Herne. Ein Herner hat Schadenersatz von der Stadt Herne erstritten. Das OLG-Urteil könnte auch beim Wiederaufbau in den Flutgebieten von Bedeutung sein.

Die Wiederaufbauarbeiten in den Flutgebieten in NRW und Rheinland-Pfalz werden Jahre in Anspruch nehmen. Dabei wird auch eine Rolle spielen, inwieweit Vorkehrungen getroffen werden, um bei einem erneuten Starkregenereignis dieses Ausmaßes geschützt zu sein. Dabei könnte für die Behörden ein Urteil von Interesse und Bedeutung sein, das das Oberlandesgericht Hamm vor wenigen Wochen gefällt hat. Es hat die Stadt Herne dazu verurteilt, einem Herner Schadenersatz zu zahlen, weil diese ihre Amtspflichten verletzt habe.

Der Auslöser für diesen Rechtsstreit liegt einige Jahre zurück. Am 20. Juni 2013 ging über Herne ein Starkregen nieder. Die Folge: Bei Reinhold Sibbe, aber auch bei einigen seiner damaligen Nachbarn, lief der gesamte Keller voll, alle Gegenstände, die der Herner darin gelagert hatten, waren zerstört.

Früher nahm der verrohrte Bach das Regenwasser auf

Sibbe war der Meinung, dass dieser Schaden hätte vermieden werden können, wenn die Stadt bei der ökologischen Umgestaltung des Holthauser Bachs ihre Amtspflichten nicht verletzt hätte. Dazu muss man wissen: Sibbe wohnte zum damaligen Zeitpunkt an der Bruchstraße, das Grundstück grenzt an eine größere landwirtschaftliche Fläche. Und diese weist wegen eines sichtbaren Höhenunterschieds ein Gefälle Richtung der Häuser auf.

2013 liefen die Wassermassen durch den Garten und von da in den Keller von Reinhold Sibbe.
2013 liefen die Wassermassen durch den Garten und von da in den Keller von Reinhold Sibbe. © Unbekannt | Sibbe

Ein Problem bei Regenfällen sei dies in früheren Jahren nicht gewesen, so Sibbe im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Der Bach sei verrohrt gewesen und habe herabfließendes Wasser aufgenommen und abgeführt. Doch genau diese Verrohrung sei im Zuge der Umgestaltung zugeschüttet worden. Die fatale Folge sei gewesen, dass sich beim Starkregen im Jahr 2013 das Wasser gesammelt und in den Keller geflossen sei - etwa 90 Kubikmeter.

Kläger beauftragte selbst einen Gutachter

Sibbe klagte gegen die Stadt Herne, doch in erster Instanz unterlag er vor dem Landgericht Bochum. Ein Argument in der Urteilsbegründung: Der Bach würde nach der Renaturierung auf Castroper Gebiet verlaufen, so dass Herne nicht mehr verantwortlich sei. Bei der Planung sei die Stadt Herne lediglich angehört worden. Sibbe zog mit Hilfe seines Anwalts Heinrich Beestermöller vor das OLG.

Da die Stadt Herne keine Daten zur Verfügung gestellt habe, habe er selbst einen Gutachter beauftragt, so Sibbe. Der kam zu folgendem Ergebnis: Eine wesentliche Ursache für die Überflutung des Grundstücks habe darin gelegen, dass Oberflächenwasser in das alte Bachbett und von dort auf das Grundstück geflossen sei. Die Stadt hätte dafür sorgen müssen, dass die Wassermassen in den neuen Bachlauf ablaufen können. Sibbe: „Der Gutachter hat gesagt, dass man das mit dem bloßen Auge hätte erkennen können.“

Auf Grund der Faktenlage sprach das OLG Sibbe einen Schadenersatzanspruch in Höhe 31.000 Euro zu.

Für Anwalt Heinrich Beestermöller ist es bemerkenswert, dass die Stadt Herne seit dem Starkregen nichts unternommen habe, um eine Wiederholung so eines Schadens auszuschließen.

>>> DAS SAGT DIE STADT HERNE ZUM URTEIL

Das sagt die Stadt Herne zum Urteil: „Das Oberlandesgericht hat der Klage in Teilen stattgegeben. Die Entscheidung des OLG deckt sich jedoch nicht mit der Position der Stadt, was die Haftungsverantwortung angeht. Das OLG hat eine Verantwortlichkeit angenommen, obwohl nicht die Stadt Herne, sondern der Kreis Recklinghausen die zuständige Plangenehmigungsbehörde für die Renaturierung des durch das Starkregenereignisses übergetretenen Bachlaufs war, der an der Ortsgrenze von Castrop-Rauxel zu Herne verläuft.

Da das OLG gegen sein Urteil die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen hat, ist von der Stadt gegen die Nichtzulassung Beschwerde am Bundesgerichtshof erhoben worden.