Heiligenhaus. 23 Jahre lang gestaltete Jürgen Weger das Heljenser Kulturleben. Nun ruft der Ruhestand. Ein Abschiedsgespräch über Highlights und einen Reinfall
Wenn Jürgen Weger durch Heiligenhaus läuft, braucht er Zeit. Nicht, weil er etwa langsam geht, sondern weil alle paar Meter ein weiteres Pläuschchen auf ihn wartet. Fast 25 Jahre lang war er die gute Seele des Kulturbüros, das Stadtfest wird nun seine letzte große Veranstaltung sein, die er organisiert. Ab dem 1. Juli ist der 64-Jährige offiziell im Ruhestand – und auch wenn noch vieles unsicher ist, was er in seiner Freizeit machen wird oder wie es im Kulturbüro ohne ihn weitergeht, sicher ist, dass er nach Reinhard Schneider eine weitere große Lücke in der Heiligenhauser Kultur hinterlassen wird.
Gemütlich schlendert Jürgen Weger über den Rathausplatz, vor dem Interview muss noch schnell ein Kippchen geraucht werden. Ein Gruß hier, ein Hallo dort, „Hey Jürgen“ heißt es auch beim Eintritt in die Kniffte. Das Duzen, das gehört bei Weger fast schon zum guten Ton, „so ist man direkt auf einer anderen Ebene“, findet er. Er strahlt, wie immer, und das übers ganze Gesicht. Ein warmer Drücker gehört auch dazu, genauso wie normalerweise ein guter Kaffee, „aus frisch gemahlenen Bohnen, gefiltert – und dazu selbst geschmierte Bütterchen“, so kannte man es aus all den gemeinsamen Jahren, wenn man sich traf, um über die Heiligenhauser Kultur oder einfach Gott und die Welt zu quatschen.
Heiligenhauser hat große Leidenschaft für die Kultur
Sein erster Arbeitstag im Kulturbüro liegt lange zurück, es war der 1. März 2000. Durch Zufall kam er zu dem Job, vorher war er tätig im Umweltschutz, hatte auch mal eine Kneipe in Langenfeld – „im Gespräch mit Reinhard Schneider erfuhr ich dann von der Stelle“, blickt Weger zurück. Weger liebt Musik, Konzerte, Kultur, hat ein breites Wissen und Verständnis. Gemeinsam mit Schneider und Kollegin Veronika Kautz hat er dann viele Jahre die heutige Kulturszene in Heiligenhaus geprägt, „ich habe vieles, nein, eigentlich alles von Reinhard gelernt und versucht, nachdem er in Pension ging, vieles genauso weiterzuführen.“
Menschlichkeit habe dabei immer einen großen Stellenwert gehabt, „auch größeren Künstlern kommt es nicht nur aufs Budget an“, weiß Weger. „Ich wollte immer, dass sie sich wohl fühlen und sagen: ,Ich komme gerne wieder nach Heiligenhaus’.“ Das hat er auch geschafft: Weger strahlt eine Wärme und Ruhe aus, die ankommt und viele namhafte Kunstschaffende noch heute nach Heiligenhaus bringt. Kaum eine Veranstaltung hat es gegeben, auf der sich die Künstler nicht bei dem Team des Kulturbüros und des Clubs bedankten. „Oftmals haben wir auch noch nach den Auftritten gemeinsam ein Bierchen an der Theke getrunken. Auf der Bühne machen alle ihr Programm, da sind sie Profis, aber abseits sind sie auch einfach nur Menschen“, blickt Weger auf mehr als 1000 Veranstaltungen zurück. „Dazu kommen noch die Stadtfeste und die Reisen zu den Partnerstädten.“
Alle Veranstaltungen waren Höhepunkte für den Heiligenhauser
Viel erlebt hat er also, gab es für ihn Höhepunkte? „Alle Veranstaltungen waren ein Highlight, denn jede Veranstaltung ist etwas Besonderes. Es war einfach alles geil, egal, ob zehn oder 600 Menschen im Publikum saßen“, bringt Weger es auf den Punkt. Um den Brei herum reden, das ist auch nichts für den gebürtigen Heiligenhauser – und so schätzen ihn die Besucherinnen und Besucher auch. Immer freundlich, immer offen für ein Gespräch: „Es ist ja nicht nur wichtig, dass die Künstler sich wohl fühlen und wiederkommen, sondern auch das Publikum“, macht Weger deutlich.
Ging denn in all den Jahren auch mal was daneben? „Kaum was“, erinnert er sich aber dann doch an einen wirklichen Reinfall. „Es war eine Coverband auf dem Stadtfest, viele Jahre her. Als sie begannen zu spielen, habe ich nur gedacht, die können ja wirklich gar nix“, berichtet Weger lachend. Was er dann gemacht habe? „Ich habe mein Handy ausgemacht und mich ins Thums in den Garten gesetzt.“
Pläne für den Ruhestand
Mit viel Herz und Leidenschaft hat er seinen Beruf ausgeübt, so richtig vorstellen kann er sich noch nicht, dass er bald nun nicht mehr arbeiten wird: „Es sind gemischte Gefühle, und dass ich so gar nichts tun werde, kann ich mir nicht vorstellen.“ Dennoch sei der Schritt, etwas früher als geplant in den Ruhestand zu gehen, ein ganz bewusster gewesen; der 1. Mai war zunächst geplant, nun wird er aber noch das Stadtfest Mitte Juni über die Bühne bringen und freut sich auch schon auf den Headliner Claymore. Was ihn dazu bewogen habe, das Berufsleben an den Nagel zu hängen? „Es gab einige Gründe, aber vor allem der Tod des Club-Tontechnikers Ingo Thus hat mir vor Augen geführt, wie endlich das Leben ist. Und ich will es noch genießen, so lange ich kann.“
Und da steht das Reisen ganz oben auf der Liste bei dem Griechenland-Fan. „Im nächsten Jahr plane ich, für ein halbes Jahr nach Kreta zu gehen, ich hoffe, dass das klappt.“ Davor wird er aber erstmal innerhalb Deutschlands reisen, nach Berlin und an die Ostsee unter anderem, Freunde besuchen. Davon hat Weger viele, die nun mehr Zeit mit ihm und für ihn haben. Fehlen wird er aber ebenso vielen Menschen, die sein Ausscheiden bedauernd zur Kenntnis nehmen. Und auch Kollegen aus der Partnerstadt Zwönitz haben Weger jüngst zu einem Abschiedsbesuch eingeladen, um gemeinsam auf viele Aktionen anzustoßen.
Nur noch als Gast bei Veranstaltungen
Einen großen Abschied plant Weger jedoch nicht, dazu ist er viel zu bescheiden – doch Danke möchte er dennoch sagen: „Die Künstler, aber auch die Besucherinnen und Besucher sind mir ans Herz gewachsen. Wir sind gemeinsam alt geworden – und es war eine schöne Zeit, an die ich gerne zurückdenken werde.“ Doch so ganz gehe er ja schließlich nicht – die ein oder andere Veranstaltung werde er sich sicher nicht entgehen lassen – aber dann aus dem Publikum heraus.