Heiligenhaus. Regelmäßig besuchen vier Heiligenhauser Tagesmütter und „ihre“ Kinder das Altenheim St. Josef. Jetzt gab es einen ganz besonderen Auftritt.
Die zierliche, alte Dame ist ganz aufgeregt, wild fuchtelt sie mit den Armen, versucht sich artikulieren. Dann platzt es mit dünner, gebrechlicher Stimme aus ihr heraus. „Der hat die Mütze nicht auf“, ruft sie fast ein wenig erzürnt und zeigt auf einen kleinen Jungen, der gemeinsam mit 14 anderen Kleinkindern und deren Tagesmüttern vor ihr im Kreis sitzt und „O Tannenbaum „ singt. Und ja: Der 18 Monate alte Mats hat tatsächlich seine rote Weihnachtsmütze vom Kopf genommen, die kleine Nebensächlichkeit verunsichert die schwer demente Bewohnerin des Caritas-Seniorenheims St. Josef zutiefst.
Mats´ Tagesmutter Anna Molitor weiß das, legt kurz ihre Gitarre aus der Hand und setzt ihm die Kopfbedeckung wieder auf. Gabi Hühne, Leiterin des sozialen Dienstes im Seniorenheim, streicht der alten Frau beruhigend über die Schulter. „Alles ist gut“, flüstert sie und lächelt. Währenddessen haben die Kinder schon mit dem nächsten Adventslied begonnen, „Stern über Betlehem.“
Viele Senioren kennen die Weihnachtslieder auswendig
Oh ja, das sei schön, schwärmt eine andere weißhaarige Frau und klatscht aufgeregt in ihre faltigen Hände. Und die 91-jährige Else Krus winkt dankend ab, als Gabi Hühne die Liederbücher mit den Texten an die Senioren verteilt. „Ich kenne doch alle Texte in- und auswendig“, erklärt sie augenzwinkernd und singt fröhlich mit, „Ich war doch früher auch Erzieherin.“
Viele Bewohner sind verwirrt oder dement
Die 16 Monate alte Cara beobachtet die alte Dame sehr genau, ihre großen Augen schauen interessiert, neugierig, ihr Mund steht halboffen. Zwillingsschwester Leni hat sich an Tagesmutter Clarissa Freudewald gekuschelt, das gibt dem kleinen Mädchen ein Gefühl von Sicherheit – so umringt von den vielen alten Menschen. Viele davon sitzen im Rollstuhl, nur wenige sind tatsächlich noch in der Lage zu interagieren, manche starren vor sich hin oder schauen verwirrt umher, eine Frau hat die Augen geschlossen. „Guck mal, die da schläft“, ruft Benedikt, der mit fast drei Jahren schon zu den Großen der Kleine gehört, dann reibt er sich die Augen, „Ich bin auch ganz müde.“ Während die ersten Gitarrenakkorde zu „Schneeglöckchen, Weißröckchen““ erklingen, fängt Nathan an, mit seinen Füßchen zu stampfen und Raphael macht es sofort nach. Dann kichern die beiden kleinen Jungs.
Leo spielt versunken mit seinen Bändchen an den blauen Winterstiefeln, Juna kaut auf ihren Fingern herum. Das mit dem Singen klappt noch nicht so ganz gut, dazu sind die meisten der Kinder noch zu klein, aber das ist auch nicht wichtig. Wichtig ist, dass die alten Menschen die Lieder wiedererkennen, Erinnerungen wach werden. „Ach was ist das schön“, schwärmt eine der weißhaarigen Damen und lächelt glückselig die Kinder an, die im Anschluss an ihr kleines Konzert noch Gebäcktütchen verteilen.
Zum Ende gibt es noch Weihnachtsplätzchen für die alten Leute
„Da“ sagt Marlene und legt einer augenscheinlich sehr alten Frau das kleine Geschenk auf den Schoß. Die lächelt, beugt sich ein wenig zu dem Mädchen hinunter, versucht die kleine Hand zu greifen. „Diese Bewohnerin ist normalerweise wie erstarrt und zeigt nie irgendwelche Reaktionen“, berichtet Gabi Hühne, die die Situation genau beobachtet- „Aber sobald die Kinder hierher kommen, ändert sich das. Ist das nicht schön?“