Hattingen. Einige Wochen lebt eine Hattingerin mit einer Dating-Bekanntschaft zusammen. Als ihre Beziehung endet, wird es heftig. Ein Fall fürs Gericht.

Auf einer Dating-Plattform lernt die Hattingerin (48) im Sommer 2023 einen Mann (45) kennen. Man versteht sich, er zieht in ihre Wohnung ein. Doch schon nach wenigen Wochen wird die Beziehung schwierig. Als sie endet, reagiert der 45-Jährige vollends über. Und stand deshalb nun vor Gericht.

Beleidigung und wiederholte Verstöße gegen das Gewaltschutzgesetz werden dem Angeklagten vorgeworfen. Bereits am Tag der Beerdigung ihrer Tante, erzählt die Hattingerin am Rande des Prozesses, habe er sie massiv bedroht - verbal. Umgehend habe sie sich dann von ihm getrennt.

Bis zu 80-mal am Tag rief Angeklagter bei Hattingerin an

Doch der 45-Jährige habe nicht locker gelassen, sie vielmehr weiterhin schwerst belästigt. Ihr permanent WhatsApp-Nachrichten und Mails geschickt. „Und bis zu 80-mal am Tag“, schildert die Hattingerin, „hat er mich nach der Trennung auch angerufen.“ In denen habe er versucht, sie einzuschüchtern, ihr gedroht, auch Beleidigungen seien gefallen. An eine, am Abend des 11. Dezember vergangenen Jahres gegen 22 Uhr, kann sie sich dabei noch ganz genau erinnern: „selbstverliebte Fotze“.

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Sie wendet sich schließlich an das Gericht, dieses erlässt Anfang des Jahres dann eine Verfügung nach dem Gewaltschutzgesetz und spricht gegen den 45-Jährigen ein Annäherungsverbot aus: im Bereich vor ihrer Wohnung, am Arbeitsplatz und in den Gastronomien in der Hattinger Innenstadt, in denen die 48-Jährige jobbt, darf er sich dieser nicht mehr als bis auf 20 Meter nähern. Und auch eine Kontaktaufnahme per Telefon, E-Mails, etc. wird ihm untersagt.

Mehrfach gegen das Antigewaltschutzgesetz verstoßen

Doch der 45-Jährige hält sich nicht an diese Anordnung. Mehrfach, so legt es ihm die Anklage zur Last, verstößt er gegen das Antigewaltschutzgesetz, schreibt die Ex-Partnerin weiterhin an. Einmal sieht sie ihn auch in einer Hattinger Gastronomie, in der sie an jenem Abend arbeitet. „Ich konnte nicht glauben, dass er sich das tatsächlich getraut hat“, sagt die 48-Jährige im Zeugenstand.

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„Offensichtlich wissen Sie überhaupt nicht, wann Schluss ist“, wendet sich die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer direkt an den Angeklagten. Die diesem zur Last gelegten Taten sieht sie dabei durch die Beweisaufnahme (und das Teilgeständnis des Angeklagten) als erwiesen an, fordert für den mehrfach Vorbestraften eine fünfmonatige Freiheitsstrafe.

Das Gewaltschutzgesetz

Das Gewaltschutzgesetz (Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen) ermöglicht den Familiengerichten, gegen gewalttätige oder gewaltbereite Mitbewohner eine zeitlich befristete (verlängerbare) Ausweisung aus der Wohnung im Eilverfahren zu verhängen.

Die Maßnahme ist sowohl in Bezug auf Eheleute als auch andere Wohngemeinschaften und Lebenspartnerschaften möglich.

Das Gesetz enthält aber auch die Möglichkeit, die Unterlassung von Belästigungen und Nachstellungen über Fernkommunikation (Brief- und Telefonterror, sogenanntes „Stalking“) anzuordnen.

Die gerichtlichen Anordnungen sind strafrechtlich relevant. Bei Zuwiderhandlung droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe.

„Die Trennung nicht verwunden“ habe der Angeklagte, sagt unterdessen Richter Johannes Kimmeskamp. „Im Stile eines Stalkers“ habe er vielmehr versucht, auf die Zeugin (seine Ex-Partnerin, Anm. d. Red.) einzuwirken und dieser immer wieder Mails geschrieben, auch nachdem ihm dieses durch das Antigewaltschutzgesetz verboten war. Dies seien „Machtspiele“, so Kimmeskamp. Und zum Angeklagten sagt er warnend: „Sie können offensichtlich nicht loslassen.“ Äußerlich regungslos nimmt der Angeklagte diese Ausführungen hin.

Geldstrafen schon bei früheren Vergehen „keine Wirkung gezeigt“

Eine Geldstrafe - wie sie der Verteidiger des 45-Jährigen gefordert hatte - sehe er für den Angeklagten nicht mehr als Option, fährt der Richter fort. Solche hätten schon bei seinen früheren Vergehen „keine Wirkung gezeigt“. Kimmeskamp schließt sich vielmehr der Staatsanwältin an, die fünfmonatige Freiheitsstrafe setzt er dabei zwei Jahre zur Bewährung aus.

Auch auf diesen Urteilsspruch bleibt eine sichtbare Reaktion des 45-Jährigen aus.

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