Hattingen. Viele hatten vor der Katastrophe gewarnt: Jetzt ist eine riesige Buche in Hattingen auf einen Fußweg gestürzt. Und Anwohner sind weiter besorgt.
„Ich kann jetzt einen zweiten Geburtstag feiern“, sagt Jennifer Gänsch aus Hattingen. Sie wird sich wohl ein Leben lang an den Wintereinbruch am 9. Januar 2025 erinnern, denn sie entgeht nur knapp einer Katastrophe, als in Bredenscheid plötzlich eine riesige Buche auf einen Fußweg kracht. Und sie ist nicht die Einzige, die nur durch Zufall unverletzt bleibt. Jetzt haben die Nachbarn Angst, denn seit Jahren warnen sie vor unsicheren Bäumen - auch vor dem, der jetzt umgestürzt ist.
Nicht auszudenken, was an diesem Morgen hätte passieren können: Es ist der direkte Weg zur Grundschule im kleinen Bredenscheid. Eine Treppe führt von der Straße im Lichtenbruch zum Schulhof. Viele Kinder gehen diesen Weg täglich. So auch jetzt. Zum Glück sind sie längst in der Schule als es gegen 8.45 Uhr passiert.
„Wäre er gerade gefallen, würden wir jetzt nicht telefonieren.““
„Ich ging die Treppen runter und hörte ein leises Knacken“, erinnert sich Jennifer Gänsch. Sie habe wahrgenommen, dass das Geräusch von unten kam. Also folgt sie nicht ihrer Freundin, die gerade die Stelle passiert hat, sondern dreht sofort um. Das ist ihr Glück. Denn Sekunden später kracht der meterhohe Baum auf den Weg, streift ein Haus und zertrümmert ein dort geparktes Auto.
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Das gehört Kai Osterland und auch der hat Glück im Unglück. „Es war genau die Zeit, zu der ich normalerweise zur Arbeit losfahre“, sagt er. Nur, weil er einen späteren Termin hat, sitzt er nicht im Auto als der Baum einschlägt. Weil der schräg kippt, streift er auch das Haus nur. „Wäre er gerade gefallen, würden wir jetzt nicht telefonieren“, ist Kai Osterland sicher. „Ich war im Bad und plötzlich hat das ganze Haus gezittert.“ Auch das Auto seines Sohnes wird getroffen.
Dass der Baum eines Tages fällt, war ihm und vielen Anwohnern seit langem klar. „Bei jedem Sturm stand ich da und habe gehofft, dass er hält“, sagt Osterland. Denn bereits vor einigen Jahren war ein großer Ast herabgestürzt. Immer wieder waren Knarzgeräusche zu hören.
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Wiederholt hatten Anwohner deshalb die Stadt auf die Gefahr hingewiesen, die von dem Baum am Schulweg ausgeht. „Er wurde auch kontrolliert, aber offenbar kam der Kontrolleur zu einer Fehleinschätzung“, sagt Kai Osterland nüchtern.
Anwohner warnen vor weiteren Bäumen
Und es ist nicht der einzige Baum, der den Anwohnern Im Lichtenbruch Sorge macht. Eine von ihnen, die etwa 100 Meter entfernt von dem nun umgestürzten Baum wohnt und den lauten Knall hört, berichtet von einem „riesigen Ast“ einer Eiche, der 2020 auf die Zaunumrandung einer Terrasse kracht. Auch hier ist es Glück im Unglück, denn niemand wird verletzt. Doch auch dieser Baum neige sich seit Jahren gefährlich über Fußweg und Straße. „Noch steht er, aber er neigt sich zusehends“, sagt sie.
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Von der Versicherung habe sie nach dem Abbruch des Astes die Aussage bekommen, das sei „ein normales Lebensrisiko“. „Es ist klar, dass nicht jeder Baum kontrolliert werden kann, aber bei dem ist es offensichtlich“, warnt die Anwohnerin und fragt: „Kann man solche Bäume nicht einkürzen?“
Sie sorgt sich vor allem um Passanten, denn neben Schulkindern nutzten auch Jugendgruppen und Seniorengruppen aus Haus Friede den Weg häufig. Zudem gebe es auf dem Weg zum Spielplatz am Rebhuhnweg weitere wackelig anmutende Bäume.
Kontrolle des Baumes im Vorfeld
Die Stadt Hattingen erklärt, ein Baumkontrolleur begutachte regelmäßig den städtischen Baumbestand und reagiert auf Meldungen von Bürgern - so auch in Bredenscheid. „Es wird geschaut, ob ein Baum Totholzbestand aufweist, ob ein Baumpilz gegeben ist oder ob andere äußere Erscheinungsmerkmale vorliegen, die auf eine Gefährdung der Sicherheit hinweisen. Sobald diese gegeben sind, reagieren wir natürlich sofort. Das war in diesem Fall zum Zeitpunkt der Kontrolle aber nicht gegeben“, erklärt Stadtsprecherin Jessica Krystek und führt aus: „Der leichte Schrägstand, den der Baum hatte, war schon seit über 20 Jahren vorhanden. Deswegen ist ein Baum aber trotzdem verkehrssicher.“
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Augenscheinlich eine Fehleinschätzung. Denn nach dem Sturz wird klar: Der Baum litt an einer Wurzelfäule. Die aber sei von außen nicht erkennbar gewesen, so die Stadtsprecherin, denn es gebe keine eindeutigen Merkmale, die darauf hinweisen.
Hattingen kündigt Sonderprüfung an
„Wenn die Bäume so geprüft werden, fragt man sich, wann der nächste fällt“, sorgt sich Jennifer Gänsch, die knapp einem Unglück entkam. Die Stadt will die Sorge und die neuen Erkenntnisse ernst nehmen und erklärt: „Wir werden in der kommenden Woche eine Sonderkontrolle im Lichtenbruch durchführen und uns alle umliegenden Bäume nochmal genauer anschauen. Hier schauen wir uns nach dem Sturm- und Wintereinbruch verstärkt die Wurzelteller an und ob Risse im Bodenbereich zu erkennen sind.“