Herne. Bleibt ab dem 1. Juli mein Fernseher schwarz? Viele Herner Mieter sind verunsichert. Das nutzen windige Vertreter aus. So schützen Sie sich.

Der Mann am anderen Ende der Sprechanlage klang sehr bestimmt: „Wir müssen über Strom sprechen“, antwortete er, als eine Hernerin nach dem Klingeln an der Haustür gefragt hatte, wer denn da sei. Die Bewohnerin reagierte geistesgegenwärtig und sagte, dass diese Dinge ihr Mann regele, und der sei nicht im Hause. Der ungebetene Gast und sein Begleiter zogen unverrichteter Dinge von Dannen - in diesem Fall. Doch an anderen Türen sind sie womöglich erfolgreich.

Diese Besucher scheinen in diesen Wochen in Herne, aber auch anderen Städten, keine Einzelfälle zu sein. Nach der Beobachtung von Veronika Hensing, Leiterin der Herner Verbraucherzentrale, versuchen offenbar zwielichtige Handelsvertreter, die allgemeine Verunsicherung für schnelle Geschäfte an der Haustür zu nutzen. Da werde Angst gemacht, um Verträge abzuschließen. „Die Menschen wissen aber gar nicht, was sie da abgeschlossen haben und kommen im Nachhinein zu uns“, so Hensing.

Veronika Hensing stellt fest, dass windige Handelsvertreter die allgemeine Unsicherheit rund ums Thema Kabelfernsehen für schnelle Haustürgeschäfte ausnutzen wollen.
Veronika Hensing stellt fest, dass windige Handelsvertreter die allgemeine Unsicherheit rund ums Thema Kabelfernsehen für schnelle Haustürgeschäfte ausnutzen wollen. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Und wie der Fall der Hernerin zeige, beschränkten sich die Angebote längst nicht nur auf einen neuen Vertrag fürs Kabelfernsehen. Im Zweifelsfall werde noch gleich ein Angebot für einen neuen Strom- und Gasvertrag auf den Tisch gelegt. Manche dieser Handelsvertreter würden sich an der Klingel auch mit „Stadtbetrieb“ melden, um so in die Wohnungen zu kommen, das wisse sie aus Gesprächen mit Ratsuchenden. Hensings Rat: „Auf keinen Fall einen Vertrag an der Haustür unterzeichnen. Man muss niemanden in die Wohnung lassen, auch nicht zu einer unangekündigten Prüfung des Kabelanschlusses.“

Manche Bewohner schließen ein ganzes Rundum-Paket ab

Dass die ungebetenen Gäste es in manchen Fällen doch schaffen, hat Hensing bei einem Fall erlebt, bei dem die Bewohner quasi ein ganzes Rundum-Paket unterzeichnet haben: Fernsehen, Festnetz, Internet und Mobilfunk. „Es gibt im Moment sehr viele Themen, die für Menschen interessant sind, die von Provisionen leben“, so Hensing. Aus deren Sicht mache es sehr viel Sinn, die Verunsicherung auszunutzen und Verträge unterzuschieben. Manche dieser Vertreter seien ganz gewieft und würden ein Paket inklusive Glasfaser anbieten, obwohl der Glasfaserausbau in Herne noch ganz am Anfang stehe.

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Immerhin: Wer doch einen Vertrag an der Haustür unterzeichnet habe und dies bereue, habe ein 14-tägiges Widerrufsrecht, und zwar ohne die Angabe von Gründen. Und ohne eine Widerrufsbelehrung - die Erfahrung zeigt, dass diese in vielen Fällen ausbleibt - verlängere sich die Frist auf zwölf Monate und 14 Tage nach Vertragsabschluss. Dieses Widerrufsrecht gelte allerdings nicht beim Besuch in einem Shop, betont Hensing. Deshalb solle man sich genau überlegen, was man will und solle sich nicht überreden lassen, andere Verträge für andere Leistungen abzuschließen.

Gerade ältere alleinstehende Frauen sind von der Angebotsvielfalt überfordert

Doch für manche scheint es schwierig, diesen Ratschlag zu befolgen. Die vielen offenen Fragen, vor denen die Menschen nun stünden, kämen auch verstärkt bei ihr an, so Hensing. Gerade ältere, alleinstehende Frauen würden sich auf der Suche nach Hilfe an sie wenden. Deren Gemütslage: „Man musste ja in der Vergangenheit nichts tun, der Vermieter hat sich um alles gekümmert. Und jetzt ist alles anders“, so Hensing. Hinzu komme, dass es eine unüberschaubar große Anzahl an Angeboten gebe, auch in Kombination mit Telefon und Internet. „Diese Fülle überfordert viele Verbraucher, weil viele sich mit der Technik nicht auskennen“, so Hensing. Und diese Überforderung werde ausgenutzt.

Hensing hat folgende Faustformel für all jene, die es einfach halten wollen und nur einen Einzelnutzervertrag für Kabelfernsehen abschließen wollen: Die Kosten dafür lägen pro Monat bei etwa zehn Euro.