Herne. Olympia 1984: Claudia Losch holt Gold, der Herner Ex-Bürgermeister Erich Leichner (73) schaut die Spiele von der Tribüne. Wie er sie erlebte.
Als der ehemalige Herner Bürgermeister Erich Leichner am Flughafen in Los Angeles ankommt, erfüllt sich für den heute 73-Jährigen ein Traum. Nach Olympia 1980 haben er und zwei Freunde einander versprochen, die nächsten Olympischen Sommerspiele vor Ort zu bejubeln. „Zu dem Zeitpunkt waren wir noch Studenten und mussten uns das Geld vom Mund absparen“, erinnert sich Leichner an die Vorbereitungen für das sportliche Großereignis in Los Angeles im Jahr 1984. Im selben Jahr holte die Kugelstoßerin Claudia Losch die erste und bislang einzige olympische Goldmedaille nach Herne. 26 Jahre gehörte er dem Rat der Stadt an und war ab 2014 sechs Jahre lang ehrenamtlicher Bürgermeister.
Ohne Tickets am Flughafen in Los Angeles
Am Flughafen in Los Angeles sind die drei Freunde in einen Bus gestiegen, erzählt der SPD-Politiker. Je näher sie der Innenstadt kamen, desto mehr füllte er sich. Als Leichner einer Frau im brechend vollen Bus seinen Platz anbot, war sie derart von seiner Fürsorge überrascht, dass sie die Reisegruppe abrupt dafür belohnte. Als Sekretärin bei Olympia wusste die Frau, wo es noch Tickets für die Sommerspiele zu kaufen gab. Bis dato standen die deutschen Studenten mit leeren Händen da. Durch den Tipp bekam das Trio nicht nur Tickets für 33 Dollar, sondern auch noch ein Frühstück für gerade einmal 99 Cent. Ein Segen für die mittellosen Freunde. „Das hat uns vieles erleichtert. Wir wollten unbedingt zum Zehnkampf in der Leichtathletik, weil Jürgen Hingsen dort lief.“
Im Stadion angekommen, tauschte Leichner seinen Deutschland-Schlapphut gegen eine Amerika-Kappe ein. Für ihn sei es peinlich gewesen, als Deutscher aufzufallen und daher froh über das spontane Tauschgeschäft gewesen. „Olympia war noch nicht so wild wie heute, trotzdem waren viele Menschen in dem bonbonfarbenen Stadion“, erinnert sich der Sportfan an die hellen Pastellfarben, deren Anblick er bislang nicht gewohnt war.
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Sportliche Wettkämpfe in den 1950er Jahren
Seine Begeisterung für die Spiele hält bis heute an. „Ich gucke von morgens bis abends Olympia“, berichtet er, während er das 20-Kilometer-Gehen der Frauen schaut. „Mich interessiert jede Sportart.“ Besonders freue er sich aber über jene Sportarten, über die sonst nicht berichtet werden. „1964 war die ersten Olympiade, die ich bewusst miterlebt habe. Da ist mein Vorbild Ernst Joachim Küppers mitgeschwommen und hat die Silbermedaille gewonnen“, erinnert sich Leichner, der selber nie den Ansporn hatte, in einer Sportart besonders gut zu werden. „Sobald ich mich quälen musste, habe ich aufgehört“, sagt der langwierige Rekordhalter der Dreierrutsche im Lago, die er einst mit 12 Sekunden herunterbrauste.
Der Grundstein für sein sportliches Interesse sei in seiner Kindheit in den 1950er Jahren gelegt worden. Aufgewachsen in einer Wohnsiedlung habe er häufig draußen mit den anderen Kindern gespielt und Wettkämpfe organisiert. Der Sandkasten wurde zum Weitspringen genutzt, eine Runde um die Siedlung galt als Laufrunde. Rund 20 Kinder haben sich in der Siedlung sportlich gemessen – ob im Laufen, Springen, Werfen, Fußball spielen oder Rollschuhen fahren.
Als Bürgermeister habe er seine Leidenschaft für den Sport weitergeführt, indem er Preise übergeben durfte oder zur Eröffnung des Sport- und Erlebnisbads Wananas eine „Arschbombe“ vom Dreimeter-Brett gemacht hat. Noch heute gehe er dort gerne mit seiner Frau schwimmen.