Herne. Exklusiv soll das Wohnquartier am Stadtpark sein. Das will die Stadt mit einer Gestaltungssatzung erreichen. Die hat eine folgenschwere Lücke.

Die Lage ist exklusiv - in direkter Nachbarschaft zum Herner Stadtgarten. Deshalb soll auch das Wohnquartier, das auf dem Areal eines Fußballplatzes an der Schaeferstraße entsteht, exklusiv sein. Dafür macht die Stadt Herne den Eigenheim-Bauherren jede Menge Vorgaben - mit einer sogenannten Gestaltungssatzung. Doch die ist lückenhaft - und das hat Folgen...

Satzung macht bei Formen, Farben und Material zahlreiche Vorgaben

„In Bezug auf die Gestaltqualität soll ein in Herne exklusives Wohnquartier entstehen, das sich zudem harmonisch in die Umgebung einfügt.“ So beschreibt die Verwaltung das Ziel der Gestaltungssatzung. Die setzt dementsprechend bei zahlreichen Details einen konkreten Rahmen, wie verschiedene Dinge auszusehen haben. So müssen die Außenwände in einem Verblendmauerwerk ausgeführt werden, bei den Farben kommen nur verschiedene Rot- und Weißtöne infrage. Die entsprechenden RAL-Nummern sind gleich mit angegeben. Die Farbe von Dachpfannen ist ebenso geregelt wie die Form von Dachgauben oder von Fenstern (rechtwinklig). Im Absatz drei des Paragrafen 6 heißt es: „Fenster sind mit Rahmen aus Aluminium oder Holz auszustatten. Fenster mit Kunststoffrahmen sind nicht zulässig.“

Ein Ehepaar hatte sich dennoch für Kunststoffrahmen entschieden und stellte deshalb bei der Stadt einen Antrag auf Befreiung von der Auflage der Gestaltungssatzung, nur Holz- oder Aluminiumrahmen einzubauen. Diesen Antrag lehnte die Stadt ab. Damit wollten sich die Bauherren nicht abfinden und zogen mit Heinrich Beestermöller, Herner Fachanwalt für Baurecht, vor das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen.

Richterin bemängelt fehlende Regelung für Farben und Türen

Die zuständige Richterin beraumte einen Ortstermin an, um sich ein Bild von der Situation zu machen. Ihre Einschätzung gleicht einer juristischen Ohrfeige für die Stadt Herne. Im Protokoll des Ortstermins heißt es nämlich: „Die Richterin macht Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der satzungsmäßigen Regelungen, insbesondere zu der Regelung hinsichtlich der Fenster. Hier wird problematisiert, dass diese Regelung ausschließlich Fenster und keine (Terrassen-)Türen erfasst. Hinzu kommt, dass Satzung keinerlei Regelung zur Farbgestaltung von Fenstern und Türen enthält, sodass sich auch die Frage stellt, inwieweit das Ziel der Satzung, die Schaffung einer hochwertigen, exklusiven Wohnsiedlung mit dieser hinsichtlich von Fenster und Türen doch recht unvollständigen Regelung umsetzungsfähig ist.“

Beestermöllers Übersetzung für diese Ausführungen lautet: „Die Satzung ist rechtswidrig.“ Denn ohne Vorgaben für Türen könnten ja Kunststoffrahmen der billigsten Qualität aus dem Baumarkt eingebaut werden, und bei Fenstern gebe es keine Einschränkung bei der Farbwahl - theoretisch würden Alu-Rahmen in pink der Satzung entsprechen. Das habe mit Hochwertigkeit nichts zu tun.

Rund 25.000 Euro Mehrkosten für Bauherren

Er verweist darauf, dass seine Mandanten durch die fehlerhafte Satzung rund 25.000 Euro Mehrkosten hätten. Nach den Worten von Beestermöller ergeben sich durch die fehlerhafte Satzung womöglich Schadenersatzansprüche seiner Mandanten gegenüber der Stadt. Allerdings habe man inzwischen eine Einigung mit der Stadt erzielt, indem die Verwaltung die Kunststoffrahmen nachträglich genehmigt habe. Im Gegenzug verzichten Beestermöllers Mandanten auf eine Schadenersatzklage. Nach Beestermöllers Auffassung können nach diesem Rechtsstreit auch andere Bauherren ihre Mehrkosten gegenüber der Stadt geltend machen, selbst wenn sie nicht geklagt haben. „Sie haben ja so gebaut, wie sie es eigentlich nicht hätten tun müssen.“

Die Stadt bestätigt ebenfalls die gütliche Einigung, weist aber auf WAZ-Anfrage darauf hin, dass sie die gültige Satzung weiter anwende, da in dem Verfahren „keine Aussagen zu der allgemeinen Gültigkeit der Gestaltungssatzung getroffen“ worden seien. Doch offensichtlich ist der deutliche Hinweis der Verwaltungsrichterin bei der Stadt angekommen. Über eine Satzungsänderung im Hinblick auf die streitgegenständliche Regelung - jene zu Fenstern und Türen - werde derzeit beraten. Im Falle einer Satzungsänderung gölten die dann getroffenen Regelungen für alle Bauherren.