Herne. Eine Hernerin soll ihre Söhne 2011 und 2012 umgebracht haben, jetzt sitzt sie in U-Haft. Deshalb kommt die Tat erst zehn Jahre später ans Licht.
- Doppelmord in Herne: Eine 33-Jährige soll in den Jahren 2011 und 2012 in Wanne-Eickel ihre Söhne umgebracht haben.
- Zudem soll die Hernerin im Jahr 2018 einen weiteren Sohn körperlich misshandelt haben.
- Zehn Jahre nach dem Doppelmord ist die Hernerin festgenommen worden. Sie sitzt in Untersuchungshaft. Deshalb kam die Tat erst jetzt ans Licht.
Die Polizei Bochum hat am Dienstag, 12. April, eine Hernerin festgenommen, die ihre zwei Söhne (damals 19 Monate und zwei Monate alt) in den Jahren 2011 und 2012 in Wanne-Eickel umgebracht haben soll. 2018 soll die heute 33-Jährige zudem einen weiteren Sohn im Alter von zwei Jahren und vier Monaten körperlich misshandelt haben. Am Mittwoch haben Polizei und Staatsanwaltschaft Details zu ihren Ermittlungen bekannt gegeben.
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Was sofort auffällt: Der Tod der beiden ersten Söhne liegt bereits zehn und elf Jahre zurück. Doch in diesen beiden Fällen hätten sich zunächst keine Hinweise auf Tötungsdelikte ergeben, so Kriminalhauptkommissarin Stefanie Lienemann, die die Ermittlungsgruppe „Hieronymus“ leitete.
Lienemann schilderte, dass die Mutter in beiden Fällen Rettungskräfte verständigt habe, nachdem die Kinder nicht mehr geatmet hätten. Im ersten Fall am 21. November 2011 sei das zwei Monate alte Kind zunächst reanimiert und dann in eine Kinderklinik nach Datteln gebracht worden, wo es einen Tag später verstarb. Zwar sei ein Todesermittlungsverfahren eingeleitet worden, doch weder das Ergebnis der Obduktion noch die Aussage der Mutter hätten Anlass gegeben, ein Strafverfahren einzuleiten. Man sei von einem medizinischen Notfall als Todesursache ausgegangen.
Doppelmord in Herne: ähnliche Abläufe bei den Taten
Bei der zweiten Tat nur ein halbes Jahr später sei der Ablauf ähnlich gewesen. Die Mutter habe wieder den Notdienst verständigt, nachdem sie geglaubt habe, der Atem des 19-monatigen Kleinkinds habe ausgesetzt. Dem Rettungsdienst gelang zunächst die Reanimation, doch neun Tage später verstarb das Kind in einem Bochumer Krankenhaus. Erneut sei eine Obduktion durchgeführt worden, doch wieder sei die Mutter nicht in Verdacht geraten.
Nach der drittem Tat im April 2018 hegte eine Kinderärztin den ersten Verdacht. Als sie das dritte Kind, das überlebte hatte, in einem Bochumer Krankenhaus behandelte, habe die Ärztin von den verstorbenen Brüdern erfahren. Sie habe Kontakt zu den Ärzten der anderen beiden Krankenhäuser aufgenommen und gesagt bekommen, dass die Mutter angesichts des Todes ihrer Kinder emotionslos gewirkt habe.
Herner Jugendamt leitete Prüfung auf Kindeswohlgefährdung ein
Auch deshalb habe sie das Herner Jugendamt informiert, das eine Prüfung auf Kindeswohlgefährdung eingeleitet habe. Allerdings ohne Hinweise auf eine Misshandlung, zumal die Mutter kooperativ gewesen sei. Deshalb sei der Sohn bei der Mutter geblieben.
Erst nach den Erkenntnissen eines rechtsmedizinischen Gutachtens, das die Staatsanwaltschaft 2019 in Auftrag gegeben hatte, leitete sie 2020 ein Ermittlungsverfahren ein. Das Gutachten sei zu dem Schluss gekommen, dass drei dieser Ereignisse bei denselben Eltern höchst unwahrscheinlich seien und aufgrund der Symptome sei Ersticken eine wahrscheinliche Todesursache.
Darauf habe die Ermittlungsgruppe offen und verdeckt und „akribisch jeden Stein umgedreht“, so Stefanie Lienemann. Neben der Vernehmung einer Vielzahl von Zeugen habe man auch einen Experten für Erstickungstod zurate gezogen. Im Zuge der Ermittlungen offenbarte sich, dass die Frau anderen Personen von den Taten erzählt habe und sich damit die Verdachtsmomente verdichteten. Dies habe zur Festnahme geführt, bei der die Frau „sehr gefasst“ gewirkt habe so, Staatsanwalt Dietrich Streßig.
Stellt sich die Frage nach dem Motiv. Dazu muss man wissen, dass die – deutsche – Mutter verheiratet sei und mit dem Ehemann auch zusammenlebe. Die Beschuldigte habe aber viel gefeiert und viele Männerbekanntschaften gehabt, bevor sie Mutter geworden sei. Die Kinder seien ihr dabei im Weg gewesen. Und im ersten Fall habe sie ihre Ruhe haben wollen, weil der Säugling ein sogenanntes Schreikind gewesen sei. Deshalb laute der Tatvorwurf in den ersten beiden Fällen auf Mord aus niederen Beweggründen. Damit drohten ihr bei einer Verurteilung eine lebenslange Freiheitsstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld, die eine Entlassung aus der Haft nach 15 Jahren nicht zulasse.
>>> Tatverdächtige schweigt bislang
- Die 33-Jährige sitzt seit der Festnahme in Untersuchungshaft. Laut Staatsanwalt Dietrich Streßig hat sie bislang keine Angaben zu den Vorwürfen gemacht.
- Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsgruppe dauern an.