Hattingen. Dörthe Krause und Miguel Rodriguez aus Hattingen haben drei Kinder, Sternenkind Lola kam tot zur Welt. Von Erinnerungen - und vom Weiterleben.

Dieses Weihnachten ist ihr erstes zu viert. Dörthe Krause (38) und Miguel Rodriguez (40) sind im September erneut Eltern geworden - zum dritten Mal in ihrem Leben. Doch während Eric (3) und Edda (drei Monate) beide gesund und munter auf die Welt kommen, wird ihre Tochter Lola am 9. Februar 2020 tot geboren. Das kleine Mädchen, auf das sie sich so sehr gefreut haben, stirbt wenige Wochen vor der errechneten Geburt im Mutterleib. Aus bis heute unerklärlichen Gründen. Ein Verlust, der sie das Leben noch mehr schätzen gelehrt hat.

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Ziemlich trubelig geht es im Leben von Dörthe Krause und Miguel Rodriguez dabei aktuell zu, an Besinnlichkeit rund ums Fest ist kaum zu denken. Dafür fordern ihre Kinder Eric und Edda einfach zu viel Aufmerksamkeit von ihnen. Ihr Sohn, der dem Besuch vorhin aufmerksam die Tür geöffnet hat, tollt nun aufgedreht durchs gemütlich eingerichtete Wohnzimmer ihres Hauses in Winz-Baak. Und ihre Tochter, gerade noch friedlich schlafend in Mamas Armen, schreit. Und Dörthe Krause und Miguel Rodriguez? Sehen einander glücklich an.

„Wir haben das große Glück, dass wir nach Lola noch zwei Kinder bekommen haben.“

Dörthe Krause und Miguel Rodriguez 

„Wir haben das große Glück, dass wir nach Lola noch zwei Kinder bekommen haben“, sagen sie. „Und dass wir trotz des Schmerzes über Lolas Verlust irgendwann zu dem Punkt gekommen sind, an dem wir zu uns und zueinander haben sagen können: Das Leben ist zu wertvoll, um es wegzuschmeißen.“

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Eric, der sich zwischenzeitlich ganz allein mit einem Tiptoi-Buch beschäftigt hat, will nun wieder Action. Der Dreijährige zupft erst seinem Vater, dann seiner Mutter am Arm, beiden drückt er ein Stofftier in die Hand. Dann gibt‘s ein Wettrennen von der Couch in die Küche.

In Lolas Sarg liegt eine Stoffrobbe: „Damit sie stets begleitet ist.“

Dörthe Krause - Edda auf dem Arm - flitzt ihrem Sohn und ihrem Mann hinterher. In der linken Hand hält sie liebevoll die Stoffrobbe, die Eric ihr gegeben hat, ganz spontan. Und dieses Stofftier lässt bei Dörthe Krause wieder Erinnerungen aufkommen an ihr Sternenkind. Eine ähnliche Stoffrobbe nämlich, wie sie die 38-Jährige gerade in der Hand hält, liegt in Lolas Sarg. „Damit sie stets begleitet ist.“

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Lolas Ruhestätte auf dem ökumenischen Gedenkfeld für fehl- und totgeborene Kinder des evangelischen Friedhofes an der Bredenscheider Straße besuchen Dörthe Krause und Miguel Rodriguez dabei nur selten - an ihrem Geburtstag. Und an Allerheiligen. „Wir haben ein Stück weit losgelassen - und konnten das auch“, sagt er. Und sie fügt hinzu: „Die Erinnerung an Lola ist aber natürlich nach wie vor da.“

Gespräch mit Dörthe Krause und ihrem Partner Miguel Rodriguez
Eine Engelsfigur steht im Garten von Dörthe Krause und ihrem Partner Miguel Rodriguez in Hattingen. Er ist eine Erinnerung an ihr Sternenkind Lola. Inzwischen haben die Eheleute zwei weitere Kinder bekommen. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Immer wieder kommt Erinnerung an still geborene Tochter unvermittelt

An Lola erinnern sich die Eheleute dabei immer wieder. Wenn sie den kleinen weißen Engel im Garten mit dem Spruch: „Wir vermissen Dich“ ansehen, den sie vom Gedenkfeld nach Hause mitgenommen haben, nachdem auf dem Friedhof Gräber verwüstet worden waren. Wenn sie auf die zwei Kerzen auf dem Esstisch schauen. „Lola“ steht auf der einen, „Die Liebe hört niemals auf“ auf der anderen. Und immer wieder auch kommt die Erinnerung an ihre still geborene Tochter ganz unvermittelt. „Die Gedanken an Lola“, sagt Dörthe Krause, „sind aber nicht mehr mit Schmerz verbunden. Lolas Tod tut nicht mehr so weh.“

Gespräch mit Dörthe Krause und ihrem Partner Miguel Rodriguez
Eine Kerze mit der Aufschrift „Lola“ auf dem Esstisch erinnert Dörthe Krause und Partner Miguel Rodriguez an ihre am 9. Februar 2020 tot geborene Tochter. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Anfangs, sagen sie und ihr Mann, hätten sie sie dabei durchaus gefragt, ob das überhaupt okay sei, ob sie sich nicht schuldig fühlen müssten. Weil sie nicht wie andere Sternenkind-Eltern Familie und Freunde am Geburtstag ihrer toten Tochter einladen würden zur: Geburtstags-Gedenkfeier? Weil sie sich ohne Wenn und Aber erfreuen können an Eric und Edda statt zugleich tieftraurig zu sein wegen ihres Sternenkindes. „Ich habe sogar mal Pfarrer Bodo Steinhauer gefragt, ob wir nach Lola noch glücklich sein dürfen“, erzählt Miguel Rodriguez. „Er hat Ja gesagt.“

Sie planen, mit den beiden Kindern einige Zeit mit einem Wohnwagen umherzureisen

Das Leben nach Lola, es geht auch in der Familie Krause-Rodriguez weiter. Eric, inzwischen im Kindergarten, sei „sehr technikinteressiert“, erzählt Dörthe Krause. „Er deckt aber auch gern den Tisch und hilft sogar schon beim Kochen mit.“ Und Edda ist seit der Geburt schon mächtig gewachsen, Anfang des Jahres wollen ihre Eltern sie taufen lassen. Und ehe Dörthe Krause im März wieder ihre Arbeit als Managerin in einem Unternehmen in Neuss aufnehmen wird, wollen sie und ihr Mann mit den beiden Kindern einige Zeit mit einem Wohnwagen umherreisen. Miguel Rodriguez, auch er ein Manager, nimmt dafür seine Elternzeit.

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„Es ist alles ganz anders gekommen als je zuvor gedacht. Aber wir haben es gut hinbekommen, mit unserem Schicksal umzugehen und sind sehr glücklich mit unserem Leben, so wie es jetzt ist“, sagen Dörthe Krause und Miguel Rodriguez. Mit Eric und Edda im Hier und Jetzt. Und mit Lola in ihren Herzen.

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