Herne. Ein ganzes Jahrhundert - so viele Jahre bestehen nicht viele Herner Unternehmen. „Leickel“ hat nun diese magische Marke erreicht.
Handwerk hat goldenen Boden - wenn ein Betrieb seit 100 Jahren besteht, muss wohl was dran sein an dieser Redensart. Die Wärmetechnik Leickel GmbH wird in wenigen Tagen diese magische Marke erreichen. Aus bescheidenen Anfängen wuchs das Unternehmen zu einer stattlichen Größe - mit Bedeutung über Herne hinaus.
Am 24. September 1924 meldete Gründer Friedrich Leickel seine Firma beim Gewerbeamt an, einen Tag später legte der damals 28-Jährige im elterlichen Kotten an der Cranger Straße 11 (heute Altcrange) los. Seine Meisterprüfung im Klempnerhandwerk hatte er bereits 2018 abgelegt, aus dem 1. Weltkrieg war er weitgehend unversehrt heimgekehrt. Eigentlich hätte er schon früher den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt, doch die Zeiten waren unruhig: Generalstreik, Besetzung des Ruhrgebiets. Der Text von Leickels erster Werbung, der in der Chronik nachzulesen ist, lautete: „Zentral-Heizungen und sanitäre Anlagen sowie sämtliche Reparaturen werden prompt, gewissenhaft und billig ausgeführt.“
Nach überstandener Wirtschaftskrise wuchs der Betrieb recht schnell, zum Team gehörten fünf Gesellen. Das Unternehmen erhielt zahlreiche Aufträge von öffentlichen Institutionen, erster Großauftrag war die Heizungsinstallation des Sparkassen-Gebäudes am Buschmannshof. Dieses Wachstum setzte sich nach dem überstandenen 2. Weltkrieg fort. Büro und Werkstatt an der Gelsenkircher Straße wurden zu klein, 1958 erfolgte der Umzug zur Wilhelmstraße 9 in Wanne.
1981 Abspaltung der Immobiliensparte und Verkauf an Veba Kraftwerke Ruhr
Nach Leickels Tod im Jahr 1961 übernahm dessen Schwiegersohn Werner Schettler die unternehmerische Verantwortung. Er war in die Firma gekommen, weil er als Student einen Job für die Semesterferien gesucht hatte, um sein Studium zu finanzieren. Schettler legte den Grundstein für den Einstieg in die Immobiliensparte, die in späteren Jahren für den Bau einiger markanter Gebäude in Wanne-Eickel verantwortlich zeichnete (die WAZ wird zu einem späteren Zeitpunkt auf diesen Geschäftszweig zurückkommen).
Das Jahr 1981 brachte eine entscheidende Veränderung in der Firmenhistorie. Da es sehr kraft- und zeitraubend war, sowohl Handwerksbetrieb als auch Immobiliensparte zu führen, reifte die Entscheidung, sich vom Handwerkszweig zu trennen. Da traf es sich bestens, dass die VEBA Kraftwerke Ruhr (VKR) - eine Tochter der VEBA - ein Auge auf Leickel geworfen hatte. Zum 1. Juli 1981 kaufte VKR alle Firmenanteile und das Grundstück an der Dorstener Straße, das heute noch Firmensitz ist. Ein großer Sprung für das Unternehmen, das nun in der Kraftwerks- und Raffinerietechnik sowie in der Fernwärmeversorgung unterwegs war. 20 Jahre später wurde Leickel an eine Tochtergesellschaft des größten niederländischen Energieversorgers Essent weitergereicht, doch das war nur ein kurzes Gastspiel.
2004 kauften Gerwin Schweppe und Wolfgang Keller das Unternehmen
Ende Dezember 2004 kauften Gerwin Schweppe, der damals bereits angestellter Geschäftsführer war, und Wolfgang Keller das Unternehmen. Er habe sich damit am 23. Dezember ein besonderes Weihnachtsgeschenk gemacht, erzählt Schweppe im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Der Schritt vom Angestellten zum Unternehmer war durchaus groß, denn zum Paket gehörten zunächst zwei weitere Gesellschaften in Berlin und Hamburg. Doch da Keller und er sie eigentlich nur aus der Ferne gekannt hätten, hätten sie beide Firmen recht schnell weiterverkauft.
Dennoch: Heute zählt Leickel mit mehr als 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu den drei größten Unternehmen in NRW im Sanitär-, Heizungs- und Klimabereich. „Unsere Mitarbeiter sind Leickel“, formuliert Schweppe ein Credo seines Handelns. Dies spiegele sich in einer geringen Fluktuation.
Zahlreiche Standbeine - vom Chemiepark bis zum Privatkunden
Das Unternehmen hat heute zahlreiche Standbeine. So sei man seit mehr als 30 Jahren in der Raffinerie in Gelsenkirchen Scholven Dienstleister, auch der Chemiepark Marl gehört zu den Kunden. Hinzu kommen immer wieder Großprojekte, Schweppe nennt unter anderem den Umbau des Dortmunder U zum Museum. Zurzeit sei Leickel am Bau eines Hallenbades in Bochum-Linden beteiligt. Und nicht zuletzt seien etwa 3500 Privatkunden in der Datenbank. „Kein Kunde macht mehr als 15 Prozent unseres Umsatzes aus“, so der 57-Jährige. So fielen schwächere Phasen in einem Bereich nicht so ins Gewicht - siehe das Auf und Ab bei der Nachfrage nach Wärmepumpen.
Demnächst feiert die Belegschaft das Jubiläum - und der Fortbestand Leickels als Familienbetrieb scheint gesichert. Schweppes 23-jähriger Sohn hat bereits den Meistertitel und studiert technische Gebäudeausrüstung. „Und er will in den Betrieb“, so Schweppe. So dürfte in 25 Jahren das nächste Jubiläum gefeiert werden.