Herne. In Herne soll das Frauenhaus Schutz bieten. Doch was, wenn das Wohl des Kindes auch dort gefährdet ist? Was dagegen getan wird.
Gerade auch sie trifft es hart: die Kinder. Wenn Frauen zu Hause Gewalt erleben, ist der einzige Ausweg oft nur noch das Frauenhaus. Doch nicht nur die Frauen fliehen vor einem gewaltsamen Haushalt - auch die Kinder quälen sich oft mit den Folgen.
Für sie hat das Herner Frauenhaus in den vergangenen Jahren ein Schutzkonzept entwickelt, das dafür sorgen soll, dass es den Kindern auch während ihres Aufenthaltes im Frauenhaus gut geht. Denn: Auch im Frauenhaus bestehe die Gefahr, dass das Wohl des Kindes gefährdet sei, erklärt Carolin Fuhrmann, Mitarbeiterin im Frauenhaus.
Zum Kinderwohl gehört laut Frauenhaus: körperliche Zufriedenheit durch Nahrung, Pflege und Versorgung, Sicherheit, emotionale Zuwendung in stabilen sozialen Beziehungen, Gesundheit und Bildung sowie Selbstverwirklichung. Zwar hätten sich die Frauen bei einem Frauenhausaufenthalt gegen ein Leben in einer gewaltgeprägten Atmosphäre entschieden, dennoch könnten Kinder auch während des Aufenthalts von Kinderwohlgefährdung betroffen sein, so Fuhrmann. Diese könne unter anderem bestehen, wenn eine Mutter ihre Kinder wissentlich erneuter Gewalt durch den Ex-Partner aussetze oder selbst körperliche Gewalt als Erziehungsmittel einsetze.
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Liegen Anhaltspunkte einer Kindeswohlgefährdung vor, kommt das Kinderschutzkonzept ins Spiel. So werde zunächst das Gespräch mit der Mutter gesucht und mithilfe von sogenannten Kinderschutzbögen und eines Ampelsystems die Situation eingeschätzt. Grün bedeutet: keine Gefährdung, gelb: latente Gefährdung, rot: akute Gefährdung. Sollte trotz Beratung und erneutem Gespräch mit der Mutter weiterhin eine Kinderwohlgefährdung vorliegen, werde das Jugendamt informiert.
Es sei wichtig, dass die Kinder mehr in den Fokus rücken, sagt Vorstandsmitglied Brigitte Benthaus. Kinder würden oft übersehen. „Sie sind zwar da, aber viele nehmen ihre Bedürfnisse nicht wahr und ernst.“ Dafür müsse eine größere Sensibilität geschaffen werden, betont sie. Das Kinderschutzkonzept soll dabei helfen und Transparenz schaffen.
Gearbeitet werde zwar schon immer nach den Grundsätzen, doch seit 2021 seien diese nun verschriftlicht worden. Herausgekommen ist jetzt ein Konzept, an dem sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ihrer Arbeit mit den Kindern orientieren.
Frauen bleiben länger als nötig im Frauenhaus
Seit 2021 habe es 15 Fälle des Verdachts auf Kindeswohlgefährdung gegeben. Grundsätzlich seien die Frauen immer sehr offen und bereit, mit dem Team des Frauenhauses zu reden, sagt Fuhrmann.
Ronja Dietrich ist seit August neu im Team und kümmert sich als zweite Mitarbeiterin um den Kinderbereich. Für sie sei das Konzept sehr hilfreich, um sich zu orientieren, sagt sie. Seitdem sie im Frauenhaus arbeite, habe es noch keine Gefährdungslage gegeben, sagt sie.
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Abseits des Kinderschutzkonzepts beschäftigt die Mitarbeiterinnen im Frauenhaus noch ein anderes Thema: der akute Wohnungsmangel. Es gebe weiterhin viel zu wenige Wohnungen, in die die Frauen mit ihren Kindern nach dem Aufenthalt im Frauenhaus ziehen können. „Die Zimmer sind deshalb momentan länger als notwendig belegt“, sagt Benthaus. Früher seien die Frauen und Kinder meistens drei bis vier Monate geblieben, inzwischen könne es auch mal bis zu einem Jahr werden. Die Folge: Es fehlen Plätze im Frauenhaus für andere Frauen, die vor der Gewalt ihrer Männer fliehen wollen.