Herne. Die Erich-Fried-Gesamtschule wehrt sich gegen Pläne, die Schule zu erweitern. Sie fordert eine vierte Gesamtschule - und erhält Unterstützung.

Die Schulkonferenz der Erich-Fried-Gesamtschule äußert „starke Bedenken“ gegen die von der Stadtverwaltung geplante Erhöhung der Zügigkeiten an ihrer Schule. Sie fordert stattdessen die Gründung einer vierten Gesamtschule in Herne, um die bestehenden drei Gesamtschulsysteme zu verkleinern und zu entlasten. Am Dienstag wird der Rat der Stadt über die Zügigkeit entschieden, nachdem bereits in einigen Ausschüssen mit großer Mehrheit für die Änderung gestimmt wurde.

Die Stadt hatte angekündigt, die Zügigkeit der Gesamtschulen in Herne verschieben zu wollen: Zum Schuljahr 2025/2026 soll Erich-Fried von vier auf fünf Züge ausgebaut werden. Bereits zum Schuljahr 2022/23, also mit Beginn des kommenden Schuljahres, soll die sanierungsbedürftige Mont-Cenis-Gesamtschule (MCG) auf fünf Parallelklassen pro Jahrgang reduziert werden. Damit wolle man dem Elternwunsch nachkommen, sagt Schuldezernent Andreas Merkendorf. Schließlich kämpfe Erich-Fried seit Jahren mit einem Überhang bei den Anmeldungen, während Mont-Cenis in Klasse 5 die Sechszügigkeit nicht ausschöpfe.

Herne: Bedenken der Schulkonferenz der Erich-Fried-Gesamtschule

Die Schulkonferenz der Erich-Fried-Gesamtschule äußert jedoch einige Bedenken: Dabei geht es zum einen um den zeitlichen Ablauf: „Für die Schuljahre 2026/2027 und 2027/2028 würde die MCG zum Zeitpunkt der geplanten Fertigstellung noch SchülerInnen für sechs Züge aufweisen, die aber in einem fertiggestellten Schulgebäude beschult werden müssten, das nur auf 5 Züge ausgelegt ist“, heißt es in einer Stellungnahme. Außerdem müssten zeitgleich und unter großem Zeitdruck sowohl die Mont-Cenis-Gesamtschule neu als auch Erich-Fried ausgebaut werden. „Das ist sicherlich angesichts der Komplexität der Baumaßnahmen unrealistisch“, befürchtet die Schulkonferenz – zumal in dieser Zeit auch Baumaßnahmen bei Feuerwehr und Polizei anstünden.

Schulleiter Stephan Helfen unterstützt die Forderung der Schulkonferenz der Erich-Fried-Gesamtschule in Herne nach einer vierten Gesamtschule, anstatt seine Schule zu erweitern.
Schulleiter Stephan Helfen unterstützt die Forderung der Schulkonferenz der Erich-Fried-Gesamtschule in Herne nach einer vierten Gesamtschule, anstatt seine Schule zu erweitern. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Als dritten Punkt führt die Gesamtschule an, dass die geplante Quinoa-Schule bereits zum kommenden Schuljahr eine reduzierte Eingangsklasse bei den Gesamtschulen abfedern müsste. „Ferner muss im Vorfeld die Frage beantwortet werden, was zur Kompensation getan wird, wenn die Quinoa-Schule von der Bevölkerung nicht angenommen wird“, so die Schulkonferenz. „Da die Quinoa-Schule eine Privatschule ist, kann die Bezirksregierung keine Zuweisung von SchülerInnen veranlassen.“

Kurzfristig bei Planungen bleiben

„Ich könnte mir vorstellen, dass man bei den Planungen erstmal bleibt und unsere Schule erweitert“, bietet Erich-Fried-Schulleiter Stephan Helfen trotz der Bedenken der Schulkonferenz an. „Aber längerfristig muss man im Ausschuss eine neue Gesamtschule auf den Weg bringen.“ Die Bevölkerungsentwicklung zeige, dass der Bedarf an Plätzen in den kommenden Jahren noch steige. „Natürlich ist das kostenintensiv“, so Helfen, „aber es ist auch ein gutes Zeichen, um zu zeigen, dass wir in Herne nachhaltig etwas verändern wollen.“

Unterstützung erhält er von Sylke Reimann-Pérez, Schulleiterin der Mont-Cenis-Gesamtschule: „Alle Gesamtschulen in Herne sind voll, auch die Realschulen sind voll“, sagt sie. Es sei kein Platz mehr da, um auch noch die Bildungsgangswechsler in Klasse 6 und 7 aufzunehmen. „Es wäre sinnvoll, eine neue Gesamtschule aufzumachen“, findet sie deshalb auch. Wenn ihre Schule ab dem kommenden Schuljahr fünfzügig werde, was sie sehr begrüße, müsse die Stadt überlegen, wo die Kinder hingehen, die nach Klasse 6 und 7 abgeschult werden.

Zügigkeit der Gymnasien reduzieren

Helfen sieht Potenzial, das Problem des Platzmangels sowie das der großen Zahl an Schulwechslern nach der Eingangsphase in Herne gemeinsam anzugehen. So schlägt er vor, die Zügigkeit der Gymnasien zu reduzieren, die in Klasse 5 gar nicht ausgeschöpft werde, und stattdessen eine vierte Gesamtschule zu gründen. So könnten auch die Gymnasien zielgenauer nur die Schülerinnen und Schüler aufnehmen, die das Leistungsniveau erfüllten und somit die Zahl der Bildungsgangswechsler reduzieren.

Wer nun denkt, die Gymnasien schreien entsetzt auf, der irrt. „Wir sind offen, die Herner Schulgemeinschaft passgenau zu gestalten“, sagt die Sprecherin der Herner Gymnasien, Nicole Nowak. Sie zeigt Verständnis für die Situation an den Gesamtschulen und sieht ebenfalls die Problematik der Schulformwechsler. Einige Eltern würden ihre Kinder auch gegen die Empfehlung und trotz entsprechender Beratung vor Ort an einem Gymnasium anmelden.

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Nowak räumt ein: „Durch eine Reduzierung der Zügigkeit an den Gymnasien könnte man fehlende Passgenauigkeiten korrigieren.“ Allerdings würde das dazu führen, dass noch mehr Kinder die Gesamtschulen besuchten. Ob das über die geplante Quinoa-Schule abgefedert werden könne oder eine vierte Gesamtschule von Nöten wäre, müsse die Zukunft zeigen. Sie gibt aber auch zu bedenken: „Wenn wir zu G9 zurückkehren, werden auch die Gymnasien voll ausgelastet sein.“ Auch das sei bei der Planung eines passgenauen Schulsystems in Herne zu bedenken.

>>>WEITERE INFORMATIONEN: Neubau soll 2025 fertig sein

• Der geplante fünfzügige Teilneubau der Mont-Cenis-Gesamtschule soll 2025 fertig gestellt sein.

• Die sich dadurch ergebende zeitliche Lücke, in der noch sechszügige Jahrgänge die Schule besuchen, obwohl der Neubau dafür nicht ausgelegt ist, sieht Schulleiterin Sylke Reimann-Pérez nicht als Problem. In dieser Zeit könnten einzelne Klassen noch im alten Gebäude beschult werden.