Herne. Im Schulausschuss haben Herner Schüler über Schwierigkeiten im Homeschooling berichtet. Das Ergebnis: Es fehlt vor allem an digitalen Endgeräten.
„Ihr sitzt seit einem Jahr im Warteraum des Lebens“, sagte Schulamtsleiter Andreas Merkendorf am Donnerstagnachmittag im Schulausschuss in Herne. Vier Schülerinnen und Schüler hatten zuvor berichtet, welche Schwierigkeiten und Herausforderungen der digitale Unterricht mit sich bringt: „Es läuft nicht so, wie es laufen sollte“, so Emilia Peuster, Schülerin der Realschule Sodingen. Schuld daran sei auch die Politik, wie Merkendorf zugibt: „Wir sind dafür verantwortlich, weil wir anders priorisiert haben.“
Gesamtschülerin aus Herne: „Wir haben Lernlücken“
So seien zum Beispiel die Selbsttests zum Start in den Wechselunterricht an den weiterführenden Schulen nicht da gewesen, sagt Realschülerin Emilia Peuster. Und längst nicht alle Lehrer hätten während des Lockdowns Video-Konferenzen angeboten, erzählt Simge Orhan vom Gymnasium Wanne. Stattdessen habe es einen Berg an schriftlichen Aufgaben gegeben. „Wir haben Lernlücken“, warnt Buket Yumrukas, Abiturientin an der Gesamtschule in Wanne-Eickel. Es sei kaum möglich, die Lerninhalte über den digitalen Weg zu vertiefen. Und auch die Arbeit mit den verschiedenen Lernplattformen MNS Pro und Microsoft Teams sei „unübersichtlich“, wie Yousef Lahai, Schüler der Hans-Tilkowski-Schule, sagt. Es bestehe der Wunsch nach nur einer Plattform.
Eines des größten Probleme, da sind sich die vier Schülerinnen und Schüler einig: Es fehlt an digitalen Endgeräten. So habe die Gesamtschule Wanne-Eickel nur 60 Laptops erhalten – bei mehr als 1200 Schülern. Buket Yumrukas: „Im ersten Lockdown hätte klar werden müssen, wie wichtig digitale Endgeräte sind.“
Leihgeräte für Schüler und Lehrer: Fristgekürztes Vergabeverfahren möglich
Nachdem im Schulausschuss am Donnerstag die Beschaffung mobiler Endgeräte für Schüler und Lehrkräfte beschlossen wurde, kann nun das Vergabeverfahren beginnen. „Es ist ein fristgekürztes Vergabeverfahren möglich“, sagt Heike-Christine Wegner vom Fachbereich Schule und Weiterbildung. Damit könne der Prozess beschleunigt werden. Wann die rund 3460 Schüler und 1600 Lehrer ihre Geräte erhalten, könne sie aber frühestens sagen, wenn der Bieter feststehe.
Da die Laptops für bedürftige Schüler vorgesehen sind, sei die Lage insbesondere für Familien, die genau an der Grenze liegen, prekär, merkt Nicole Nowak, Schulleiterin des Haranni-Gymnasiums, an. Die Leihgeräte müssten „mit Fingerspitzengefühl“ vergeben werden. „Dafür muss man seine Schüler gut kennen und viele Gespräche führen.“
„Ich weiß nicht, ob es klug ist, in dieser Art und Weise Politik zu machen“
Trotz konstant hoher Inzidenz sollen die Schulen in Herne nach Möglichkeit weiter geöffnet bleiben, das bekräftige Schulamtsleiter Andreas Merkendorf im Schulausschuss. Unter den rund 19.000 Kindern und Jugendlichen habe es bislang nur sechs positive Corona-Fälle gegeben. Sollten vermehrt Fälle auftreten, sei das Schließen einzelner Schulen eine Option.
Auf den Vorwurf von unter anderem der Grünen Fraktion, eine mögliche Schulschließung werde in Herne zu wenig diskutiert, reagiert der Schulamtsleiter verärgert: „Wir haben sehr enge Kontakte zu Arnsberg und Düsseldorf.“ Er schäme sich für das Verhalten seiner Kollegen aus Dortmund und Duisburg.
So hatte Dortmunds Oberbürgermeister Thomas Westphal angekündigt, alle Schulen der Stadt aufgrund der Corona-Lage zu schließen. Das Land NRW hat ihm dies jedoch untersagt. Merkendorf: „Ich weiß nicht, ob es klug ist, in dieser Art und Weise, zu Lasten der Schülerinnen und Schüler, Politik zu machen.“