Herne. Die Bedeutung des sozialen Wohnungsbaus hat sich in den vergangenen Jahren gewandelt. Das zeigt das Beispiel eines Herner Neubauprojekts.
Neue Wohnung verzweifelt gesucht: Die Wohnungsgenossenschaft Herne-Süd (WHS) hält seit wenigen Tagen die Baugenehmigung für den sogenannten Fortuna-Park an der Nordstraße in den Händen. Doch längst liegen der WHS nach den Worten von WHS-Vorstand Marco Volkar mehr als 100 Interessensbekundungen vor, Tendenz mit jeder öffentlichen Berichterstattung steigend.
Zehn der 40 Einheiten werden Sozialwohnungen sein. Der Fortuna-Park, aber auch ein anderes WHS-Projekt, das nun sogar NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach nach Herne führte, offenbaren, wie sich die Bedeutung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus in den vergangenen Jahren verändert hat.
Förderprogramm war einige Zeit ein Ladenhüter
Es ist nämlich noch gar nicht so lange her, dass der geförderte Wohnungsbau ein Ladenhüter unter den Förderprogrammen war. In der Niedrigzinsphase sei es einfacher gewesen, frei finanziert - also ohne staatliche Förderung - zu bauen, so Volkar im Gespräch mit der Herner WAZ-Redaktion. Hinzu seien die seinerzeit noch moderaten Baukosten gekommen. „Teilweise konnte man mit unter einem Prozent Zinsen ein Projekt finanzieren.“ Wenn man jetzt einen Kredit aufnehme, liege man zwischen 3,5 und 4 Prozent, demgegenüber stehe nun die Wohnraumförderung mit einem Prozent. Zusammen mit anderen Faktoren sei die Förderung also richtig attraktiv.
Das NRW-Bauministerium spricht davon, dass die öffentliche Wohnraumförderung der Fels in der Brandung bei der stark im Sturm stehenden Wohnungs- und Bauwirtschaft sei und die Landesförderung auch 2024 statt Förder-Stau einen Förder-Wow ermögliche. Jenseits dieser Pressemitteilungslyrik kann man wohl nüchtern festhalten, dass das Land mit seiner Förderung seinen Teil dazu beiträgt, dass überhaupt noch neue Wohnungen entstehen.
NRW gibt mehr Fördergeld als alle anderen Bundesländer zusammen
Denn in den vergangenen Jahren ist die Zahl der Wohnbauprojekte - auch in Herne - eingebrochen. Dennoch sei die Lage in NRW deutlich besser als in anderen Bundesländern, und das liege an der Wohnungsbauförderung des Landes, so Alexander Rychter, Direktor des Verbands der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland Westfalen. In NRW stünden 2024 rund 2,7 Milliarden Euro Fördermittel zur Verfügung - mehr als in allen anderen Bundesländern zusammen.
Kurz vor der Vollendung steht das Projekt „Wohnen am Westbach“ der WHS - ziemlich genau zehn Jahre nach der Entscheidung, den alten Bestand aus den 30er- und 50er-Jahren abzureißen. Dieser sei auch durch Sanierung mehr in die Neuzeit zu holen gewesen, so Volkar. Entstanden sind 116 moderne Wohnungen, davon förderte das Land 18 mit insgesamt 3,6 Millionen Euro. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 40 Millionen Euro, die größte Investition in der Historie der Genossenschaft.
NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach sagte bei ihrem Besuch, dass man in Herne gerne baue, sehe man am Beispiel „Wohnen am Westbach“. Das habe eine Qualität, das sich von vielen anderen Neubauprojekten abhebe. Die Wohnraumförderung, die die WHS bei diesem Projekt genutzt habe, sei deshalb wichtig, weil sie möglich mache, dass eine Stadt für alle da ist, auch für jene, die weniger Geld haben. Die WHS habe eine gesunde Mischung geschaffen. Darüber hinaus verhindere die Förderung, dass die Mieten nicht noch weiter explodieren würden, als ohnehin schon.
„Bei der Wohnraumförderung spüren die Menschen, dass der Staat etwas für sie tut“
Oberbürgermeister Frank Dudda wies beim Besuch darauf hin, dass es für eine Stadt wie Herne von „unschätzbarem Wert“ sei, wenn ein Quartier erneuert werde, weil es die Stadt alleine mit ihrer - fehlenden - Finanzkraft nicht schaffe. Deutlicher als mit dem Westbach könne man einen Wandel des Wohnens gar nicht zeigen. „Denn so baut man in europäischen Großstädten.“ Dieser Wandel lasse sich nicht beliebig an anderen Stellen wiederholen, das sei ein Problem: Dudda erwartet, dass in Zukunft weitere Menschen nach Herne ziehen.
Und dann machte Dudda noch einen Schlenker zur allgemeinen Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der Politik. Deshalb verdiene die öffentliche Wohnraumförderung eigentlich viel mehr Beachtung, denn sie sei am Ende die Grundlage dafür, dass die Menschen spüren, dass der Staat etwas für sie tut.