Herne. 94 ukrainische Kinder sollen in Herne in den Schulen integriert werden. Es werden täglich mehr. Das Problem: Die Schulen sind bereits voll.

Die Stadt arbeitet an Lösungen, um die Flüchtlingskinder aus der Ukraine, die in Herne ankommen, möglichst zeitnah in den Schulen zu integrieren. Am Dienstag waren in Herne insgesamt 94 schulpflichtige Kinder und Jugendliche registriert – 46 im Grundschulalter, 39 für die weiterführenden Schulen, sagt Schuldezernent Andreas Merkendorf. Und die Zahl steigt täglich.

„Wir haben ukrainische Mütter vor Schulen stehen, die ihr Kind anmelden wollen“, sagt Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini. Ganz so schnell und einfach ginge das aber leider nicht. Denn: „Die Grundschulen in Herne sind voll.“ Diese ernüchternde Erkenntnis hatte die Schulamtsdirektorin bereits vor Beginn des Ukraine-Kriegs zum Ausdruck gebracht und über die zu großen Klassen an den Grundschulen geklagt.

Herne: Lehrkräfte für Flüchtlingsklassen fehlen

Und auch jetzt gelte: „Ich habe freie Räume, aber ich habe keine Lehrerinnen und Lehrer dafür“, so Christoph-Martini. Zwölf bis 13 Grundschulen hätten über das gesamte Stadtgebiet verteilt bereits einen Raum angeboten. „Wir müssen nun aber erstmal gucken, wo die Kinder wohnen und wo wir Kapazitäten haben.“ Noch sei gar nicht sicher, welche Kinder auch in Herne blieben; die Planung sei ein bisschen wie der Blick in die Glaskugel.

Der Platz sei an den Herner Grundschulen da, nicht aber das nötige Lehrpersonal vorhanden, sagt Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini.
Der Platz sei an den Herner Grundschulen da, nicht aber das nötige Lehrpersonal vorhanden, sagt Schulamtsdirektorin Andrea Christoph-Martini. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

„Wir haben viele Krisen-Konzepte in der Schublade, aber keines für diese Situation“, sagt sie. Deshalb arbeiteten die Verantwortlichen derzeit noch daran, Lösungen zu finden. „Es ist das Ziel, die Kinder so schnell wie möglich zu integrieren“, sagt Christoph-Martini. Das sei im Moment aber nicht so einfach und dauere seine Zeit. Sie schätzt, dass in der nächsten und übernächsten Woche die ersten Kinder in den Grundschulen einsteigen können. Auch an den weiterführenden Schulen sei dieser Zeitplan realistisch, sagt Andreas Merkendorf. Wenn die Kinder in Herne registriert sind, greife mit einem zeitlichen Versatz automatisch die Schulpflicht, erklärt er.

Kinder einzeln integrieren und in Willkommensklassen

„Ziel ist es, die Kinder so schnell wie möglich in Willkommensklassen zu bringen“, sagt Christoph-Martini. Durch dieses Modell solle den Kindern erstmal die Möglichkeit gegeben werden, erste Deutschkenntnisse zu erwerben, aber auch in der Gruppe ihre Traumata zu verarbeiten. Die einzige Schule mit freien Kapazitäten sei die Grundschule Jürgens Hof. Dort solle ein Integrationszentrum entstehen und „wahrscheinlich erstmal eine Willkommensklasse“.

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„Es wird aber auch Einzelintegrationen an Schulen geben, wo Kapazitäten frei sind.“ Die Lehrerinnen und Lehrer in Herne hätten jahrelange Erfahrung damit, auch Kinder zu integrieren, die der deutschen Sprache nicht mächtig seien. Schließlich kämen bis heute noch fünf bis sechs Kinder pro Woche aus anderen Ländern als der Ukraine – etwa Rumänien oder Syrien – nach Herne, die als Seiteneinsteiger in die Schulen gingen. Die Schulen besorgten sich bereits Lernmaterial in ukrainischer Sprache.

Kapazitätsgrenze nach Ostern erreicht?

Für die Willkommensklassen werden nun händeringend Lehrkräfte gesucht. Sie denke darüber nach, ukrainische Lehrerinnen einzustellen, warte diesbezüglich aber noch auf Auskünfte, so Christoph-Martini. So sei beispielsweise unter den Flüchtlingen in Herne eine Deutschlehrerin aus der Ukraine. Auch die Hilfsbereitschaft bei Ehrenamtlichen sei enorm. Dennoch brauche eine Klasse auch eine feste Bezugsperson. „Wir werden versuchen, alle Möglichkeiten zu nutzen, um Personal zu bekommen.“ Ziel sei es aber, die Kinder so schnell wie möglich in den regulären Klassen zu integrieren.

Hernes Schuldezernent Andreas Merkendorf warnt, dass nach Ostern die Kapazitätsgrenze erreicht sein könnte und dann neue Lösungen gefunden werden müssten.
Hernes Schuldezernent Andreas Merkendorf warnt, dass nach Ostern die Kapazitätsgrenze erreicht sein könnte und dann neue Lösungen gefunden werden müssten. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Andreas Merkendorf ist sicher: „Am Ende wird jedes Kind einen Schulplatz haben.“ Es werde auch für die älteren Schüler individuell beraten, welche Schulform an den weiterführenden Schulen die richtige sei, und geschaut, wo Kapazitäten frei sind. Das Gesundheitsamt führe eine schulärztliche Untersuchung durch. Aber der Schuldezernent warnt auch schon jetzt: „Wenn der Zustrom so weitergeht, müssen wir nach Ostern die Kapazitätsfrage stellen.“ Aber nun solle den zum Teil traumatisierten Kindern erstmal möglichst zeitnah ein Stück Normalität in der Schule ermöglicht werden.

WEITERE INFORMATIONEN: Anlaufstellen und Kitas

• Ukrainische Kinder im Grundschulalter sollen bei der unteren Schulaufsicht gemeldet werden, sagt Schuldezernent Merkendorf. Von dort erfolge in Zusammenarbeit mit dem Kommunalen Integrationszentrum die Zuweisung an eine Schule, die Kapazitäten frei hat.

• Die Vermittlung von Schulplätzen an den weiterführenden Schulen läuft direkt über das Kommunale Integrationszentrum, so Merkendorf.

• Da es für Kindergartenkinder keine Kita-Pflicht gibt, sei die Aufnahme von Flüchtlingskindern in Kitas nur sehr vereinzelt angefragt worden. Dann werde individuell entschieden, ob Kapazitäten frei sind, so Merkendorf. „Wir nehmen in dem Bereich aber keinen Druck wahr.“