Nach dem plötzlichen Einsturz der Carolabrücke in Dresden nimmt die Stadt die Brücken in Herne genauer in den Fokus. Zugleich kritisiert sie Heitkamp-Chef Jörg Kranz. Der Geschäftsführer des Herner Bauunternehmens hatte gegenüber der WAZ gesagt: „Unsere Brücken sind nicht besser als in Dresden – im Gegenteil.“ Das will das Rathaus so nicht stehen lassen. Zugleich heißt es aber: Bei sieben Brücken in Herne bestehe akuter Handlungsbedarf.

Auch sie soll erneuert werden: die Brücke über die A43 in Herne (oben).
Auch sie soll erneuert werden: die Brücke über die A43 in Herne (oben). © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Wer mit offenen Augen durch Herne gehe, der sehe den Sanierungsstau, sagte Heitkamp-Chef Kranz nach dem Brückeneinsturz in Dresden. Seine Firma ist im Brückenbau führend. Ihm fielen in Herne auf Anhieb fünf oder sechs Brücken ein, die dringend saniert oder erneuert werden müssten; benennen wollte er sie aber nicht. Kranz warnt: „Dresden kann auch Herne sein – oder Essen oder Dortmund oder überall in Deutschland.“ Mit dieser Aussage habe sich der Heitkamp-Chef „sehr weit aus dem Fenster gelehnt“, kritisiert Thorsten Rupp, Leiter des städtischen Fachbereichs Tiefbau und Verkehr. Im Ausschuss für Digitales, Infrastruktur und Mobilität stellte er jetzt klar: „Wir kümmern uns um die Brücken.“ Und: Die Prüfung der rund 70 städtischen Brücken nehme die Verwaltung „sehr ernst“. Kurz: Das Rathaus komme seiner Verantwortung in dieser Hinsicht nach.

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Herne: Zwei Brücken wurden bereits angepackt

Im Ausschuss präsentierte Tiefbau-Chef Rupp der Politik eine Liste mit neun Brücken, die angepackt werden müssten. Sie hätten bei der letzten Hauptprüfung nur die Note 3 oder schlechter erhalten - deshalb bestehe dort automatisch ein Erneuerungs- oder Sanierungsbedarf. Im Einzelnen sind das die Fußgängerbrücke über den Ostbach, die Brücke Bielefelder Straße, die Brücke Eintrachtstraße, die Fußgängerbrücke über den Hüller Bach, die Brücke Rottbruchstraße, die Brücke Gysenbergstraße über den Ostbach und die Brücke über den Sodinger Bach. Zwei weitere Brücken - die an der Riemker Straße in Herne-Süd und die Auf dem Stennert in Sodingen - seien bei den Prüfungen ebenfalls durchgefallen. Die erste sei aber bereits erneuert worden, die zweite werde nach einem Straßenumbau aber nicht mehr benötigt.

Wird nicht mehr ersetzt: Die Brücke auf dem Stennert war marode. Sie wird künftig nicht mehr benötigt.
Wird nicht mehr ersetzt: Die Brücke auf dem Stennert war marode. Sie wird künftig nicht mehr benötigt. © WAZ | Michael Muscheid

Mit der Note 3,5 am schlechtesten abgeschnitten hat demnach die Brücke Bielefelder Straße (Wanne-Süd). Das Bauwerk aus dem Jahr 1916, das über eine Bahnlinie führt, sei altersbedingt in einem schlechten Zustand und soll 2025 durch einen Neubau ersetzt werden. Bis dahin werde in „engeren Abständen“ eine Sonderprüfung durchgeführt. Außerdem dürfe sie nur noch von Fahrzeugen mit einem Gewicht von maximal 16 Tonnen befahren werden. Einen besonderen Blick wirft das Rathaus auch auf die Brücke Rottbruchstraße zwischen Herne-Mitte und Holsterhausen. Diese große Spannbeton-Brücke von 1971 über die A43 und mehrere Bahnlinien erhielt die Note 3,2 und „macht uns ein bisschen Sorgen“, räumte Tiefbau-Chef Rupp im Ausschuss ein. Geprüft werden soll, ob es in der Bauweise Parallelen zu Dresden gebe. Vorsorglich soll sie nun jährlich geprüft und „nachgerechnet“ werden. Ein Neubau sei - im Zuge des A43-Ausbaus - für 2027/28 vorgesehen.

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Zu den anderen Brücken: Die Brücke Eintrachtstraße (Baujahr 1906) über den Dorneburger Mühlengraben in Wanne-Eickel erhielt die Note 3,0. Sie dürfe deshalb nur noch von Fahrzeugen mit einem Gewicht von maximal fünf Tonnen befahren werden und soll 2025/2026 neu gebaut werden. Die Fußgängerbrücke über den Hüller Bach in der Grünanlage an der Barbarastraße in Röhlinghausen von 1989 ist aufgrund von Schäden am Holztragwerk gesperrt, erhielt die Note 3,4 und soll 2025 neu gebaut werden. Die Brücke Gysenbergstraße über den Ostbach (Baujahr 1935) in Sodingen erhielt ebenfalls die Note 3,0 und soll voraussichtlich 2026 erneuert werden. Die Fußgängerbrücke Im Uhlenbruch - eine Holzbrücke aus dem Jahr 1990 - über den Sodinger Bach zwischen Herne-Mitte und Sodingen bekam ebenfalls eine 3,0 und soll auch erneuert werden; einen Zeitplan dafür gebe es noch nicht. Und schließlich: Die Fußgängerbrücke über den Ostbach aus Holz von 1983 in Sodingen, aktuell gesperrt, soll im Zuge der Umlegung des Ostbachs ersatzlos abgerissen werden (Note: 2,9)


Leitet den Fachbereich Tiefbau und Verkehr in Herne: Thorsten Rupp.
Leitet den Fachbereich Tiefbau und Verkehr in Herne: Thorsten Rupp. © Stadt Herne

Zurück zu Dresden: Die Stadt, so der Tiefbau-Chef, verfolge „sehr aufmerksam“ die Berichterstattung zum Brückeneinsturz und nehme, so weit möglich, am fachlichen Austausch zu den Ursachen teil. Rupp betonte: „Es ist noch nicht bekannt, welche Ursache das Bauwerksversagen in Dresden hatte.“ Somit könnten darauf noch keine Maßnahmen für die Bauwerke der Stadt Herne abgeleitet werden. Aktuell würden aber eventuell betroffene Bauwerke, die ähnlich gebaut seien wie in Dresden, identifiziert. „Die notwendigen Schritte, wenn mehr Erkenntnisse zum Vorfall in Dresden vorliegen, werden dann unverzüglich umgesetzt“, so Rupp. 

>>> Stichwort: Prüfungen

  • Die Prüfung aller Ingenieurbauwerke in Herne werde nach den anerkannten Regeln der Technik regelmäßig mit einer im Abstand von drei Jahren aufeinanderfolgenden Hauptprüfung, einer einfachen Prüfung und der jährlichen laufenden Beobachtung ausgeführt, so das Rathaus.
  • Die letzte Hauptprüfung sei 2022/2023 erfolgt, die nächste einfache Prüfung ist 2025/2026 vorgesehen.