Herne. Die A 43 wird Montag für Lkw gesperrt. In Herne befürchtet man große Verkehrsbehinderungen. Die Logistikbranche stöhnt: Lkw müssen Umwege fahren.
Die Sperrung der A 43 zwischen dem Kreuz Herne und Kreuz Recklinghausen ab Montag hat im Rathaus, in der Politik und in der Wirtschaft große Sorgen ausgelöst. Der Autobahnabschnitt wird wegen Schäden an der Brücke über dem Rhein-Herne-Kanal auf unbestimmte Zeit für Lkw gesperrt. Im Raum steht auch eine Vollsperrung. Die große Befürchtung: Fahrzeuge suchen sich Routen durch die Stadt, Straßen verstopfen. Außerdem könnte der Logistikstandort Herne Schaden nehmen: Lkw müssen nun zum Teil lange Ausweichrouten in Kauf nehmen.
Weil Stahlträger der Emschertalbrücke durchhingen, versage das Tragwerk, hieß es am Donnerstag beim Autobahnbetreiber Autobahn GmbH in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Deshalb sei die Sperrung für Lkw unumgänglich. Sie könnte Monate bis Jahre andauern: Die A 43 wird bis 2030 nach und nach auf drei Spuren ausgebaut. In zwei Wochen soll es nun eine Belastungsprüfung geben, je nach Ergebnis müsse die Strecke dann möglicherweise komplett für alle Fahrzeuge gesperrt werden.
Angst vor Sperrung auch für Pkw auf der Strecke
In der Politik schrillen die Alarmglocken. Roberto Gentilini, Vorsitzender des neuen Ausschusses für Digitales, Infrastruktur und Mobilität, fürchtet auf den Herner Straßen ab Montag „ein totales Chaos“. Lkw würden sich Alternativrouten durch die Stadt suchen und Straßen verstopfen. Wie das aussehe, habe man bei den A 43-Sperrungen an den vergangenen Wochenenden sehen können: Da sei in vielen Straßen zeitweise alles dicht gewesen, so der SPD-Ratsherr.
Ab Montag, so seine Befürchtung, könnte die ganze Innenstadt von Ausweichverkehren betroffen sein. Das sei für Anwohner wie Autofahrer schlimm, aber auch die Umwelt leide. Nicht auszudenken, wenn in zwei Wochen die A 43 auch noch für Pkw gesperrt werden sollte: „Das wäre dann der totale Wahnsinn.“ Der Ausschussvorsitzende fordert nun von der Stadt, die Auswirkungen engmaschig zu beobachten und die Ergebnisse regelmäßig an die Politik, aber auch die Bürger weiterzugeben.
Stadt Herne will Verkehr „genau beobachten“
Ob und wie sich die Sperrung auf den Verkehr in Herne auswirken wird, sei noch nicht abzusehen, sagt Stadtsprecher Michael Paternoga. Er will aber nicht ausschließen, dass es zu Verkehrsproblemen kommt, sagt er zur WAZ. Die Stadt wolle den Verkehr ab Montag „genau beobachten“ und sich über die Ergebnisse mit Autobahn GmbH, Nachbarstadt Recklinghausen, Logistikunternehmen und Polizei austauschen. Gegebenenfalls sollen Maßnahmen abgestimmt werden. Sein dringender Appell: Lkw-Fahrer sollen die ausgeschilderten Ausweichrouten über die anderen Autobahnen nutzen.
Mit klugen Umleitungsführungen allein sei es leider nicht getan, meint Hernes FDP-Landtagsabgeordneter Thomas Nückel: „Es wird weitere Schritte bedürfen, innerstädtische Schleichwege zu verhindern“, sagt er zur WAZ. Er habe den „Brückenlockdown“ auf die Tagesordnung des Verkehrsausschusses des Landtags gesetzt, der am Mittwoch, 14. April, tage. Auch ein Bevollmächtigten der Deutschen Bahn sei eingeladen – auch sie sei von der Sperrung betroffen. Er befürchte, dass Probleme rund um Herne die Probleme um die Leverkusener Brücke über den Rhein oder die A-40-Brücke Neuenkamp übertreffen werden.
Logistikbranche trifft es knüppeldick
Die Sperrung trifft auch den Logistikstandort Herne knüppeldick. Christof Sommer, General Manager des Dachser-Logistikzentrums in Friedrich der Große, rechnet damit, „dass es bei den geplanten Umfahrungen zu großen Verkehrsbehinderungen kommen wird“. Schon jetzt sei das Herner Kreuz durch den A 43-Ausbau ein Nadelöhr. Das Unternehmen müsse sich nun mit den „neuen, sehr herausfordernden Rahmenbedingungen intensiv auseinandersetzen, um die Lieferketten unserer Kunden aus der Region mit der gewohnten Zuverlässigkeit und Qualität am Laufen zu halten“. Auch der Nachbar stellt sich auf die neuen Strecken ein: „Wir werden die Entwicklung der Verkehrssituation genau beobachten, Umleitungsstrecken in unsere Planung einbeziehen und unsere Routen entsprechend aktueller Gegebenheiten flexibel anpassen“, so ein UPS-Sprecher zur WAZ.
Was die Sperrung der zentralen Nord-Süd-Autobahnachse für die Unternehmen in der Region bedeutet, lasse sich im Moment noch überhaupt nicht abschätzen, sagt Holger Stoye, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Herne. „Sichtbar wird aber gerade wieder an diesem Beispiel, wie existenziell der rechtzeitige und nachhaltige Erhalt unserer Infrastruktur ist“, so Stoye. „Egal ob Straße, Schiene oder Kanal – jede funktionierende Verkehrsader sichert den gesunden Puls unseres Wirtschaftskreislaufs und jede Einschränkung beeinflusst die Wettbewerbsfähigkeit unseres Standorts in erheblichem Maß“. Die von der Autobahn GmbH aufgezeigten Alternativen sowie die möglichen Änderungspotenziale im Rahmen der Ausbaupläne der A 43 müssten „umfänglich und schnellstmöglich geprüft und mit Hochdruck umgesetzt werden“.
>> WEITERE INFORMATIONEN: Ruhr-Wirtschaft in Sorge
Die Sperrung der A 43 versetze die Ruhr-Wirtschaft in große Sorge, heißt es in einer Mitteilung der Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen: Durch die Sperrung seien direkt oder indirekt erhebliche Teile des Wirtschaftsverkehrs im gesamten Ruhrgebiet betroffen: Das gelte insbesondere auch für die regionalen Verteilerverkehre mit kleineren Nutzfahrzeugen, da das Befahrungsverbot bereits Fahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 Tonnen betrifft.
Die Auswirkungen würden für viele Unternehmen im Ruhrgebiet deutlich spürbar werden. Neben der großräumigen Umleitung der Transitverkehre komme es auch darauf an, dass die Erreichbarkeit der Unternehmen im erweiterten Umfeld der Sperrung sichergestellt werde und Ausweichrouten über städtische Straßen so geplant werden, dass die Verkehre dort auch weitgehend störungsfrei fließen können.