Herne. Mit einer Feierstunde im Ratssaal hat Herne die dauerhafte Sicherung der Schulsozialarbeit besiegelt. Der Weg dorthin dauerte ein Jahrzehnt.

Das Ringen hat mehr als ein Jahrzehnt gedauert – und war im Februar erfolgreich. Da garantierte der Herner Rat mit einem Ratsbeschluss, dass die vom Land finanzierten und bei zwei freien Herner Trägern angesiedelten 15 Stellen (mit 19 Fachkräften) dauerhaft gesichert werden. Nun wurde im Ratssaal der Fördervertrag zwischen der Stadt und den freien Trägern Gemeinnützige Beschäftigungsgesellschaft Herne und der Gesellschaft freie Sozialarbeit unterzeichnet.

2013 drohte zum ersten Mal das Aus

Hintergrund: Die Landesregierung hatte zwar 2020 nach langem Ringen angekündigt, dass die Verträge entfristet würden. Die 2021 in einer Förderrichtlinie des Landes verankerte Zusage gilt jedoch nur bis 2025, was die Herner Verwaltung zu dem vom Rat bestätigten Schritt veranlasst hat.

Eine kleine Auswahl der Überschriften der kontinuierlichen WAZ-Berichterstattung offenbart, wie lang dieser Weg war: „Programm für Schulsozialarbeiter steht vor dem Aus“ (2013); „Herner Schulsozialarbeiter protestieren gegen Projekt-Aus“ (2013); „In Herne droht bis Ende 2015 das Ende der Schulsozialarbeit“ (2014); „Land sichert für drei Jahre Schulsozialarbeit“ (2014); „Herner Schulsozialarbeit: Neues Konzept, alte Probleme“ (2016); „Sozialarbeit an Schulen bis 2021 gesichert“ (2017);

Frank Köhler (GfS), Frank Dudda und Birgit Westphal (GBH) bei der Unterzeichnung der Verträge.
Frank Köhler (GfS), Frank Dudda und Birgit Westphal (GBH) bei der Unterzeichnung der Verträge. © FUNKE Foto Services | Klaus Pollkläsener

Bei der kleinen Feierstunde machten verschiedenen Beteiligte sehr deutlich, für wie wichtig sie die Schulsozialarbeit halten. „Wir müssen mehr tun, um unser Schulsystem zukunftsfest zu machen“, so Hernes Oberbürgermeister Frank Dudda. Und dabei sei die Schulsozialarbeit eine Aufgabe, die alle vereint habe. „Wir haben verstanden, dass unser Schulsystem in der jetzigen Form diesen Baustein braucht. Das System stehe unter einem großen Veränderungsdruck. Und wird es in der Zukunft weiter stehen. Die Herausforderungen, die Lehrerinnen und Lehrer meistern müssten, seien schon kaum zu schaffen. Immer mehr Kinder benötigten Sprachförderung, psychologische oder familiäre Hilfe. Und bei der Präventionskette, die Herne aufbauen wolle, spiele die Schulsozialarbeit eine wesentliche Rolle.

OB appelliert an das Land, die Lehrpläne zu überdenken

Wer allerdings der Meinung sei, mit der Vertragsunterzeichnung sei man am Ende des Weges, liege falsch. Die nächsten Aufgaben stünden schon an. Er werde an die kommende Landesregierung appellieren, dass sie die Lehrpläne überdenke. Die Zuwanderungsthematik aus dem Jahr 2015 sei noch gar nicht abgeschlossen, da komme mit den Flüchtlingen aus der Ukraine schon die nächste hinzu. Darauf könne man nicht mit dem System reagieren, dass er noch aus seiner eigenen Schulzeit kenne, so Dudda. Das Schulsystem müsse so ausgestattet sein, dass man nicht noch einmal zehn Jahre um Schulsozialarbeit kämpfen muss.

Ulrich Klonki, Vorsitzender des Ausschusses für Kinder, Jugend und Familie, bezeichnete die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter für die Kinder und Jugendlichen als „Fels in der Brandung“. Sie hätten eine Verlässlichkeit ausgestrahlt, als ihre eigene Situation angesichts von Jahresverträgen höchst ungewiss gewesen sei. Schulsozialarbeit sei kein Projekt, sondern ein integraler Bestandteil von Schule. Schulsozialarbeiter schlichteten Streit auf dem Schulhof, sie besuchten Familien mit Erziehungsproblemen, sie helfen Eltern beim Ausfüllen von Formularen oder übernehmen sogar Unterricht – ohne zu schauen, was im Arbeitsvertrag steht.

Viele gute Kräfte gingen verloren, weil die Verträge nicht entfristet werden konnten

Die Schulausschussvorsitzende Birgit Klemczak erinnerte daran, dass Herne Fakten geschaffen habe, wo andere – damit meint sie das Land – diese Entscheidung vor sich hergeschoben hätten. Es reiche nicht, die Arbeit über den grünen Klee zu loben, die Arbeit müsse langfristig gesichert werden. Durch den Ausbau des Offenen Ganztags entwickle sich Schule immer stärker zum zentralen Lebensmittel für die Kinder. Da sei es von herausragender Bedeutung, dass Lehrkräfte und Schulsozialarbeiter gemeinsam agieren.

Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini wies darauf hin, dass die Schulen in den vergangenen Jahren viele gute Kräfte verloren hätten, weil die Verträge nicht entfristet werden konnten. „Menschen, die mit uns arbeiten, brauchen Sicherheit.“ Diese werde mit der Entfristung gegeben.

>>> HERNER KONZEPT VORBILD FÜR GANZ NRW

■ Das Konzept der Schulsozialarbeit ist über die Grenzen Hernes bekannt. Hintergrund: Die Stadt Herne und die Bezirksregierung haben ein „Gesamtkonzept Schulsozialarbeit“ entwickelt, das Vorbildfunktion für ganz NRW hat.

■ In dem Gesamtkonzept werden – unabhängig vom Träger – Standards für die Arbeit formuliert. Auf dieser Grundlage können Schulen eigene, auf sie zugeschnittene Konzepte entwickeln. Das Konzept ist zum Schuljahr 2016/2017 in Kraft getreten.