Herne. An Grundschulen soll es mehr Unterricht geben, sagt die Politik. Scheinbar eine gute Idee. Dennoch bereitet es Herner Schulen „Bauchschmerzen“.

Eine Stunde mehr Mathe, eine Stunde mehr Deutsch und das für alle Grundschülerinnen und Grundschüler ab dem kommenden Halbjahr. Was von NRW-Schulministerin Dorothee Feller wie ein guter Ansatz klingt, um die mangelnden Deutschkenntnisse sowie das Lesen, Schreiben und Rechnen insgesamt bei den Kindern zu verbessern, stößt in Herne eher auf Kopfschütteln: „Wie sollen wir das machen?“, fragt die für die Besetzung der Grundschulen zuständige Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini. „Das ist in Herne überhaupt nicht möglich.“

Schon jetzt stehe sie in Herne regelmäßig vor einer Mangelverwaltung, was die Besetzung der Lehrerstellen anbetrifft. „Es fehlt an allen Schulen. Wir hangeln uns so durch“, sagt sie. Von 21 ausgeschriebenen Stellen seien beispielsweise nur sieben besetzt worden. Und auch Abordnungen von anderen Schulformen seien kaum möglich, da diese ebenfalls unterbesetzt seien. „Die einzige Schulform, die zwei Stellen abordnen konnte, war die Hauptschule.“ Zudem werde aber auch versucht, auf Abordnungen zu verzichten, da diese sehr unbeliebt seien, so Christoph-Martini.

Schulaufsicht in Herne: Andrea Christoph-Martini hat Bedenken, dass die zusätzlichen Stunden in Herne überhaupt unterrichtet werden können.
Schulaufsicht in Herne: Andrea Christoph-Martini hat Bedenken, dass die zusätzlichen Stunden in Herne überhaupt unterrichtet werden können. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Zwar habe sie fürs neue Schuljahr alle Klassenleitungsstellen belegen können, doch schon zum Schulstart seien die ersten Hiobsbotschaften eingetrudelt in Form von Krankheits- und Schwangerschaftsausfällen, die nun aufgefangen werden müssten. Das werde Eltern, Kinder und die Schulen das ganze Jahr begleiten: „Immer wenn Erkrankungen da sind, werden wir ganz eng gestrickt sein und es werden immer blöde Vertretungspläne geschrieben werden müssen“, so Christoph-Martini. Auch Stundenausfälle seien nicht auszuschließen.

Schulministerin Feller hatte zum Beginn des Schuljahres die Ausweitung der Deutsch- und Mathematik-Stunden verkündet. Alle Klasse 1 bis 4 sollten demnach fast durchgehend sechs Stunden Deutsch und fünf bis sechs Stunden Mathematik pro Woche erhalten. „Mit dem Lesen, Schreiben und Rechnen werden die unverzichtbaren Grundlagen für alle weiteren Bildungs- und Lebenswege unserer Schülerinnen und Schüler gelegt“, sagte sie. Mit der Umsetzung zum zweiten Halbjahr bliebe den Schulen ausreichend Zeit, um sich auf die Neuregelung vorzubereiten.

Die Idee einer zusätzlichen Stunde Mathe und Deutsch klingt für Andrea Christoph-Martini zwar auch gut – aber eben nur in der Theorie. In der Praxis sei es nicht umsetzbar. Schon jetzt unterrichteten die Grundschulen in Herne an der unteren Bandbreite der Stundentafel. Wegen krankheitsbedingter Ausfälle müssten Studenten vorübergehend Klassenführungen übernehmen. „Es ist im Moment nicht schön. Wir kommen immer mehr in die Bredouille“, sagt sie.

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Die Situation an den Grundschulen in Herne sei unterschiedlich. Förderstunden würden aber – wenn überhaupt – nur in einem ganz geringen Umfang durchgeführt. Und diese würden dann wohl wegfallen, um die zusätzliche Mathe- oder Deutschstunde unterzubringen. „Und Kinder, die wirklich dringend Förderunterricht brauchen, bekommen dann keinen“, beklagt die Schulamtsdirektorin. Von zusätzlichem Unterricht wäre dann also keine Rede.

Auch Petra Schachner, kommissarische Schulleiterin der Freiherr-vom-Stein-Grundschule, sieht die Idee aus Düsseldorf skeptisch: „Im Prinzip ist es gut, aber ich hatte gleich Bauschmerzen wegen des Personals.“ Sie wisse nicht, wie sie das umsetzen soll und warte nun erstmal ab.