Hattingen. Gemeinden verlieren Mitglieder, Kirchen werden geschlossen: In Hattingen gibt es deshalb jetzt die 2-in-1-Kirche. Eine Herausforderung im Alltag.
Das neue ökumenische Zentrum in Winz-Baak ist offiziell gestartet. Mit der Außerdienststellung der katholischen Kirche Heilig Geist, hat die Gemeinde nun eine neue Heimat - in der evangelischen Kirche an der Schützstraße. Doch wie funktioniert das Zusammenleben der Konfessionen in der Praxis? Gibt es jetzt kein katholisch und evangelisch mehr?
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Die Gemeinden in Winz-Baak sind zusammengerückt. Notgedrungen, aus katholischer Sicht. Denn weil die Pfarrei sparen muss, landeten die Kirche und das Gemeindehaus in Winz-Baak auf der Streichliste. „Wir haben die Sorgen einzelner Gemeindemitglieder gehört, schon als sich dieser Schritt ankündigte“, sagt der evangelische Pfarrer im Ruhestand, Bodo Steinhauer. Deshalb habe die evangelische Gemeinde schon vor Jahren den Weg geebnet, ihre Türen zu öffnen.
Dennoch ist das nun entstandene ökumenische Zentrum nicht Ökumene pur. Vielmehr teilen sich die Gemeinden die Räumlichkeiten - vor allem auch bei den Gottesdiensten. Allein, wenn der Monat einen fünften Sonntag hat, wird es einen ökumenischen Gottesdienst geben. Sonst ist der erste Sonntag im Monat der Heiligen Messe der Katholiken vorbehalten, der dritte Sonntag einer katholisch geprägten Wort-Gottes-Feier. Der zweite und vierte Sonntag gehören den Evangelen mit Abendmahl-Gottesdienst und Predigt-Gottesdienst. Natürlich stehen die Gottesdienste jederzeit jedem offen.
„Fühlt euch gefälligst hier zu Hause!“
Dass die katholischen Gläubigen den Schritt an die Schützstraße mitgehen, war nicht klar und selbstverständlich. „Es war nicht abschätzbar, wer mitkommt und wer dann doch lieber eine andere katholische Kirche besucht“, erinnert sich Pastor Marius Schmitz. Denn eines ist den Gemeindemitgliedern wichtig, betont er: „Die Gemeinschaft Heilig Geist will ihre Identität als katholische Gemeinschaft bewahren.“ Entsprechend bleibe der Name bestehen und das Gefühl, Katholik zu sein. „Man spürt eine große Freude, ökumenisch gemeinsam etwas zu starten, ohne die katholische Identität aufzugeben“, unterstreicht der Pastor.
Das Ergebnis ist die Aufteilung. „Die Abstimmung war eine große Fleißarbeit“, gibt Steinhauer zu und lobt das „tolle Miteinander“. Schon in seiner Rede zum Einzug der katholischen Gläubigen hatte er unterstrichen, sie seien nun keine Gäste mehr: „Also fühlt euch gefälligst hier zu Hause!“
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Um das zu unterstreichen, ermöglichte die evangelische Gemeinde auch, dass in ihrer Kirche eine Maria aufgestellt wird - eine zentrale Figur der katholischen Heiligenverehrung. „Dafür sind wir sehr dankbar. Das wäre nicht überall möglich gewesen“, freut sich Marius Schmitz. „Es ist bemerkenswert, wie offen die evangelische Gemeinde war.“
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Bodo Steinhauer sagt dazu: „Man kann nicht katholische Menschen aufnehmen wollen, aber Maria ausschließen.“ Entsprechend stünde die Figur jetzt nicht an einem super zentralen Platz in der Kirche, sei aber gut erreichbar. Auch ein Tabernakel, der in das neue Zuhause passt, war extra angefertigt worden.
Erstkommunion ausgelagert
Die Erstkommunion wird auch künftig nicht in Winz-Baak gefeiert. Das hat aber nichts mit der aktuellen Kirchenschließung zu tun. Bereits seit Jahren gibt es für diese Feiern zentrale Gemeindestandorte, in denen verschiedene Gemeinden zusammengefasst sind.
Für Winz-Baak ist das die Kirche St. Peter und Paul an der Bahnhofstraße, wo auch Erstkommunionen von Menschen aus Hattingen-Mitte, von Bredenscheidern und eben Winz-Baakern gefeiert werden.
Wer im neuen christlichen Zentrum in Winz-Baak katholisch heiraten will, der hat allerdings noch eine Hürde zu nehmen. Denn dafür braucht es die Zustimmung des Bischofs. Gleiches gelte für Taufen. „Das ist noch nicht geregelt“, gibt Schmitz zu. „Ich fände es aber sinnvoll und wünschenswert, wenn es kommen würde“, sagt er und zeigt sich optimistisch, dass Bischof Franz Josef Overbeck seine Erlaubnis geben würde. Allerdings sei die Zahl der Trauungen auch in der alten Kirche Heilig Geist sehr gering gewesen. „Ich bin seit dreieinhalb Jahren hier und hatte nur eine Trauung“, fasst der Pastor zusammen.
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Wie die Ökumene an der Schützstraße nun weiter ausgestaltet wird, ist noch völlig offen. „Gruppen beschnuppern sich, aber es gibt keinen Plan, was diese Ökumene sein soll. Es soll sich entwickeln“, betont Schmitz.