Herne. Immer Ärger mit E-Rollern: In Gelsenkirchen ist der Verleih aufgrund negativer Begleiterscheinungen eingestellt worden. Was Herne nun plant.
Ein Streit über die Auswüchse des E-Scooter-Verleihs hat in Gelsenkirchen im April zu einem Verbot der Leih-Roller im gesamten Stadtgebiet geführt, das selbst zur EM nicht aufgehoben wurde. Auch in Herne wird zwar immer wieder Kritik laut, doch die Verwaltung fährt hier zurzeit einen weniger konfrontativen Kurs als die Verantwortlichen in der Nachbarstadt.
- Lesen Sie auch: E-Scooter-Aus in Gelsenkirchen: Leih-Roller jetzt verboten
In der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause hatte ein Herner Bürger seinem Herzen Luft gemacht. „E-Roller werden quasi als Blickfang an Straßenecken abgestellt und behindern Passanten“, klagte er. Seine Einwohnerfrage an die Verwaltung: „Wie will die Stadt Herne die Abstellung von E-Rollern regulieren?“ Alternativ zu einem Verbot käme eine „Räumungsabgabe“ in Betracht, so sein Vorschlag.
Regulierung ja, Verbot nein - das war und ist die Botschaft des städtischen Rechtsdezernenten Frank Burbulla. Alle Maßnahmen zur Eindämmung unerwünschter Begleiterscheinungen würden in Kooperation mit den Anbietern durchgeführt: „Wir wollen, dass E-Scooter in Herne genutzt werden.“
Die Stadt habe mit jedem der derzeit drei Betreiber (Tier, Lime, Bolt)9 eine Vereinbarung abgeschlossen. Ziel sei es, durch unterschiedliche Maßnahmen Fehlverhalten zu unterbinden, so der Dezernent. So würden einerseits No-Parking-Areas (Parkverbotszonen) vorgegeben, die das Abstellen der E-Scooter einschränkten. Die Nutzerinnen und Nutzer dürften das Fahren in diesen „sensiblen Bereichen“ nicht beenden; technische Instrumente wie Geofencing verhinderten das Abstellen der Roller. Als Beispiel nannte Burbulla Rettungswege, Gleisbereiche, Fahrradabstellanlagen sowie Ein- und Ausfahrten. Die Liste dieser No-Parking-Areas werde ständig aktualisiert und erweitert. Weitere Parkflächen für E-Roller sollen in Herne an den geplanten Mobilstationen angeboten.
- Auch interessant: Als Herne 2019 kurz deutsche E-Scooter-Hauptstadt war
Unterm Strich ist der Handlungsdruck in Herne aber offenbar deutlich geringer als in Gelsenkirchen. „Die Zahl der Beschwerden ist recht gering“, so Burbulla. Über die Hotlines der Betreiber könnten Beschwerden umgehend weitergegeben werden. „Es gibt schnelle Reaktionen. Störungen werden in kurzer Zeit beseitigt.“
Herne denkt darüber nach, Betreiber haftbar zu machen
Für den SPD-Stadtverordneten Roberto Gentilini steht trotzdem fest: „Wir müssen mehr tun als bisher. Die Leute haben den Kaffee auf“, sagt der Vorsitzende des Mobilitätsausschusses auf Anfrage der WAZ. Insbesondere für Menschen mit Kinderwagen, Rollator und Rollstuhl sei es ein Problem, wenn Scooter ständig auf Bürgersteigen lägen. Aber auch das betont er: „Ich finde es gut, dass es die Dinger gibt.“
Und möglicherweise wird die Stadt tatsächlich bald aktiv werden: Man denke darüber nach, die Vermieter von E-Scootern zum Beispiel für ordnungswidrig abgestellte E-Scooter haftbar zu machen, sagte Burbulla im Rat. Vorbild sei die Halterhaftung in der Straßenverkehrsordnung für Pkw, wenn ein Verursacher nicht zu ermitteln sei. Die Rechtssprechung sei da noch sehr unterschiedlich. Weil die jüngere Tendenz bei E-Rollern aber eher in Richtung Halterhaftung gehe, werde derzeit geprüft, „ob wir diesen Weg weiter beschreiten wollen“.
Nachrichten aus Herne - Lesen Sie auch:
- Filzvorwurf gegen Stadt Herne: „Wieder die SPD bevorzugt“
- Mann erstickt auf Isolierstation: Witwe erhält 21.000 Euro
- Sonnige Aussichten: Herne ist endlich auf der Wetterkarte
Auch im Gelsenkirchener E-Roller-Streit geht es um Haftungsfragen. Hintergrund der Auseinandersetzung ist eine neue Kooperationsvereinbarung, die die Stadt den beiden dort aktiven Verleihern vorgelegt hat. Sie sollten sich damit verpflichten, künftig eine sichere Identitätsfeststellung (zum Beispiel über den Personalausweis oder den Führerschein) für die Nutzerinnen und Nutzer einzurichten.
Das wird von den Verleihern nach wie vor zurückgewiesen: Die von der Stadt geforderte Identifizierung der Mieterinnen und Mieter der Roller sei nicht erbracht worden, berichtet Gelsenkirchens Stadtsprecher Martin Schulmann. Die Betreiber hätten gegen diese Auflage geklagt und im Eilverfahren verloren. Das Hauptsacheverfahren vor dem Verwaltungsgericht sei noch nicht terminiert. Aber: „Inzwischen hat sich ein Bewerber gemeldet, der prüft, ob er die Bedingungen erfüllen kann. Möglicherweise wird es also irgendwann wieder E-Roller geben“, so Schulmann zur WAZ Herne.